Das Buch aus Blut und Schatten
sicher, auf wen ich eifersüchtig war.
»Vielleicht ist ihr das leichter gefallen. Ich war da, in der Nachtâ¦Â«
Die Nacht war das, was die beiden immer miteinander gemein haben würden, die Sache, zu der ich nie dazugehören würde â abgesehen davon, dass ich in jener Nacht auch da gewesen war.
Aber ich war allein da gewesen.
»Hat sie sich wieder beruhigt?«, wollte ich wissen.
Er nickte. »Ich glaube, sie musste einfach mal über Chris reden. Seinen Namen hören. Dann hat sie sich wieder beruhigt â bis wir zurückkamen und du nicht da warst.« Die Wut kehrte in seine Stimme zurück. Offenbar war unser vorläufiger Waffenstillstand jetzt vorbei. »Sie ist wieder völlig ausgeflippt. Vielleicht ist das alles zu viel für sie â und für dich auch. Vielleicht habe ich mich geirrt und ihr solltet beide wieder nach Hause gehen.«
»Adriane ist erwachsen«, wandte ich ein. »Und ich auch. Wir können selbst entscheiden. Wir bleiben.«
»Jemand ist uns gefolgt«, sagte er mit ausdrucksloser Stimme. »Adriane hat ihn nicht gesehen und ich wollte nicht, dass sie Angst bekommt. Aber es war einer von ihnen, einer dieser Hleda Ä i â ich habe ihn wiedererkannt. Und ich glaube, dieses Mal habe ich auch ein Messer gesehen.«
Jeder Muskel in meinem Körper verkrampfte sich. Ich wollte Max berühren, wollte mich vergewissern, dass er unversehrt war. Ich konnte nicht. Doch er sah mein Gesicht und verstand.
»Es ist nichts passiert. Wirklich. Und ich konnte ihn abhängen. Aber als wir zurückkamen und du nicht da warst, da dachte ichâ¦Â«
Ich schlang die Arme um ihn. Seine Haut war ganz kalt. Ich fragte mich, wie lange er schon hier drauÃen stand und darauf wartete, dass ich wiederkam. Angst hatte, dass ich nie mehr wiederkam.
»Es tut mir so leid.« Ich hielt ihn fest. »Ich weiÃâ¦Â« Wie es sich anfühlt zu warten. Sich Gedanken zu machen. »Es tut mir leid. Ich hätte dir eine Nachricht schreiben sollen.«
»Du hättest überhaupt nicht gehen sollen. Du hättest hierbleiben sollen, hier, wo es sicher ist.«
Ich wusste nicht, wer zuerst losgelassen hatte, aber plötzlich war wieder Abstand zwischen uns. »Aber ich bin nicht hiergeblieben. Und das hat vielleicht etwas Gutes, dennâ¦Â« â ich zog Elizabeths Brief und den Lederbeutel aus der Tasche; sie gehörten mir nicht allein â »â¦ich muss dir was zeigen.«
30 E.J. Weston grüÃt ihren törichten Bruder.
Die Juden trinken das Blut kleiner Kinder. Das hat uns jedenfalls unsere Mutter erzählt, wenn wir den Toren zu nahe kamen und die Männer anstarrten, die in seltsamen Sprachen redeten, sich in seltsame Gewänder hüllten und nach unserem Herzblut trachteten, das in einem Kessel erhitzt werden sollte, zusammen mit den übel riechenden Suppen und Eintöpfen, die sie für ihre seltsamen Festtage zubereiten. Unser Vater versprach uns, dass wir nichts zu befürchten hatten von diesen Männern, die einen Gott anbeteten, der unser Gott war, aber dann doch wieder nicht. Unsere Cousins, nannte er sie, und wir gaben vor, das zu glauben.
Nachdem er Elizabeths neuesten Schatz in der Hand hatte, war Max schon eher bereit, unser kleines Mitternachtsabenteuer zu verzeihen. Er band ein Stück Kordel um den kleinen Lederbeutel und hängte ihn sich um den Hals.
Ich behielt den Brief.
Für die Ãbersetzung brauchte ich nicht mehr so lange wie beim letzten Brief. Elizabeths Sprache wurde allmählich zu meiner eigenen, ihre seltsamen Satzkonstruktionen und die ungewöhnliche Wortwahl kamen mir mit jeder Seite, die ich in meinen inzwischen schon ziemlich abgenutzten Notizblock übertrug, vertrauter vor. Aber erst um die Mittagszeit des nächsten Tages war ich so weit, dass ich die Ergebnisse den anderen zeigen konnte.
Unsere Mutter erzählte uns vom Golem, jener seelenlosen Kreatur der Nacht, die durch das Viertel streifte und die finsteren Anordnungen seines Herrn und Meisters ausführte, und dieses Mal glaubten wir ihr. Aus dem weichen Schlamm der Moldau formten wir unsere eigenen kleinen Männer und trugen ihnen auf, den Weg der Zerstörung zu gehen. Geschichten, um ein Kind verängstigt in den Schlaf zu schicken, und doch, als Groot mich hinter die Mauern schickte, um den Golem zu suchen, glaubte ich, dass ich ihn finden würde. Oder er mich.
Ich vertraute Thomas an,
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