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Das Buch aus Blut und Schatten

Das Buch aus Blut und Schatten

Titel: Das Buch aus Blut und Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Wasserman
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Fenster – eines der wenigen, die man tatsächlich öffnen konnte, da die meisten aus Bleiglas und versiegelt waren, was an einem sonnigen Tag zwar für einen flimmernden Regenbogen sorgte, aber alles andere als angenehm war, wenn die uralten, scheppernden Heizkörper verrückt spielten und den Raum in einen Glutofen verwandelten. Die kalte Luft war mir sehr willkommen. Nach so langer Zeit kam es mir fast schon normal vor, in einer Kirche zu arbeiten, was vielleicht daran lag, dass der Hoff das Sakrale so erfolgreich mit dem Profanen vermischt hatte. Auf dem leeren Altar stapelten sich große Kartons und vor einigen der Buntglasfenster standen mit Büchern vollgestopfte Leiterregale, die den Blick auf bekannte Szenen veränderten. Goliath stand ohne David da, Daniel kam nie bis in die Höhle des Löwen. Der Kopf Johannes des Täufers lag immer noch auf dem Tablett, doch Salomes Stolz auf ihre Trophäe wurde durch ein Regal mit einem mehrbändigen Werk über die Geschichte des Mittelalters und der Renaissance verdeckt.
    Max setzte sich wieder hin und rückte seinen sowieso schon sehr ordentlichen Stapel Übersetzungen zurecht.
    Â»Habt ihr etwas gefunden?«, fragte ich. »Du weißt schon, bei der ›richtigen‹ Arbeit?«
    Â»Es ist alles richtige Arbeit.«
    Â»Ja, klar.«
    Â»Nein, wir haben nichts gefunden, falls es dir dann besser geht«, erwiderte er. »Kelley redet ständig über Das Buch, aber er macht immer nur Andeutungen. Der Hoff ist fest davon überzeugt, dass wir auf der richtigen Spur sind. Er glaubt, dass Kelley uns zu den fehlenden Seiten führen wird. Du weißt, dass zwölf Seiten aus Dem Buch fehlen, oder?«
    Â»Ich erinnere mich dunkel, dass er das etwa tausend Mal erwähnt hat.«
    Max lächelte. Ich mochte, wie sich seine Augenbrauen zusammen mit den Lippen nach oben schoben. »Und wir finden ständig Hinweise auf etwas, das Lumen Dei genannt wird. Hat Elizabeth so etwas schon mal erwähnt?«
    Ich schüttelte den Kopf, obwohl mir der Begriff irgendwie vertraut vorkam. »Lumen Dei. Das Licht Gottes?«, fragte ich. »Was ist das?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Das kann alles Mögliche sein. Kelley war ein merkwürdiger Typ. Glaubte, dass er Tote auferwecken und Menschen in Tiere verwandeln kann. Alchemie. Schwarze Magie. Cooles Zeug.«
    Er erzählte mir noch mehr – dass Kelley jahrzehntelang in Europa umhergezogen war und Leute dazu gebracht hatte, ihn für einen Magier zu halten, dass er sich mit dem weitaus seriöseren Gelehrten John Dee zusammengetan und den Mann anscheinend in den Wahnsinn getrieben hatte, dass man ihm für irgendeine längst vergessene Verfehlung angeblich die Ohren abgeschnitten hatte, dass einige glaubten, er sei nur deshalb in den Kerker geworfen worden, weil der Kaiser den Stein der Weisen von seinem Hofalchemisten haben wollte, und von diesem mit dem Tod bestraft worden, als er sich einmal zu oft geweigert hatte. Dann schlug Max einen Bogen zu dem exzentrischen Kaiser und seinem Zirkel aus Künstlern, Philosophen und Mystikern, den er an seinem Hof versammelt hatte, brach aber irgendwann mit hochrotem Kopf ab, vielleicht, weil ihm plötzlich aufgefallen war, dass er gute zehn Minuten lang ununterbrochen geredet hatte. »Tut mir leid.«
    Â»Nein, das ist interessant.« Ich fand es irgendwie beruhigend, ihm zuzuhören. Es erinnerte mich an früher, als mich mein Vater anstatt mit Gutenachtgeschichten mit Lektionen über römische Aquädukte in den Schlaf gewiegt hatte.
    Sein Schulterzucken wirkte eher wie ein Schaudern. »Das bezweifle ich doch sehr.«
    Â»Wirklich. Ich schwöre. Erheblich interessanter als Grundpfandrechte und Heiratsanträge.« Ich stellte fest, dass ich mich schon wieder darüber aufregte, so einen typischen Mädchen-Job bekommen zu haben.
    Â»Alles ist wichtig«, beharrte er.
    Â»Dass ich auf die Highschool gehe, bedeutet doch nicht, dass ich ein Idiot bin.«
    Â»Okay, vielleicht ist gar nichts davon wichtig«, räumte Max ein. »Ich hab mal ein bisschen rumgefragt und die meisten halten den Hoff für einen Spinner. Hast du gewusst, dass er früher mal die Koryphäe für die posthussitische Epoche und den frühen tschechischen Protestantismus war?«
    Ich wollte nicht zugegeben, dass ich keine Ahnung hatte, wovon er da redete. »Echt? Hm.«
    Â»Kurz nachdem er hier

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