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Das Buch aus Blut und Schatten

Das Buch aus Blut und Schatten

Titel: Das Buch aus Blut und Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Wasserman
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Willen nicht beugen. Nicht, wenn mir ein so großes Opfer abverlangt wird.
    Es war wieder das Übersetzungsproblem, oder vielleicht auch das Gegenteil, denn wir benutzten alle das gleiche Wort, jeder benutzte es, egal, in welcher Sprache, amour, amo, amore, Liebe, love, doch es war unmöglich zu glauben, dass das, was sie für Thomas empfunden hatte, auch nur im Entferntesten etwas mit dem zu tun hatte, was zwischen Max und mir war. Wie konnte das möglich sein, angesichts der Jahrhunderte, die uns trennten – und nicht nur Jahrhunderte, sondern auch Autos, Computer, Filme, Mobiltelefone, geschützter Sex, Oprah, Feminismus, gleichgeschlechtliche Ehe, Kondome, freie Liebe, sexuelle und andere Revolutionen? Wie konnte Liebe überhaupt eine Bedeutung haben, wenn es in all den Jahrhunderten das Gleiche bedeutete? Elizabeths Lobgesang auf die Liebe schrieb sie zwei Jahre nach der Erstveröffentlichung von Romeo und Julia, das einen halben Kontinent entfernt geschrieben worden war. Hinsichtlich der tragischen und sinnlosen Selbstmorde in einer der angeblich besten Liebesgeschichten der Weltliteratur mochte man ja geteilter Meinung sein, doch was konnte Liebe vor Romeo und Julia bedeutet haben? Von Stolz und Vorurteil und Vom Winde verweht ganz zu schweigen? Ich hasste Liebesromane, Liebeskomödien und bescheuerte Liebeslieder aus tiefster Seele, doch ich war nicht dumm genug zu glauben, dass ich so etwas einfach ignorieren konnte. Wie alle anderen auch glaubte ich an Happy Ends, weil Jane Austen, der Traumprinz und Hugh Grant mir versprochen hatten, dass es sie gab.
    Aber vielleicht herrschte diese eine Illusion ja überall.
    E. J. Weston grüßt ihren liebsten Bruder John Fr. Weston.
    Aristoteles lehrt uns, dass die Natur nichts Leeres zulässt. Doch damit meinte er nicht die Leere, die entsteht, wenn die Liebe fehlt. Nichts wird das Loch füllen, das Thomas hinterlassen hat, nicht Luft, nicht Äther, nicht Gott.
    Du hast mich vor dem gewarnt, was da kommen würde, wenn ich ihm mein Herz schenke. Eine Warnung, die ich missachtet habe, denn ich bin eine Närrin.
    Jetzt ist nichts mehr da, nichts außer der Maschine, was zweifelsohne bestätigt, dass es keine Gerechtigkeit mehr gibt in dieser Welt. Es schmerzt mich, das zu sagen, doch ich bin versucht zu glauben, dass auch Gott uns verlassen hat. Ganz gewiss hat er mich verlassen und damit vielleicht der Gerechtigkeit Genüge getan.
    Ich –
    Mir scheint, auch meine Worte haben mich verlassen.
    Leb wohl.
    Prag, 23. März 1599
    Thomas hatte sie also verlassen. Sie hatte ihm ihr Herz geschenkt und offenbar hatte er es als Abschiedsgeschenk mitgenommen. Er hatte sie verlassen, wie ihr Vater, wie ihr Gott, wie ihre Hoffnung. Und sie gab sich selbst die Schuld daran.
    Neben mir blätterte Max durch das Wörterbuch, die Augen vor lauter Konzentration zusammengekniffen, die Haare völlig zerzaust. Ich stupste ihn leicht am Arm, um mich davon zu überzeugen, dass er tatsächlich noch da war.
    Â»Was?«
    Â»Nichts.« Ich hatte genug von diesem Spiel, ich wollte mich nicht mehr mit einem toten Mädchen vergleichen. Ich wollte nicht mehr darüber nachdenken, welche Bedeutung hinter den Worten steckte, wie es sich anfühlte, was geblieben war. »Ich wollte nur mal Hallo sagen.«
    Â»Hallo.« Max strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht und verharrte mit seiner Hand an meiner Schläfe, knapp über der Haut. Er lächelte, halb genervt und halb in Gedanken versunken. »Kann ich jetzt weitermachen?«
    Â»Ja, klar.«
    Ich sah ihm beim Arbeiten zu. Dann ordnete ich meine Unterlagen, blätterte durch meinen Notizblock, täuschte Produktivität vor, beobachtete ihn wieder.
    Elizabeth schwieg wochenlang. Als sie dann doch wieder einen Brief an ihren Bruder schrieb, erkundigte sie sich darin nur nach seiner Gesundheit oder nach seinem Studium, nach allem Möglichen über sein Leben, doch über ihres gab sie nichts preis. Nichts über Thomas oder über die »Maschine« und was sie damit vorhatte. Nichts bis zu dem Brief, den ich bereits gelesen hatte und der mich zu den im Petrarca versteckten Seiten geführt hatte. Danach, über ein Jahr lang, nur einige Fragmente an Korrespondenz, farblose Beschreibungen von Rechtsangelegenheiten und ein nichtssagender Bericht dessen, was als Nächstes kommen würde.
    Johannes Leo hat versprochen, sich in Geduld zu üben, und war damit

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