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Das Buch aus Blut und Schatten

Das Buch aus Blut und Schatten

Titel: Das Buch aus Blut und Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Wasserman
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Lewis der ist, der er behauptet zu sein? Sind Sie so sicher, dass Sie ihm trauen können?«
    In Januar war Max mit mir in die Nähe der Berge gefahren, wo sich der rauchgraue Himmel in einem See spiegelte und die Spuren des Rotwilds den Schnee teilten. Wir zogen uns aus und tappten barfuß zum Wasser. »›Wär es die Sache wert‹«, flüsterte er. T. S. Eliot , aus dem Gedicht, das für unsere Geschichte bestimmend geworden war. Wär es die Sache wert? »Du hast den Verstand verloren«, sagte ich zu ihm und nahm seine Hand. Er brauchte mich nicht ins Wasser zu ziehen. Wir warfen uns zusammen hinein. Es war die reinste Folter. Ich hatte noch nie solche Schmerzen gefühlt, als würde meine Haut in Flammen stehen, als würden meine Lungen zu Eis erstarren. Doch kein Himmel war je so blau, kein Wasser je so klar gewesen. Und hinterher, als wir wieder im Wagen saßen, mit der Heizung auf höchster Stufe, seinen nassen Armen um meinen zitternden Körper und einem von Rauschen begleiteten Elvis im Radio, weil sich keiner von uns unter der Wolldecke hervorwagen wollte, um einen anderen Sender zu suchen, als wir unseren verrückten Einfall feierten und nicht einmal beim Küssen mit dem Lachen aufhörten, während meine nassen Haare in seinem Gesicht klebten, seine Lippen nach dem See schmeckten, unsere Haut immer noch kalt und feucht war und unsere Herzen immer noch zu schnell schlugen, war es warm. Er hatte mir nie sagen müssen, dass ich ihm vertrauen sollte.
    Â»Max ist der beste Freund von Chris.« Ich wusste, dass sie mir nicht zuhörten. »Ihm ist etwas passiert. Er braucht Hilfe.«
    Oder er braucht keine Hilfe mehr, so wie Chris keine mehr braucht.
    Stopp.
    Â»Wir wollen ihn doch auch finden«, meinte der junge Polizist. »Vertrauen Sie uns.«
    Er hatte ein hässliches Lächeln.
    Â»Ich bin müde«, sagte ich zu ihnen, obwohl das nicht das richtige Wort dafür war. Es gab kein Wort dafür. »Ich will nach Hause.«
    Â»Nur noch ein paar Fragen.«
    Ich stand auf. »Sie können mich nicht gegen meinen Willen hierbehalten.« Ich hatte keine Ahnung, ob das stimmte.
    Â»Sie behaupten, das seien ihre Freunde gewesen«, sagte der Jüngere.
    Â»Ich ›behaupte‹ es nicht. Es stimmt.«
    Â»Dann wollen Sie doch sicher, dass wir Ihren Freunden helfen.«
    Der ältere Polizist räusperte sich und warf dem jüngeren einen schnellen Blick zu. »Nur noch eine Frage«, meinte er. »Dann können Sie gehen.«
    Ich setzte mich wieder hin.
    Â»Adriane Ames. Nimmt sie Drogen?«
    Â»Natürlich nicht!«
    Irgendwie schien es mir kein guter Zeitpunkt zu sein, das Gras zu erwähnen, das sie – »nur für Notfälle« – in der DVD-Hülle von Der Zauberer von Oz versteckt hatte.
    Die beiden wechselten noch einen Blick.
    Â»Was?«, fragte ich.
    Â»Bei der toxikologischen Untersuchung wurden Drogen in ihrem Blut nachgewiesen. Ein psychogenes Gift.«
    Â»Psychogen… wie LSD oder so?«
    Â»Oder so, ja.« Der ältere Polizist spielte jetzt wieder den netten. Ich machte mich auf seinen nächsten Satz gefasst. »Diese Droge beeinflusst den Lobus frontalis, den Stirnlappen. Wissen Sie, was das ist?«
    Â»Etwas im Gehirn.«
    Â»Es ist der Teil des Gehirns, in dem Persönlichkeit, Stimmung und Gedächtnis eines Menschen gesteuert werden«, leierte der jüngere Polizist herunter, als würde er von einer Karteikarte ablesen und sei ungeheuer stolz darauf, dass er das konnte.
    Â»Ich habe auch Biologie in der Schule«, erwiderte ich, doch ich dachte nicht an das Schaubild des Gehirns aus meinem Schulbuch. Ich dachte an Horrorfilme in Schwarz-Weiß mit Elektroschocks und Zwangsjacken, an den abwesenden Blick in Adrianes Augen, an das Wort Lobus, das viel zu nah an dem Wort Lobotomie war.
    Â»Die Ärzte glauben, dass sie etwas genommen hat…«
    Â»Das würde sie nie tun.«
    Â»â€¦ oder ihr etwas verabreicht wurde, das ihr Gedächtnis beeinflusst. Vielleicht wusste sie etwas, das sie nicht wissen sollte. Vielleicht hat sie etwas gesehen.«
    Etwas anderes als den Mord an ihrem Freund, dem man sechsmal in den Bauch gestochen und dann auch noch die Kehle durchgeschnitten hatte?
    Â»Und deshalb ist sie… so? Wegen einer Droge?« Nicht, weil sie schwach war oder sich verstecken wollte.
    Ich hasste mich.
    Â»Wird sie wieder gesund

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