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Das Buch aus Blut und Schatten

Das Buch aus Blut und Schatten

Titel: Das Buch aus Blut und Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Wasserman
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werden?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Das ist noch nicht sicher. Aber sie hat Glück gehabt.«
    Am liebsten hätte ich ihm die Augen ausgekratzt. »Was genau an dieser Sache würden Sie denn als Glück bezeichnen?«
    Â»Die Ärzte sagen, dass die Wirkung bei dieser Art von Droge nicht vorhersehbar ist. Sie hätte auch einen Schlaganfall bekommen können.« Er beobachtete mich ganz genau.
    Â»Sie haben gesagt, dass das, was mit Professor Hoffpauer geschehen ist, ein Schlaganfall war.« Ich presste meine Hände zusammen, um zu verbergen, dass sie zitterten. »Sie haben gesagt, ich bräuchte mir keine Sorgen zu machen.« Ich war wieder aufgestanden. Ich schrie die beiden an.
    Â»Anscheinend haben wir uns geirrt.«
    Ich lachte.
    Meine Beine fühlten sich wie Stelzen an. Als würden sie nicht zu mir gehören und zerbrechen, wenn ich mein Gewicht darauf verlagerte. Doch sie ließen mich nicht im Stich. »Ich gehe jetzt.«
    Â»Was würden Sie sagen, wenn wir Beweise dafür hätten, dass Ihr Freund Max im Büro des Professors war, als dieser den Schlaganfall hatte?«
    Die Tür war abgesperrt. »Lassen Sie mich hier raus.«
    Â»Gibt Ihnen das nicht zu denken?«
    Â»Sie sagten, noch eine Frage. Die habe ich beantwortet. Lassen. Sie. Mich. Raus.«
    Â»Wissen Sie, was merkwürdig ist?«, sagte er viel zu beiläufig. »Alle Spuren deuten darauf hin, dass das Opfer am Eingang des Hauses niedergestochen wurde, sich dann aber zum Safe geschleppt hat. Als wir kamen, stand der Safe offen, aber es fehlte nichts – jedenfalls nach Aussage der Eltern. Daher können wir annehmen, dass er den Safe geöffnet hat, nachdem der Täter geflohen war. Warum hat er das getan, Nora? Was glauben Sie?« Wieder fragte er so lässig, als würde ihn die Antwort eigentlich nicht interessieren, als würde er sich laut fragen, ob das Softballspiel seines Sohnes wegen Regens ausfallen würde. »Wenn ich so daliegen und verbluten würde, würde ich versuchen, zum Telefon zu kommen oder zur Tür. Aber Ihr Freund schleppt sich zum Safe. Haben Sie irgendeine Ahnung, was dort drin gewesen könnte? Wofür er die letzten Sekunden seines Lebens verschwendet hätte, um es zu bekommen?«
    Ich antwortete nicht. Ich sagte kein Wort, als sie die Tür aufsperrten und mich meinen Eltern übergaben, zu denen ich nichts sagte, als sie mich ins Auto verfrachteten und nach Hause fuhren.
    Ich erzählte weder ihnen noch sonst jemandem von dem blutbefleckten Brief, den ich völlig zerknittert in Adrianes Hand gefunden hatte, dem Brief, dessen Wert Chris – gewissenhaft und verantwortungsbewusst, wie er war – so beeindruckt hatte, dass er ihn vielleicht im Safe aufbewahrt hatte, bis ihm eingefallen wäre, wie er meinen Fehler wiedergutmachen konnte. Dem Brief, den ich aus der Tasche meiner blutigen Jeans gezogen hatte, bevor die Polizisten sie mir weggenommen hatten, und den ich, sobald ich wieder in meinem Zimmer war und die Tür hinter mir abgeschlossen hatte, in sein Versteck im Hohlraum unter dem Schreibtisch zurücklegte, als wäre überhaupt nichts passiert.
    Als wäre Chris nicht dafür gestorben. Als wäre er nicht meinetwegen gestorben.
    Ich versuchte, mir einzureden, dass in diesem Safe alles Mögliche gewesen sein könnte, und legte mich vollständig angezogen in mein Bett, die Augen starr an die Decke gerichtet, mein Telefon auf dem Kissen neben mir. Ich lag da, hörte zu, wie Max’ Handy klingelte und klingelte, und wartete auf den Morgen.
    7 Ein paar einfache, logische Beweise.
    Eins. Max liebte mich. Max war Chris’ bester Freund. Max behauptete, dass »das Überangebot an Gewalt in amerikanischen Kinofilmen der Neuzeit fast schon grotesk« war, sagte das aber nur, weil er nicht zugeben wollte, dass er sich am liebsten übergeben hätte, wenn er Blut sah, auch wenn es nur im Film war. Max war Max. Deshalb hatte er es nicht getan.
    Zwei. Max liebte mich. Max würde nie zulassen, dass ich allein mit Chris’ Leiche und Adrianes Augen und den Polizisten und den Kameras fertigwerden musste, es sei denn, er hatte keine andere Wahl, und zwar nicht »keine andere Wahl« wie in Er wollte lieber auf freiem Fuß bleiben und befürchtete, dass Dableiben genau den gegenteiligen Effekt haben würde, sondern »keine andere Wahl« wie in Er musste wegbleiben, um sein Leben oder

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