Das Buch aus Blut und Schatten
vermisst, Gott sei Dank geht es dir gut. »Warum sind wir hier? Was ist in der Nacht passiert? Wohin zum Teufel bist du verschwunden?« Nicht Wie konntest du mich nur allein lassen?.
Er küsste mich.
»Es tut mir leid«, flüsterte er.
Hinter mir hörte ich einen erstickten Schrei, dann ein dumpfes Stöhnen. Ich wirbelte herum. Adriane wehrte sich heftig gegen einen Mann mit einer Kapuze auf dem Kopf, der einen Arm über ihren Brustkorb gelegt hatte und seine Hand auf ihren Mund presste. Plötzlich waren noch mehr von ihnen da; sie waren überall, sie kamen aus den Schatten auf uns zu. Jemand versetzte Max einen Faustschlag. Jemand warf sich auf mich. Ich schlug blindlings zu, während ich hoffte, dass meine Selbstverteidigungsmechanismen einsetzten, und versuchte, mich an die Druckpunkte zu erinnern, die man uns im Sportunterricht beigebracht hatte. Sollte ich zuerst auf die Augen oder den Hals zielen? Oder waren es die Nieren gewesen? Ich schrie Maxâ Namen, als er von zwei Männern zu Boden geworfen wurde. Meine Faust landete in einem Magen, mein Ellbogen traf etwas Hartes, ein Kinn oder einen Schädel, aber das war falsch, schoss es mir durch den Kopf, ich musste mir zuerst die Weichteile vornehmen, die Meridiane â und vermutlich sollte ich am besten gar nicht nachdenken. Mit grober Gewalt riss mir jemand die Arme auf den Rücken und band meine Handgelenke zusammen. Ich schrie, was völlig sinnlos war, wer sind Sie, was machen Sie da, lassen Sie mich los und, mehr als einmal, Hilfe , doch niemand antwortete, niemand kam.
Meine Hände waren hinter mir gefesselt, sodass es keine Möglichkeit gab, den Sturz abzufangen, als der Mann mich zu Boden warf und ich unsanft auf dem Rücken landete. Unter seiner Kapuze konnte ich auÃer der Nasenspitze und dem Weià seiner Zähne nichts erkennen. Er beugte sich über mich, groà und furchterregend â und dumm, denn als er direkt vor mir war, riss ich das Knie hoch und erwischte ihn am Kinn. Dann verpasste ich ihm noch einen Tritt in die Eier, mit der gleichen Wucht, die mich in der dritten Klasse zum Kapitän der FuÃballmannschaft gemacht hatte. Leise stöhnend taumelte der Mann nach hinten und fiel hin.
Jetzt hast du ihn wütend gemacht, sonst nichts, dachte ich.
Aber er war ja schon wütend. Und ich war es auch.
Ich suchte mit den FüÃen Halt auf dem Boden und richtete meinen Oberkörper auf, denn so musste ich nur noch aufstehen, bevor er das schaffte, und ihm noch einmal einen FuÃtritt verpassen, während er am Boden lag⦠und irgendwie eine Möglichkeit finden, um Adriane und Max zu retten. Und das alles mit auf dem Rücken gefesselten Händen.
»Policie!« , rief plötzlich jemand hinter uns. »Polizei! Polizia! Policie! St ů jte, nebo budeme st Šà let!«
Die Kapuzenmänner waren so überrascht, dass sie uns einfach liegen lieÃen und das Weite suchten.
»Sie haben uns überfallen«, rief ich, während ich mich aufrappelte. »Wir haben nichts getan.«
Adriane lehnte schwer atmend an der Mauer und war völlig benommen. »Ist das eben tatsächlich passiert?«, fragte sie. »Sag mir, dass das eben nicht passiert ist.«
Max, der an Armen und Beinen gefesselt war, lag zusammengekrümmt am Fuà der Brücke. »Bei mir ist alles okay«, rief er leise.
Ich spürte schon wieder, wie ein irres Lachen aus mir heraussprudeln wollte. Ja, klar, alles war okay.
Tschechische Polizisten sahen gar nicht aus wie Polizisten. Sie waren zu zweit, einer in Jeans und einem blauen Kapuzenpulli, der andere in einem grauem Trenchcoat, beide Anfang zwanzig.
»Danke.« Ich drehte meinen Oberkörper herum, damit sie meine Handgelenke befreien konnten.
Der mit dem Trenchcoat rief etwas auf Tschechisch und dann drehten uns beide Polizisten den Rücken zu und verschwanden in der Dunkelheit, ohne unsere Fesseln zu durchschneiden.
»Warten Sie!«, brüllte Adriane. »Wo wollen Sie denn hin? Sie sind Polizisten! Sie müssen uns helfen!«
»Dafür habe ich ihnen nicht genug gezahlt.« Eli trat aus seiner Gasse heraus. »Und ihr solltet froh sein, dass es keine echte Polizisten waren. Den Ãrger wollt ihr mit Sicherheit nicht haben.«
Mir fiel tatsächlich die Kinnlade herunter. »Was zum Teufel?«
Er schüttelte den Kopf und klappte ein Taschenmesser auf. Dann winkte er mich mit der Klinge zu
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