Das Buch aus Blut und Schatten
wir noch nicht wissen, zum Beispiel, was die Hleda Ä i mit einem ahnungslosen amerikanischen Collegestudenten zu schaffen haben.«
»Ihr wisst über sie Bescheid?« Max riss erstaunt die Augen auf.
»Erzähl es uns«, sagte ich. »Und fang ganz von vorn an.«
»Ich wollte euch nicht in diese Sache reinziehen«, meinte er.
Ich sah ihn nur an. Das zu spät brauchte ich gar nicht auszusprechen.
Er seufzte. »Diese Männer, die Hleda Ä i . Sie haben uns die ganze Zeit beobachtet. Sie beobachten jeden, der sich näher mit dem Voynich-Manuskript beschäftigt. Sie glauben, es ist der Schlüssel.«
»Wofür?«, fragte ich.
»Für den Zusammenbau des Apparats. Er ist vor vierhundert Jahren verschwunden und aus irgendeinem Grund glauben sie, dass die einzelnen Teile noch irgendwo sind und dass Das Buch ihnen dabei helfen kann, sie zu finden. Oder ein neues Lumen Dei zu bauen.«
»Erklär mir das mal, als wäre ich⦠oh, ich weià nicht⦠zurechnungsfähig«, warf Adriane ein. »Diese Leute glauben doch wohl nicht im Ernst, dass es eine vierhundert Jahre alte Maschine gibt, mit der sie eine Verbindung zu Gott herstellen können?«
»Der Apparat selbst klingt eigentlich ganz logisch«, erklärte Max, der selbst unter diesen Umständen in den Lehrermodus wechselte. »Die Renaissance brachte eine Vielzahl an wissenschaftlichen und technischen Fortschritten hervor â Leute wie da Vinci entwickelten sogar Flugzeuge. Und der Grund für das alles war der Wunsch, Gott näher zu sein. Alchemie, Astronomie, Biologie â der ganze Sinn bestand darin, das Buch der Natur zu lesen, als wäre es eine zweite Bibel. Wissenschaft war nur eine andere Form von Religion, eine andere Art, die Welt zu erfahren. Das sollte eine Metapher sein, aber es ist völlig logisch, dass sich irgendwann einmal jemand vorgenommen hat, das umzusetzen. Gott zu finden. Mit einer Maschine.«
»Ich nehme an, die höflichen Herren in den Kapuzenkutten haben sich mit dir zusammengesetzt und dir einen faszinierenden Vortrag über all das gehalten?«, sagte Eli.
Er kannte Max nicht so gut wie ich und daher konnte er Maxâ Gesicht nicht lesen, die Stellen hinter seinen Ohren, die blass wurden, und die Art, wie sich seine Lippen ohne einen Ton bewegten, als würde sein Körper schon für einen Wutausbruch üben, bevor sein Verstand sich dazu entschlossen hatte. Max war jähzornig, aber er schrie niemanden an. Adriane hatte ihn ganz am Anfang mal als Ziege kategorisiert: störrisch, aber harmlos. Jetzt sah er alles andere als harmlos aus.
»Das brauchten sie mir nicht zu sagen«, erwiderte er völlig ruhig. »Ich habe Geschichte im Hauptfach. Ich habe darüber gelesen.«
»Du glaubst, dass diese Maschine wirklich existiert?«, fragte ich ihn.
»Das spielt keine Rolle â sie glauben es jedenfalls.« Ihm schauderte. »Egal, ob sie existiert oder nicht, sie sind verrückt. Sie haben den Hoff überfallen. Sie haben Chris getötet. Und sieâ¦Â«
»Was noch?«, fragte Eli. »Sie haben dir dein Taschengeld geklaut? Sie haben dir die Unterhose über die Ohren gezogen? Was ist an dir so Besonderes, dass sie ausgerechnet dich in Ruhe gelassen haben?«
»Das haben sie nicht«, antwortete Max so leise, dass nur ich ihn hören konnte. Er lieà den Kopf hängen. »Sie haben auf mich gewartet, als ich zu Chris nach Hause kam. Sie waren zu dritt. Chris war schonâ¦Â« Er schluckte. »Adriane, du warst auch da, aber⦠weggetreten. Du hast mir nicht geantwortet. Es war so, als würdest du mich gar nicht sehen. Die Männer haben miteinander gestritten, über Chris. Sie sollten ihn nicht töten, jedenfalls nicht, bevor sie das hatten, wonach sie suchten. Jemand hat Mist gebaut. Und als sie mich gesehen haben⦠bin ich weggerannt.«
»Du hast sie dort gelassen«, sagte ich. »Allein und hilflos. In einem Haus voller Psychokiller.«
»Ich hab nicht nachgedacht. Ich bin einfach losgerannt. Aber sie haben mich eingeholt.«
»Vielleicht haben sie mich deshalb am Leben gelassen«, murmelte Adriane. Sie war blass, aber ruhig. »Vielleicht wären sie geblieben und hätten mich umgebracht, wenn du nicht weggelaufen wärst. Vielleicht hat uns das beide gerettet.«
»So kann man das natürlich auch sehen«, meinte Eli.
»Sie haben mich
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