Das Buch Der 1000 Wunder
von Greifswald nach Rügen trockenen Fußes überschreiten könnte. Ein solcher Ponton aus den 194 Seedampfern der Hamburg-Amerika-Linie zusammengestellt, wäre gar 19 Kilometer lang.
Die Schiffe des Lloyd haben während des Jahres 1913 auf ihren Fahrten 6 300 000 Seemeilen zurückgelegt. Wäre es ihnen möglich gewesen, ständig auf der Äquatorlinie zu dampfen, so hätten sie diesen Kreis insgesamt 292 Mal umfahren können. Die Hapag-Schiffe würden mit 8 986 000 Seemeilen oder 16 642 000 Kilometern den Äquator 415 Mal umkreist haben. Läge dem Norddeutschen Lloyd statt seiner irdischen Aufgabe die Beförderung der Reisenden von unserm Planeten nach dem Mond ob, so hätte er mit der von seinen Schiffen zurückgelegten Meilenzahl im Jahre 1913 15 Fahrten nach dem Mond und wieder zurück zur Erde veranstalten können. Die Suezkanal-Gesellschaft hätte allerdings eine solche Linienverlegung nicht gern gesehen; denn ihr wären, da die Reise Erde–Mond ja ohne Benutzung des ihr gehörigen Gewässers zurückgelegt werden kann, im genannten Jahr 4 Millionen Franken Kanalgebühren entgangen, die der Norddeutsche Lloyd für 104 Durchfahrten seiner Schiffe in beiden Richtungen bezahlt hat.
Für die appetitanregende Wirkung der Seeluft zeugt die Tatsache, daß der Norddeutsche Lloyd im gleichen Jahr für 26 Millionen Mark Proviant verbraucht hat; darunter hat er allein 8½ Millionen Mark für Fleischwaren ausgegeben, 3 Millionen Mark für Fische. Seine Passagiere haben 6 600 000 Pfunde frisches Rindfleisch, das ist eine Herde von 22 000 Rindern, verspeist, ferner 183 7 800 000 Eier. Aber auch die Maschinen der Dampfer waren nicht weniger hungrig. Sie verbrauchten im selben Jahr 1 800 000 000 Kilogramm Kohle im Werte von 31 Millionen Mark. Die Hapag verheizte im gleichen Zeitraum für 38 Millionen Mark Kohlen.
In den neuen Dampfer des Norddeutschen Lloyd, den »Columbus«, der mit seinen 35 000 Tonnen das größte Schiff der Gesellschaft ist, wird zur Ausrüstung der Passagierräume eine so große Menge von Hölzern eingebaut, wie sie einem Wald von 6000 Baumstämmen entspricht, in dem jeder Baum eine Dicke von 30 Zentimetern und eine Höhe von 10 Metern hat.
124. Die durchbrochene Wahrscheinlichkeit
Quelle: Daniel Bernoulli: »Versuch einer neuen Theorie der Wertbestimmung von Glücksfällen«, herausgegeben von Professor Dr. Alfred Pringsheim. Verlag von Duncker & Humblot, Leipzig, 1896.
Alles Hasardspiel gründet sich auf die Erwartung, daß die Regeln der Wahrscheinlichkeit eine Art naturgesetzlicher Geltung besitzen und sich letzten Endes unbedingt durchsetzen müssen. Aber die Erfahrung zeigt, daß diese Regeln nicht durchweg ganz dicht halten, ja sogar bisweilen klaffende Löcher aufweisen. Die Gewinnaussicht einer Spielbank – Monte Carlo, ehedem Baden-Baden, Homburg – übertrifft die des Einsetzers durchschnittlich im Verhältnis von 37 zu 36. Dieses Übergewicht müßte hinreichen, um jeden wagemutigen und ausdauernden Spieler in verhältnismäßig kurzer Zeit niederzuwerfen. Aber zu Dutzenden erschienen große Spieler, die der Regel trotzten und die Wahrscheinlichkeit besiegten. So der Spanier Garcia, der sich in jahrelangem Kampf gegen die Hasardbanken vier Millionen Franken erspielte.
Das Auftauchen einer Serie (z. B. von 10 »Rouge« nach einander ohne Dazwischenkommen eines einzigen »Noir«) ist eine Unwahrscheinlichkeit, die bei gesteigerten Zahlen an die Unmöglichkeit grenzt. Nach der Wahrscheinlichkeit gemessen müßte in Monte Carlo an sämtlichen grünen Tischen ungefähr 2000 Jahre gespielt werden, ehe eine Farbe in lückenloser Folge 30 Mal herauskäme. Aber die Wirklichkeit widersprach dem angeblichen Naturgesetz: schon kurze Zeit nach Gründung der Hasardbank erschien eine Serie von 32 »Rouge«, und dieses Ereignis hat sich seitdem mehrfach wiederholt. Die Wahrscheinlichkeit für 32 Rouges beträgt an sich etwa 1 zu 4 Milliarden. Nach einer Mitteilung von Silberer in dessen Buch »Vom grünen Tisch in Monte Carlo« kam im Jahre 1898 die Nummer 33 an einem Tisch siebenmal hintereinander. Hierfür beträgt die absolute Wahrscheinlichkeit rund 1 zu 100 Milliarden.
Auf noch weit merkwürdigere Ergebnisse stößt man, wenn man die Wahrscheinlichkeit im Glücksspiel nach der Vorschrift des großen Mathematikers Daniel Bernoulli berechnet. Er befreite die landläufige Wahrscheinlichkeitbetrachtung von einem alten Denkfehler, indem er einen persönlichen Glückswert
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