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Das Buch der Gaben - Tommy Garcia ; Band 1

Das Buch der Gaben - Tommy Garcia ; Band 1

Titel: Das Buch der Gaben - Tommy Garcia ; Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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sie mit sich kämpfte. »Was soll ich jetzt machen?«
    »Keine Ahnung«, sagten Tommy und ich gleichzeitig.
    »Danke für eure Hilfe«, grunzte sie verärgert und drehte sich wieder um. Sie musste etwas vor sich hinmurmeln, doch sie sprach so leise, dass wir es nicht verstehen konnten. Lange stand sie so da, doch plötzlich ging sie in die Hocke, und langsam kniete sie sich auf den Weg.
    Nun saßen sich Janine und die Spinne direkt gegenüber. Dann begann unsere Freundin zu reden. Wirklich, sie sprach mit dem Tier!
    »Wir tun dir ganz bestimmt nichts, liebe Spinne, komm, geh in den Wald und such dir Fliegen. Ich hab nichts für dich.«
    Und dann geschah es. Langsam, unendlich langsam, alswollte die Spinne Janine und uns nicht erschrecken, hob das Tier seine zwei Vorderbeine in die Luft. Ich konnte nicht genau sehen, ob die Spinne Augen hatte, aber es schien ganz so, als schaute sie Janine an. Mir stockte der Atem. Was würde sie jetzt machen?
    »Wenn sie ihre Beine hebt, kann man sie aufheben«, flüsterte Tommy. »Das hab ich auch in einem der Bücher meines Vaters gelesen … «
    »Muss man doch aber nicht«, sagte Janine mit Blick auf die behaarten Beine.
    »Muss man wirklich nicht«, sagte ich etwas hilflos. »Aber ich glaube, wenn du’s nicht tust, kommen wir hier niemals vorbei.«
    Janine starrte auf die Spinne, die ihre beiden Beine nach wie vor in der Luft hielt. Janine schaute sich um und ihr Blick suchte Tommy.
    »Wie hebt man sie auf? Und was soll ich mit ihr machen?«
    »Du brauchst nur die flache Hand mit der Handfläche nach oben vorsichtig unter ihre Beine zu schieben. Wenn sie keine Angst hat und dich mag, kommt sie von allein auf deine Hand. Und ich denke, dann musst du nichts weiter tun, als sie in den Wald zu setzen.«
    »Wenn sie keine Angst hat … «, murmelte Janine. »Toll.«
    Doch sie traf die Entscheidung ihres Lebens. Sie legte ihre rechte Hand mit der Handfläche nach oben auf den Weg und schob sie Zentimeter für Zentimeter nach vorn.
    Dann war es so weit. Ihre Finger berührten ein Bein derVogelspinne Brachypelma und Janine erstarrte. Ich dachte, jetzt würde sie aufspringen und schreiend davonlaufen. Ich konnte es nicht fassen, wie mutig sie war.
    Unmerklich kam Leben in die Spinne. Vorsichtig und kaum wahrnehmbar setzte sich das Tier in Bewegung und kroch wie in Zeitlupe auf Janines Handteller. Ich schaute abwechselnd zu der Spinne und in Janines Gesicht. Einmal blickte ich kurz zu Tommy und Sanne, die neben uns wie Statuen standen und dem Ganzen gebannt zuschauten.
    »Sie mag mich«, flüsterte Janine. »Schaut nur … «
    Ich hielt es nicht mehr aus.
    »Wie fühlt sie sich an?«, fragte ich aufgeregt.
    »Wie eine Raupe.«
    »Wie eine Raupe? Igitt!«
    Die Spinne war jetzt vollständig auf Janines Hand gekrabbelt und ließ sich ruhig auf ihr nieder. Langsam und äußerst behutsam erhob sich Janine, ließ dabei aber die Spinne nicht aus den Augen. Ihre rechte Hand weit von sich gestreckt sprach sie zu ihr.
    »Jetzt hast du bestimmt Hunger und willst in den Wald. Und ich bring dich in den Wald. Hab keine Angst. Gleich haben wir es geschafft.«
    Janine brauchte nur zwei Schritte, dann stand sie am Rand des Pfades am dichten Unterholz. Ihre Augen suchten den Wald ab und fanden schließlich etwas, wovon sie dachte, das könnte der Spinne gefallen. Vorsichtig legte sie ihren Handrücken auf ein großes dunkelgrünes Blatt einer Pflanze,die mich an eine Bananenstaude erinnerte. Ein, zwei Sekunden tat die Spinne nichts, doch dann bewegte sie sich behutsam wie zuvor und verließ Janines Hand. Sie krabbelte an dem Blatt empor und verschwand im Innern der Staude.
    Janine stand immer noch da, die Hand auf dem Blatt, und ihr Gesicht glänzte vor Erleichterung. Wir fielen uns in die Arme.
    »Ich hab’s geschafft!«, rief sie. »Hey, ich hab’s geschafft!«
    Janine strahlte vor Glück und Stolz, und ich umarmte und drückte sie, so fest ich nur konnte. Tommy klopfte ihr anerkennend auf die Schulter, und auch Jever und Lazy zeigten uns auf ihre Art mit Kläffen und Schwanzwedeln, wie sehr sie sich freuten, dass wir glücklich waren. Hunde spüren so was eben.
    Ich starrte auf die Stelle, an der die Spinne im Dickicht verschwunden war. Aber es war nicht das Geringste mehr von ihr zu sehen.
    »Da können wir mal wieder stolz auf jemanden von uns sein«, sagte Tommy und sah Janine mit warmen Augen an. »Du bist das mutigste Mädchen, das mir je begegnet ist. Außer dir natürlich!«, ergänzte er und

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