Das Buch der Gaben - Tommy Garcia ; Band 1
zwinkerte Sanne zu.
»Sie fühlte sich komisch an«, lachte Janine. »Wie eine Raupe. Und sie war warm!«
Wir redeten alle vor Freude durcheinander. Janine sprach sogar davon, wie sanft die Spinne war und dass sie sie gemocht hatte. Sie hörte gar nicht mehr auf. Doch irgendwannerinnerte Tommy uns daran, wo wir eigentlich waren und was wir noch vor hatten.
»Leute, ich will ja nicht drängen. Wir werden diese Spinne in Ehren halten, aber wir müssen weiter!«
Natürlich. Wir mussten weiter. Auch wenn wir das jetzt eigentlich gar nicht hören wollten. Doch Tommy ließ nicht locker.
»Lasst uns gehen. Ich glaube, dort hinten wird es heller. Vielleicht ist der Wald dort zu Ende.«
Der Pfad lag vor uns. Der Weg war frei. Wir schauten uns an und dachten alle an dasselbe: Was würde wohl jetzt Gefährliches auf uns warten?
ABGRÜNDE
J ever flitzte wieder voraus, aber Tommy achtete darauf, dass er in Sichtweite blieb. Und dann fanden wir etwas, womit wir hier nun gar nicht gerechnet hatten.
»Ein Apfelbaum!«, rief Janine fassungslos und zeigte auf einen Stamm direkt vor uns am Wegesrand, der sich völlig von den anderen in diesem Urwald abhob. Er wuchs halb aus dem Pfad, halb verschwand er im Dickicht zu unserer Rechten. Zuerst glaubten wir Janine nicht so recht, doch als wir näher kamen, sahen wir, dass es tatsächlich Äpfel waren, die an seinen Ästen hingen. Dicke runde, grünrote und verdammt lecker aussehende Äpfel.
Neugierig und auch ziemlich hungrig betrachteten wir die vielen Früchte, die die Zweige und Äste richtig durchhängen ließen.
»Was meint ihr?«, fragte Tommy. »Ob die auch so zäh sind wie die anderen Pflanzen?«
»Probieren geht über studieren«, dozierte ich und zog die Machete hervor. »Ich hab richtig doll Hunger, vielleicht hat der Baum ja Mitleid.«
Mit der Hand kam ich nicht an die Früchte heran, aber in Reichweite der Machete hingen genügend Äpfel. Die anderen gingen ein Stück zurück, weil ich gewaltig ausholte. Ich dachte, ich probier’s gleich mit aller Kraft, schließlich war mir der vergebliche Versuch von vorhin noch in guter Erinnerung. Da hatte Tommys Machete gar nichts genutzt. MitSchwung schlug ich zu, und zu meiner größten Überraschung durchdrang die Klinge den von mir ausgesuchten Ast wie ein Stück Butter, und etwa zwei Dutzend Äpfel fielen herab und mir auf den Kopf.
Meine Freunde schüttelten sich vor Lachen, während ich mir den schmerzenden Schädel rieb und verblüfft den glatten Schnitt betrachtete, den die Machete im Baum hinterlassen hatte. Jever rannte zu einem der wegkullernden Äpfel, schnappte ihn sich und machte sich darüber her. So faul mein Hund auch sonst war, diese Gelegenheit ließ er sich nicht entgehen. Den schönsten Apfel zwischen den Zähnen hockte er sich an den Wegesrand und machte es sich dort bequem.
»Hey, die sind lecker!«, rief Sanne. Schon hatte sie einen Apfel aufgehoben und biss herzhaft hinein. Wir hatten alle gewaltigen Hunger und auch Durst, schließlich war unsere erste Pause am See, als wir die Chipstüten und die beiden Mineralwasserflaschen geleert hatten, schon eine ganze Weile her.
»Und die sind nicht giftig?«, fragte Janine ängstlich.
Tommy nickte kauend. »Verlass dich drauf. Jever schmeckt’s, und außerdem glaube ich, dass der Baum hier nicht ganz zufällig steht. Vielleicht … «, meinte er augenzwinkernd, »… möchte jemand, dass wir uns stärken.«
Ich drehte mich einmal um die eigene Achse. »Wo ist denn dann der Kühlschrank? Ich hätte gern ne eiskalte Cola!«
»So weit kommt’s noch!«, grinste Tommy. »Wenn, dann bitte ein schönes kühles Wasser.«
Jeder von uns verdrückte zwei knackige Äpfel, die nebenbei auch den ärgsten Durst löschten. Dann packte Tommy noch mal zwei für jeden in seinen Rucksack.
»Für später«, sagte er stöhnend, als er den Sack aufhob und merkte, wie schwer er jetzt wieder war. Ich bot mich an, das Teil für eine Weile zu übernehmen, aber er winkte ab.
»Lass nur, wenn’s mir zu schwer wird, sage ich euch Bescheid, und wir essen die Last einfach auf.«
Mit neuer Energie ging es weiter. Ich fühlte mich merkwürdig sicher. Der Wald machte mir keine Angst mehr, und die Gedanken an zu Hause hatte ich erfolgreich verdrängt. Ich ging an der Spitze unserer kleinen Bande entschlossen voran.
Etwa hundert Meter vor uns machte der Pfad einen scharfen Knick. Als wir an diese Stelle kamen und nach rechts schauten, erblickten wir eine unglaublich schöne
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