Das Buch der Gaben - Tommy Garcia ; Band 1
passt auf, was ihr sagt. Denkt an eure Kugeln!«
Er sah mich an und grinste. »Ich würde sagen, wir gehen jetzt einfach rein!«
»Wie denn?«, rief Sanne. »Die lässt uns doch nie rein!«
»Na, Joe hat doch aber einen Schlüssel dabei!«
Mann, da fiel es mir ein, die Holografie! Daran hatte ich ja gar nicht gedacht. Ich fingerte die Holografie aus meiner Jeans und spürte ihre geheimnisvolle Kühle. Dann sah ich in die Runde, und alle nickten. Janine schaute zweifelnd auf die Tür.
»Die werden uns sofort wieder rausschmeißen.«
»Werden sie nicht«, sagte Tommy lächelnd. »Am besten, ihr nehmt eure Wunschkugeln in die Hand. Aber nicht beide auf einmal dasselbe wünschen! Wechselt euch besser ab. Sanne, du fängst an. Aber warte auf mein Zeichen! Ich will erst mal herausfinden, was die mit eurem Vater gemacht haben. Alles klar?«
Wir nickten entschlossen. Gespannt sah ich auf meine Holografie. Noch wirkte sie leblos. Mit Schwung warf ich sie in die Luft und rief: »Ich will hier rein!«
Den Bruchteil einer Sekunde verharrte die Kugel in der Luft, und wie wir es nun schon öfter gesehen hatten, veränderte sich ihr Aussehen. Wieder leuchtete sie fahlgrün, wurde beinahe durchsichtig und fing an, sich zu drehen. Und dann durchdrang sie langsam die schwere Eingangstür.
Ich vertraute diesem Wunderding inzwischen völlig und ging mit zwei festen Schritten geradewegs auf die Tür zu … und hindurch!
Ich hatte diesmal nicht mal die Augen geschlossen, und als ich auf der anderen Seite in der Eingangshalle herauskam, blickte ich mich schnell um. Niemand war hier zu sehen.Rechts gab es eine Tür mit der Aufschrift Garderobe, links führte eine Wendeltreppe in den ersten Stock hinauf. Die Holografie lag mitten in der Halle. Schnell ging ich hin und hob sie auf. Ich hörte die anderen hinter mir und drehte mich um. Einer nach dem anderen kam durch, als wäre die Tür bloß aus Luft. Sanne zögerte keine Sekunde, sondern ging zielstrebig an mir vorbei, den Raum erkunden. Sie war verdammt mutig. Und, na klar, auch verdammt wütend. Ich hoffte nur, dass sie sich nicht verwünschte!
Tommy legte den Finger an die Lippen, und wir folgten meiner Schwester. Am anderen Ende der Eingangshalle zweigte ein Gang ab. Vor der ersten Tür auf der linken Seite blieb Sanne stehen und drehte sich triumphierend um. Im selben Moment sahen wir das kleine Schild, das neben dem Türrahmen hing: Chefsekretariat.
Während ich noch überlegte, wie wir am besten vorgehen sollten, drückte Sanne schon die Klinke runter und stürmte durch die Tür. Tommy und Janine drängelten sich an mir vorbei. Ich betrat als Letzter das Vorzimmer des Chefs und kam gerade recht, um eine ziemlich magere Sekretärin dabei zu beobachten, wie ihr der Unterkiefer runterklappte. Gleichzeitig schoss der aufgetakelten Dame in ihrem schwarzen Kostüm vor Wut und Überraschung die Zornesröte ins Gesicht. Die Frau erinnerte mich an irgendeine Lehrerin aus einem alten Film. Schnell schaute ich mich um, ob vielleicht noch jemand im Raum war, aber sie war allein.
»Wie zum Teufel seid ihr reingekommen? Was glaubt ihrdenn, wo ihr hier seid? Und wer von euch ist der Sohn von Herrn Seefeld? Ich werde mich sofort bei deinem Vater beschweren!«
Ich entdeckte ein Namenskärtchen auf dem Empfangstresen: Sybille Erdmann. Dann sah ich, wie verkrampft Sanne ihre Wunschkugeln umklammert hielt, und bekam einen Schreck. Hoffentlich wünscht sie sich jetzt in ihrer Aufregung und Wut nichts Falsches! Besser, ich kam ihr zuvor.
Ich trat vor und sagte: »Ich bin Joe Seefeld. Wir möchten nur zu Herrn Krauthahn. Dann gehen wir sofort wieder.«
»Ich hab euch doch schon gesagt, er ist für euch nicht zu sprechen. Und außerdem ist er sowieso nicht da.«
»Ich weiß«, sagte Tommy. »Er kommt erst um drei.«
Etwas verblüfft schweifte Frau Erdmanns Blick von mir zu Tommy. Er hatte das Buch der Gaben aus dem Hosenbund gezogen und hielt es nun fest in der Hand. Durch seine Finger sahen wir den rötlich schimmernden Schein. Ich hielt die Luft an.
»Woher weißt du das? Ich verwalte alle seine Termine.«
»Ja, das tun Sie.« Tommy nickte. »Soviel ich weiß, hat er so gut wie keinen einzigen Termin in dieser Woche. Er kommt nur jeden Tag um drei herein, um nach den Geldeingängen zu sehen. Der ist faul und überflüssig! Und das haben Sie doch auch gerade gedacht, stimmt’s?«
Frau Erdmann wurde rot. Verwirrt schaute sie in dieRunde. Ich schielte zur Seite und sah, dass Sanne sich
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