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Das Buch der Gleichnisse

Das Buch der Gleichnisse

Titel: Das Buch der Gleichnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Per Olov Enquist
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nur gleichsam halbherzig am heiligen Abendmahl des Herrn teilgenommen hatte, ein Protest nicht aufgrund von Verneinung, sondern aufgrund von Zweifeln, oder eher Angst; dass dies, was gerade geschah, zweifelsohne keine Todsünde sein konnte. Aber, zweifelsohne!, hatte es dennoch mit Sünde zu tun (der etwas milderen, wenn man es mit der unheilbaren Todsünde verglich).
    Irgendwie gab es dies alles in der Larssonküche, und es gab es auch wieder nicht; und er hatte etwas in dieser Richtung geflüstert. Allerdings nicht so deutlich, dass sie Anstoß nehmen konnte. Sie stand ganz unbekleidet dicht vor ihm, da auch sie den Schlüpfer hatte herabgleiten lassen, und trotzdem hatte er nicht gewagt, an ihr hinabzublicken. Aber da hatte sie beruhigend den Kopf geschüttelt und gesagt, dass sie ja mit den Fragen und dem Handanlegen nichts Sündiges meine, nur habe fragen wollen, ob er Erfahrung hatte, oder ob dies mit dem Schmerz, wenn die Vorhaut zurückgezogen wurde, also nicht jetzt, aber früher in seiner Jugend, ob nicht dies eher ein praktisches Problem sei, das viele in seinem Alter, in der jungen Generation , nicht selbst zu lösen imstande waren.
    Sie hatte etwas unklar gemurmelt.
    Es war schwer, ihrem Gedankengang zu folgen, aber es schien darum zu gehen, dass sie Verständnis für ihn hatte. Sie war, wie sie ja zuvor erwähnt hatte, jetzt einundfünfzig Jahre alt und hatte mehr von der Welt gesehen, besaß Lebenserfahrung . Und dann sah sie ihm in die Augen, auf eine so komische Weise, als habe sie Angst und sei gleichzeitig beinah durcheinander und außer sich, und ihre Augen glänzten jetzt, als wollte sie etwas ungeheuer Wichtiges fragen, wagte es aber nicht.
    Sie hatte die ganze Zeit gleichsam in Gedanken sein Glied massiert, das jetzt sehr steif geworden war, mit den äußersten Spitzen ihrer Finger, es war die rechte Hand, und die Wörter das eigentliche Leben und Lebenserfahrung wiederholt.
    »Ja, doch«, hatte er erwidert, sich aber unsicher und zugleich froh gefühlt, beinahe glücklich, weil die Küche auf dem Larssonhof jetzt von der Nachmittagssonne erfüllt war und von Fliegen, die am Fenster summten. Und es war so warm, dass sie still, eben wegen der Wärme, auf den Fußboden hinabglitt, den Holzfußboden also, es waren astfreie Kieferndielen, möglicherweise aus dem inneren Kern gesägt.
    »Du kannstich eine Weile neem mich legen«, hatte sie geflüstert, und er hatte bemerkt, dass sie sich bemühte, ihn gleichsam mit einem kleinen Ton von Skelletmundart anzusprechen, um ihn ruhig zu machen vielleicht, und das, obwohl sie Stockholmerin war oder eher noch südlich davon.
    »Du kannst mich streicheln, wenn du willst«, hatte sie gesagt, als sie eine Weile auf dem Holzfußboden in der Larssonküche gelegen und zur Decke aufgesehen hatten.
    »Ja klar«, hatte er gesagt und sich ein wenig geschämt.
    »Wenn du willst, also. Ich meine, wo ich dich so steif gemacht habe, es muss doch gerecht sein.«
    »Ja, natürlich«, hatte er entgegnet und gemerkt, dass seine Stimme ein wenig zitterte. Es kam vielleicht daher, dass ihre Hand, jetzt war es die linke, sich wieder zu seinem Glied hingetastet hatte, das sich immer noch ganz steif anfühlte.
    »Man sieht ja, dass die Vorhaut sich zurückziehen lässt, obwohl er starr ist«, hatte er da mit beinahe ruhiger Stimme gesagt.
    »Steif«, hatte sie geflüstert. »Nicht starr. Steif.«
    Er blickte vorsichtig über sie hin.
    Sie hatte die Augen geschlossen. Und dann streichelte er sie. Es war phantastisch. Es war am ehesten Seligkeit, er suchte einige Augenblicke nach den Wörtern, aber es waren hauptsächlich die Worte des Psalmisten, die sich einstellten, und da er gerade jetzt den Psalmisten nicht hier hineinziehen wollte, hörte er auf, an die Wörter zu denken, und streichelte sie nur.
    Einen Augenblick wagte er es, ihr Gesicht zu betrachten. Auch über ihrem Gesicht war etwas so Stilles und beinahe Seliges, praktisch fast wie bei dem Psalmisten in seinen verklärtesten Augenblicken, aber sie hatte beide Augen geschlossen. Fast sah es so aus, als schliefe sie, aber er spürte ja, wie die Fingerspitzen ihrer Hand gleichsam über sein Glied trippelten und hüpften, und da konnte sie ja nicht schlafen, logisch. Nach einer Weile wagte er zu fragen schläfst du , das hatte er gesagt, aber da öffneten sich ihre Mundlippen zu einem kleinen Flüstern, und daraus ging hervor, dass sie nicht schlief, sondern dass sie sich wohlfühlte. Und du , fügte sie hinzu. Ja, doch,

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