Das Buch der Gleichnisse
Brattbygards Schulheim, es war Vännäsvägen 12, betrachtete, und er versuchte immer, den Besuch in die Länge zu ziehen, wurde er von einer unerhörten, beinahe besinnungslosen Lust erfüllt. Er begriff nicht, was die Lust war, aber er fühlte sie. Er dachte die ganzen Tage an ebendiese kurze Expedition zur Post und an die Minuten, in denen er die Frau betrachten konnte, deren Namen er nicht kannte, in die er jedoch auf irgendeine Art und Weise einzudringen, oder eher, die er zu umarmen wünschte.
Es war unklar, welche Rolle das dünne, lose hängende Kleid dabei spielte, er stellte sich nie vor, dass es verschwinden sollte, dass sie nackt wäre; es war eine Vereinigung, die eher ein amöbenähnliches Umschließen als ein Eindringen war, und ohne dass das Kleid verschwand.
In Brattby gab es diese beiden Pole: die Monster im Schulheim, die zeigten, wie es hätte gehen können, und die Frau auf dem Postamt.
Es gab eine Kollegin der Mutter, eine Vorschullehrerin in Lövanger, deren eingeborener Sohn ein Monster war, das jetzt dort in einer Art Holzkäfig lag. Und wenn nicht Jesus in seiner Gnade dazwischengegangen wäre und die Mutter von der Monstergefahr erlöst hätte, wäre er es vielleicht gewesen, der dort gelegen hätte.
Warum? Das war unklar, hatte jedoch etwas mit den weltlichen Strafen zu tun. Er stellte sich vor, dass die schweren Sündenstrafen manchmal auf Vorschuss verhängt wurden, wenn beispielsweise die Mutter eine Todsünde begangen hätte, was sie also nicht getan hatte, und wofür er dankbar sein sollte.
Auf gewisse Weise wurde damit durch die Monster die Sündenfreiheit der Mutter illustriert, also dass sie nicht als Unverheiratete Unzucht getrieben hatte, wie Burmans älteste Tochter (mit Stefan) – dass die Sündenfreiheit dadurch bewiesen wurde, dass er nicht im Holzkäfig lag und seine Krokodilhaut kratzte . Sie wurde auch dadurch illustriert, dass es eine Alternative gab, nämlich die Frau auf der Post.
War nicht auch dies eine Andeutung von der Kraft in der Lust! Von der Kraft!
Wenn er täglich mit der Post zur Tante zurückkehrte – die also Lily hieß und ein Jahr im Sanatorium von Hällnäs verbracht hatte, wo ihr die Rippen geknackt wurden, genau wie der Großkusine Yvonne aus Yttervik, im Vorherigen noch nicht erwähnt; diese Großkusine wurde Nonne und schrieb auf dem Totenbett einen Brief, in dem sie nach der Lektüre seiner Bücher eine baldige Erlösung für ihn erahnte, rippengeknackt, so sagte man, rippengeknackt –, suchte er unverzüglich den Lokus des Hauses auf, ein Plumpsklo im Freien. Der Lokus hatte auf der Innenseite der Tür einen Riegel, und diese Schließanordnung machte ihn freimütig.
Er onanierte dann heftig.
Seine Vorhaut war jedoch eng, er konnte sie nicht zurückziehen. Aber in diesem Sommer, als er vierzehn Jahre alt war und ein wahres und vorstellungsreiches Leben nur in den kurzen Minuten lebte, in denen er die stille und traurige Frau auf der Post betrachten konnte, sie hatte auch braune Haare!, und sie danach dank seiner schon damals starken Vorstellungskraft in besinnungsloser Lust umarmte, doch ohne die Kunst des Penetrierens zu kennen, nur die des Umarmens, in diesem Sommer gelang es ihm zum ersten Mal, die Vorhaut zurückzuziehen, so dass die Eichel ganz freigelegt war, es war im übrigen der Olympiasommer 1948.
Vermutlich tat es weh. Er erinnert sich nicht. Dann tat es überhaupt nicht mehr weh. Als er über ein Jahr später die Frau auf dem Larssonhof traf und sie ihn nach der Vorhaut fragte, wusste er sofort, was sie meinte.
Hinterher, als er fast vergessen hatte, wie es ihm zum ersten Mal gelungen war, die Vorhaut zurückzuziehen, sah er auf einmal ein, dass die Frau von der Post, dank des Riesenmuskels der Vorstellungskraft, ihm gewissermaßen behilflich gewesen war.
Sie war ernst gewesen, aber schön, und manchmal hatte sie ihn angesehen. Es hing irgendwie zusammen mit Ellen, der Frau mit der Limonade.
Seine Auffassung von der unerhörten Bedeutung der Frau stand danach fest.
Als es ihm gelang, die Vorhaut zurückzuziehen, verschwanden die Monster! Es war wie ein biblisches Wunder. Es rückte auch sein Frauenverständnis gerade. Auf eine Weise sollte die Frau – also die ursprüngliche, die Lust eingab – schön sein, ihr Körper sollte sich abzeichnen, aber sie sollte ernst sein. Er stellte sich vor, wie er freimütig, etwas Außerweltlichem, einem Weltraumwesen gleich?, etwas die Frau Umgebendes sein konnte, körperlich mehr als
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