Das Buch der Illusionen
Strafe. Drei Nummern zum Preis von einer, und wenn er versage, müsse er für jede einzelne blechen. Also? Ob er jetzt gehen wolle? Oder traue er sich zu, den Druck auszuhalten?
Wenn sie bei dieser Frage nicht gelächelt hätte, würde Hector sie für verrückt gehalten haben. Huren stellten ihre Dienste nicht gratis zur Verfügung, und sie pflegten die Männlichkeit ihrer Kunden nicht herauszufordern. So etwas taten höchstens Peitschenladys und heimliche Männerhasserinnen, Frauen, deren Gewerbe es war, Seelenschmerz und bizarre Demütigungen zu verabreichen; Meers hingegen kam ihm eher wie ein leicht verschlamptes, exaltiertes Mädchen vor, und wie es aussah, verspottete sie ihn nicht, sondern versuchte ihn zu einem Spielchen zu überreden. Nein, eigentlich nicht zu einem Spiel, sondern zu einem Experiment, einer wissenschaftlichen Untersuchung des Stehvermögens seines schon zweimal erschöpften Gliedes. Können die Toten auferstehen, schien sie ihn zu fragen, und wenn ja, wie oft? Raten war nicht erlaubt. Wenn das Experiment schlüssige Resultate erbringen sollte, musste es unter strengsten Laborbedingungen durchgeführt werden.
Hector erwiderte ihr Lächeln. Meers rekelte sich auf dem Bett, eine Zigarette in der Hand - selbstbewusst, lässig, vollkommen entspannt in ihrer Nacktheit. Was für sie dabei herausspringe?, wollte Hector wissen. Geld, sagte sie. Viel Geld. Guter Witz, sagte Hector. Sie biete es ihm für nichts an, und im selben Atemzug rede sie davon, reich zu werden. Das komme ihm reichlich dumm vor. Nicht dumm, sagte sie, sondern klug. Das Geld liege auf der Straße, und wenn er es schaffe, in neun Minuten wieder hochzukommen, könnten sie beide es zusammen aufsammeln.
Sie machte die Zigarette aus und begann ihren Körper zu streicheln, rieb sich die Brüste und fuhr sich mit den Handflächen über den Bauch, strich mit den Fingerspitzen über die Innenseiten ihrer Schenkel und schob sie in ihr Schamhaar, berührte ihre Vulva und ihre Klitoris und spreizte sich für ihn, öffnete den Mund und ließ die Zunge über die Lippen gleiten. Hector war nicht immun gegen diese klassischen Reize. Langsam, aber stetig erhob sich der Tote aus seinem Grab, und als Meers das merkte, ließ sie ein leises laszives Stöhnen hören, ein lang gezogenes Summen, das Beifall und Ermutigung zugleich auszudrücken schien. Lazarus atmete wieder. Sie wälzte sich auf den Bauch, flüsterte Obszönitäten und keuchte in geheuchelter Erregung; dann reckte sie ihren Arsch in die Luft und sagte, er solle reinkommen. Hector war noch nicht ganz so weit, doch als er seinen Penis an die scharlachroten Falten ihrer Schamlippen presste, wurde er steif genug, um in sie einzudringen. Am Ende kam nicht viel heraus, aber immerhin, außer Schweiß vergoss er doch noch ein paar Tropfen, als Beweismaterial allemal genug, und als er sich schließlich von ihr löste und aufs Bett sank, drehte sie sich zu ihm um und küsste ihn auf den Mund. Siebzehn Minuten, sagte sie. Er habe es in weniger als einer Stunde dreimal geschafft, und genau so einen habe sie gesucht. Wenn er einsteigen wolle, sei sie bereit, ihn zu ihrem Partner zu machen.
Hector hatte keine Ahnung, wovon sie redete. Sie erklärte es ihm, und als er immer noch nicht begriff, was sie ihm zu sagen versuchte, erklärte sie es noch einmal. Es gebe Männer, sagte sie, reiche Männer in Chicago, reiche Männer im ganzen mittleren Westen, die gutes Geld zahlten, wenn sie Leuten beim Ficken zusehen dürften. Ach, sagte Hector, du meinst Herrenfilme, Pornos. Nein, antwortete Meers, nicht dieses Pseudozeug. Livevorstellungen. Echtes Ficken vor echten Leuten.
Sie habe das eine Zeit lang gemacht, sagte sie, aber vorigen Monat sei ihr Partner bei einem mies geplanten Einbruch verhaftet worden. Der arme Al. Er habe sowieso zu viel getrunken und sei einfach nicht davon losgekommen. Auch wenn er sich nicht selbst außer Gefecht gesetzt hätte, wäre es wahrscheinlich Zeit gewesen, sich nach einem Ersatz umzusehen. In den letzten Wochen hätten drei oder vier Kandidaten den Test bestanden, aber keiner dieser Männer könne Hector das Wasser reichen. Außerdem gefalle ihr sein Körper, sagte sie, sein Schwanz fühle sich gut an, und sie finde, er habe ein ungeheuer hübsches Gesicht.
Nein, nein, sagte Hector. Sein Gesicht werde er niemals zeigen. Wenn er wirklich mit ihr arbeiten solle, dann nur mit Maske.
Das hatte nichts mit Schamhaftigkeit zu tun. Seine Filme waren in Chicago recht beliebt
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