Das Buch der Lebenskunst
bewusst zurücknehmen, indem wir die Nahrung reduzieren und fasten, entdecken wir, wovon wir abhängig geworden sind. Ein Frühjahrsputz der Seele und eine Entschlackung des Leibes tut uns immer wieder gut. Die Passionszeit gibt uns die Gelegenheit, uns mit unseren Krankheiten und unseren Nöten im Licht der Passion Jesu anzuschauen. Wir brauchen unsere Krankheit nicht zu verdrängen. Die Passionszeit befreit uns von der Illusion, als ob wir ohne Krankheit sein könnten. Aber sie zeigt uns einen Weg, unsere Krankheit anders zu sehen. In unserer Krankheit sind wir nicht ausgeschlossen vom Leben, sondern dürfen darin die besondere Nähe Jesu erfahren. Ostern als das Fest der Auferstehung will uns ermutigen, aufzustehen aus dem Grab unserer Ängste und Depressionen und das Leben neu zu wagen. Es ist die Verheißung, dass die Fesseln, die uns gefangen halten, abfallen. An Pfingsten feiern wir den Geist, der uns heilt und mit neuem Leben erfüllt. Wir müssen nicht alles selbst machen. Gott durchdringt uns mit seinem befreienden Geist.
Die Heilung unserer beschädigten Seele kann geschehen, wenn wir uns wieder der inneren Dynamik dieser Feste überlassen.
GIB DEINER ARBEIT SINN
VON DER RECHTEN BALANCE
JAGE NICHT NACH DEM WIND
„Besser eine Handvoll Ruhe als beide Fäuste voll Mühe und Jagen nach Wind“, sagt die Bibel (Prediger 4,6).
Das Bild stimmt, bis heute: Wir sagen von einem Menschen, er habe eine ruhige Hand. Wenn er etwas anfasst, tut er es mit innerer Ruhe und klarem Handgriff. Von seiner Hand geht Ruhe aus. Die ruhige Hand ist eine offene Hand. Sie ist wie eine Schale, die etwas aufnehmen kann. In dieser offenen Hand kann die Ruhe wohnen. Das Gegenteil sind die Fäuste. Wer die Hand zur Faust ballt, der will etwas mit Gewalt festhalten. Die Faust ist voller Aggressionen. Sie ist immer gegen jemand gerichtet. Der Weise aus dem Alten Testament denkt bei der Faust an Menschen, die sich anstrengen und mit Gewalt etwas erreichen wollen.
Doch für ihn jagen manche Fäuste nur nach dem Wind. Es sind vordergründige Ziele, die man so verkrampft angeht. Die wahren Ziele kann man nicht mit zusammengebissenen Zähnen und geballten Fäusten erreichen, sondern nur mit offenen Händen. Genauso wenig wie ich den Wind festhalten kann, kann ich die Ruhe mit meiner Faust umklammern.
Ich erfahre Ruhe nur, wenn ich mich aufmache, wenn ich ganz im Augenblick bin, wenn ich mit offenen Händen ertaste, was sich mir in die Hand legt.
KEIN GIERIGER KANN WIRKLICH LEBEN
„Die Geizigen sind mit den Bienen zu vergleichen. Sie arbeiten, als ob sie ewig leben würden.“ Der griechische Philosoph Demokrit hat dies bemerkt. Es trifft immer noch zu: Es gibt Menschen, die arbeiten, als ob es kein Ende für sie gäbe. Sie müssen immer mehr sammeln, aus Angst, es könnte einmal nicht mehr reichen. Demokrit, der schon im vierten Jahrhundert vor Christus solche Menschen beobachtet hat, sieht als Ursache solch ruheloser Arbeit den Geiz. Es ist nicht der Fleiß, sondern der Geiz, der den Menschen immer arbeiten lässt.
Der Fleiß sieht anders aus. Da strömt die Arbeit. Da macht sie Lust.
Der Geizige arbeitet verbissen. Er kann nicht aufhören, weil er Angst hat, nicht genug zu bekommen. Geiz ist Habgier. Es ist weniger die Sparsamkeit, die wir oft mit Geiz verbinden, sondern die Gier nach Reichtum. Wer von solcher Gier angetrieben wird, muss immer weiterarbeiten. Er kann nicht ausruhen und genießen. Ja, das Genießen würde seinen Reichtum mindern.
Der Geizige lebt nicht. Er meint, irgendwann einmal würde er die Früchte seiner Arbeit genießen. Aber jedes Mal verschiebt er den Augenblick des Genießens, aus Angst, er könnte eine weitere Möglichkeit zum Reichwerden verpassen. Der Gierige kann nicht wirklich leben, weil er immer auf einen späteren Zeitpunkt hin lebt.
Doch der kommt nie. So arbeitet er, als ob er ewig leben würde.
Irgendwann, plötzlich, wird die Einsicht kommen, dass wir nicht ewig leben können.
NEUE QUALITÄT
Ich gebe Menschen, die ich geistlich begleite, manchmal folgende Aufgabe: „Stellen Sie sich vor, dass Sie nur noch einen Tag zu leben haben. Was würden Sie dann tun? Welche Botschaft möchten Sie mit Ihrem Leben geben? Welche Spur möchten Sie eingraben in diese Welt?“
Manche erzählen dann, dass sie den Menschen nochmals begegnen möchten, die ihnen am liebsten sind. Und sie würden ihnen gerne erklä ren, was ihr tiefster Beweggrund war, warum sie so und nicht anders gelebt haben, was
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