Das Buch der Lebenskunst
weil ich mich im Grunde wertlos fühle. Wenn Arbeit benutzt wird, um andere Ziele (Steigerung des Selbstwertgefühles usw.) zu erreichen, wird sie nie wirklich Frucht bringen.
DER ROUTINE SINN GEBEN
Wer ständig über seine Arbeit jammert, der ist gar nicht in Berührung mit ihr. Er möchte sich nicht auf sie einlassen. Er hält oft an seinen Größenphantasien fest, dass er eine bessere Arbeit verdient hat. Natürlich gibt es Arbeiten, die eher Routine sind. Wenn ich selber in meiner Verwaltungsarbeit die vielen Rechnungen abzeichnen muss, dann ist das zwar nicht sehr kreativ. Doch das ist für mich jedes Mal Erholung.
Dabei kann ich bewusst auf meinen Atem achten und meditieren. Und dann macht mir auch diese Arbeit Spaß. Ich stehe dann nicht unter dem Druck, auch das noch erledigen zu müssen. Und ich bin offen, wenn ein Telefonanruf kommt oder wenn jemand in mein Büro kommt, um etwas zu besprechen.
So genannte Routinearbeiten müssen also nicht langweilig sein. Es ist immer meine Verantwortung, wie ich mit meiner Arbeit umgehe, ob ich sie kreativ gestalte, ob ich leichtere Arbeiten als mir gegönnte Erholungszeit genieße oder ob ich mich bedaure, dass ich so etwas Banales tun muss. Ab und zu soll ich allerdings überprüfen, ob alle Routinearbeiten wirklich nötig sind oder ob sie nicht auch anders oder gar nicht mehr gemacht werden könnten.
Ob meine Arbeit Sinn hat oder nicht, hängt nicht so sehr von der Arbeit in sich ab, sondern davon, welchen Sinn ich ihr gebe. Ich erzeuge mit meiner Arbeit nicht nur ein Produkt, das anderen dient. Ich schaffe bei meiner Arbeit auch eine Atmosphäre. Es kann eine krank machende oder aber eine heilende und inspirierende Atmosphäre sein. Wenn um mich herum ein gesundes Arbeitsklima entsteht, dann hat meine Arbeit eine therapeutische Wirkung. Sie kann Menschen Freude nicht nur an der Arbeit, sondern auch an ihrem Leben und am Miteinander schenken.
Wer froh bei seiner Arbeit ist, der wird auch daheim Freude stiften. Wer jedoch nur Ärger und Frustration erfährt, wird sie auch daheim weitergeben.
DAMIT DIE SEELE ATMEN KANN
„Wer mit sich selbst schlecht umgeht, wem kann der gut sein? Denk also daran: Gönne dich dir selbst.“
Bernhard von Clairvaux hat diesen Satz an seinen früheren Schüler geschrieben, der inzwischen als Papst Eugen III. große Verantwortung trug.
Nachdem Papst Eugen sich bei seinem Lehrer Bernhard von Clairvaux beklagte, dass er vor lauter Arbeit nicht zum Beten komme, dass er ganz unglücklich sei vor lauter Beschäftigung, da reagiert also sein Lehrer ganz und gar nicht mit Mitleid. Vielmehr liest er ihm - obwohl Eugen nun Papst ist - doch recht kräftig die Leviten. Er ist selbst schuld, wenn er so viel arbeitet, wenn er meint, jedem Bittsteller helfen zu müssen, sich auf alle Angelegenheiten einlassen zu müssen. Gerade weil er eine verantwortungsvolle Stellung innehat, ist es notwendig, dass er für sich selbst sorgt. Denn wenn er nicht für sich selbst sorgt, wird seine Sorge für die anderen keinen Segen bringen. Sie wird ihn vielmehr innerlich verhärten und bitter werden lassen. Wenn er den andern so viel Zeit gönnt, so soll er auch sich selbst genügend Zeit gönnen, damit seine Seele atmen kann, damit er das Leben spürt. Aber er soll sich nicht nur Zeit gönnen, sondern sich selbst.
Er soll seine Aufmerksamkeit dem eigenen Herzen zuwenden. Er soll seine Liebe sich selbst gönnen, sich selbst seine Zärtlichkeit erweisen. Nur dann wird er in aller Arbeit innerlich Ruhe bewahren und aus dem Geist Jesu wirken können.
Wenn er aber meint, er müsse die Gesinnung Jesu nur anderen erweisen, gegen sich selbst aber unbarmherzig und hart sein, dann würde Jesus aus seinem Herzen weichen. Dann nimmt er zwar Jesu Worte in den Mund, aber sie prägen sein Herz nicht. Er lebt dann nicht aus dem Geist Jesu, der seine beschäftigten Jünger einlädt: „Kommt mit an einen einsamen Ort, wo wir allein sind, und ruht ein wenig aus.“ (Mk 6,31) Wenn ich Kurse für Führungskräfte halte, so sind sie immer beeindruckt von dem recht altertümlichen Satz aus der Regel des heiligen Benedikt: „Der Cellerar (der Verwalter) achte auf seine eigene Seele.“
Sie spüren, dass sie in ihrer Verantwortung für andere zu wenig auf ihre eigene Seele geachtet haben. Sie haben nicht darauf geachtet, wie ihre Seele auf die Überforderung reagiert.
Sie haben die Signale von Unzufriedenheit, von innerer Schwere, von Angst, von Verkrampfung, von Unlust nicht
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