Das Buch der Lebenskunst
damit Gottes Wort die Seele heile. In die Angst, die sich oft genug in Worten ausdrückt, wie: „Ich habe Angst. Das kann ich nicht. Da blamiere ich mich“, sollen wir den Vers aus Psalm 118 sprechen: „Der Herr ist mit mir, ich fürchte mich nicht. Was können Menschen mir antun?“ Es geht nicht darum, die negativen Gedanken zu vertreiben, sondern sie zu verwandeln, das Vertrauen mitten in der Angst zu entdecken. Eine andere Methode besteht darin, sich mit den Gedanken und Gefühlen vertraut zu machen und einen Dialog mit ihnen zu beginnen. Dann entdecken wir, woher sie kommen und wofür sie stehen, was sie uns sagen möchten. Wir kämpfen nicht gegen die Gedanken und Gefühle, gegen die Bedürfnisse und Leidenschaften, sondern wir suchen in ihnen das, was uns zum Leben führt, und erkennen darin Lebensmuster, die uns in die Unfreiheit und Spaltung führen. Die Kunst wäre, dass wir uns von den Gedanken und Gefühlen zu Gott führen lassen. Evagrius gibt uns den Weg an. Wir sollen uns von unserer Angst zu Gott führen lassen, indem wir in unsere Angst eintreten, mit ihr sprechen und sie fragen, was sie uns eigentlich sagen möchte. Je mehr wir gegen unsere Angst, Zorn, Eifersucht oder Depression kämpfen, desto größer wird die Gegenkraft, die sie entwickeln. Wir kreisen dann ständig um unsere Angst und unsere Depression und Eifersucht.
DISZIPLIN
Weil in der Zeit des Nationalsozialismus Disziplin und Ordnung übertrieben worden sind, haben wir jahrzehntelang die Disziplin eher vernachlässigt. Wir haben gedacht, ohne Disziplin auszukommen. Ein Mönchsspruch lautet: „Wer ohne Methode kämpft, kämpft vergeblich.“
Es braucht klare Methoden, um auf dem Weg des Lernens und des Erwachsenwerdens weiterzukommen. John Bradshaw meint, Disziplin sei die Kunst, das Leid des Lebens zu verringern. Ohne Disziplin leidet der Mensch an sich selbst, an seinem inneren und äußeren Durche inander. Und Hildegard von Bingen spricht davon, dass uns die Disziplin dazu führen möchte, uns immer und überall freuen zu können.
In der Disziplin lernen wir, unser Leben selbst zu leben, anstatt gelebt zu werden, unser Leben in die Hand zu nehmen, es zu gestalten und zu formen.
Die Griechen sprechen von Askesis. Askese ist die Übung, das Training. Der Sportler trainiert, um sein Ziel zu erreichen. Der Philosoph trainiert sich in die innere Freiheit. Sucht ist nicht ohne Askese zu verwandeln. Askese ist nicht einfach Verzicht, sondern ein bewusstes Eintrainieren in die innere Freiheit. Dazu gehört auch der Verzicht.
Ohne Verzicht, so sagen die Psychologen, kann das Kind kein starkes Ich entwickeln. Wer seine Bedürfnisse sofort befriedigen muss, wird nie erwachsen. Ich muss meinen Mangel aushaken. Dann werde ich meine Fähig keiten entwickeln. Askese gibt mir das Gefühl, nicht einfach Opfer meiner Erziehung zu sein, sondern mein Leben selbst gestalten zu können.
Askese stiftet Lust am Leben. Ich habe Lust, mic h zu trainieren, meine Fähigkeiten aus mir herauszulocken. Ohne diese Lust am Leben ist Sucht nicht zu überwinden. Nur wer in der Askese lernt, ein Bedürfnis aufzuschieben, kann wirklich genießen. Askese steigert den Genuss, während Sucht uns daran hindert, wirklich zu genießen.
ÖFFNE DEIN LEIDEN
Enttäuschungen begleiten unser Leben. Es muss nicht der Schmerz der Mutter oder des Vaters um die Irrwege des Sohnes oder der Tochter sein, die dich quälen. Vielleicht ist es der Schmerz über eine misslungene oder abgebrochene Beziehung, über das eigene Versagen, über die Verletzung durch andere, über die Verlassenheit und Einsamkeit. Ganz gleich, welche Ursache dein Schmerz hat, suche Beistand in deinem Schmerz.
Sprich mit Menschen, die dich verstehen. Vergrabe dich nicht in deinem Leiden, sondern öffne es auf einen Menschen oder auf Gott hin. Dann wirst du in deinem Schmerz Trost erfahren, Festigkeit, Hoffnung, Zuversicht.
VERWANDLE ERSTARRUNG
Wir alle kennen Zeiten innerer Dürre. Jeder kennt das Gefühl, ausgebrannt, verdorrt, unfruchtbar zu sein. Du funktionierst zwar noch, aber es geht nichts mehr von dir aus. Alles ist zur Routine erstarrt. Dann kann es helfen, mit den inneren Quellen Berührung zu suchen.
In dir selber ist die Quelle des Heiligen Geistes. Wenn du mit ihr in Kontakt kommst, dann wird dein Leben fruchtbar, dann strömt es aus dir heraus, dann blüht es um dich herum auf. Bitte Gott, dass er dir den Regen seines Geistes schenken möge, damit auch in dir die vertrockneten Felder
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