Das Buch der Schatten 2
er seinem Ruf alle Ehre machen müssen! Er ist winzig und so süß. Ich liebe ihn – typisch Angus, auf so eine Idee zu kommen. Heute ist meine Welt gesegnet und voller Frieden. Lob sei der Göttin, dass sie uns ein weiteres Jahr beschützt hat.
Lob sei der Mutter Erde, dass sie nah und fern ihre Gaben mit uns teilt.
Lob sei der Magie, aus der alles Gute fließt.
Lob sei meinem Herzen – ich folge ihm, wohin es geht. Gesegnet sei.
– Bradhadair
Jetzt miaut Dagda, weil er raus will!
»Was ist los?«, wollte Robbie im Auto wissen.
Ich schniefte und wischte mir mit der Hand übers Gesicht. »Oh, Alyce hat mir eine traurige Geschichte von einer Hexe erzählt, die gestorben ist.«
Er kniff die Augen zusammen. »Und du weinst, weil … «, hakte er nach.
»Es mir nahegegangen ist«, antwortete ich, um einen leichten Tonfall bemüht. »Ich bin so weichherzig. «
»Okay, red keinen Mist«, sagte er leicht gereizt, warf den Motor an und fuhr los.
»Es ist … Ich kann noch nicht darüber reden, okay, Robbie?«, flüsterte ich beinahe.
Er schwieg noch ein paar Augenblicke, dann nickte er. »Okay. Aber solltest du je eine Schulter brauchen, ich bin da. «
Das war so süß von ihm, dass eine warme Welle über mich schwappte. Ich legte meine Hand auf seine Schulter. »Danke. Das hilft. Ehrlich.«
Während wir fuhren, wurde es dunkel, und als wir zur Schule zurückkamen, brannten schon die Straßenlaternen. Meine Gedanken waren allein um das Schicksal
meiner leiblichen Mutter gekreist, und ich war überrascht, als das Schulgebäude ins Blickfeld kam, Robbie anhielt und ich mein Auto ganz allein am Straßenrand stehen sah.
»Danke fürs Mitnehmen«, sagte ich. Es war dunkel, der Wind wehte das Laub von den Bäumen und wirbelte es durch die Luft. Ein Blatt strich an mir vorbei und ich zuckte zusammen.
»Alles okay?«, fragte er.
»Ich glaube schon. Danke noch mal. Bis morgen«, sagte ich und stieg in Das Boot.
Ich fühlte mich, als hätte ich die Geschichte meiner leiblichen Mutter durchlebt. Sie musste die Maeve Riordan auf meiner Geburtsurkunde sein. Sie musste es sein. Ich überlegte fieberhaft, ob mein Geburtsort darauf gestanden hatte – ob es Meshomah Falls gewesen war oder Widow’s Vale. Doch ich konnte mich nicht erinnern. Kannten meine Eltern die Geschichte? Wie hatten sie mich gefunden? Wie war ich adoptiert worden? Immer wieder dieselben Fragen.
Als ich den Motor meines Wagens anwarf, spürte ich, wie frischer Zorn in mir aufstieg. Sie hatten die Antworten und sie würden sie mir geben. Heute Abend. Einen weiteren Tag in diesem Zustand des Nichtwissens würde ich nicht überstehen.
Zu Hause parkte ich und stürmte zur Haustür. Dabei formulierte ich in Gedanken schon die Worte, die ich
sagen wollte, die Fragen, die ich stellen wollte. Ich trat durch die Haustür …
Und traf auf Tante Eileen und ihre Freundin, Paula Steen, die auf der Couch saßen.
»Morgan! «, sagte Tante Eileen und streckte mir die Arme entgegen. »Wie geht’s meiner Lieblingsnichte?«
Ich umarmte sie und Mary K. sagte: »Das hat sie zu mir auch gesagt.«
Tante Eileen lachte. »Ihr seid eben beide meine Lieblingsnichten. «
Ich lächelte und versuchte im Geiste, einen anderen Gang einzulegen. Eine Konfrontation mit meinen Eltern stand jetzt erst mal nicht mehr auf dem Programm. Und dann … dann wurde mir bewusst, dass Tante Eileen wusste, dass ich adoptiert war. Natürlich wusste sie es. Sie war schließlich die Schwester meiner Mutter. Wenn ich es mir recht überlegte, mussten alle Freunde meiner Eltern es wissen. Meine Mutter und mein Vater hatten immer schon hier in Widow’s Vale gelebt, und wenn meine Mutter nicht eine Schwangerschaft vorgetäuscht hatte, was ich mir nicht recht vorstellen konnte, wussten sie alle, dass ich plötzlich einfach so aus dem Nichts aufgetaucht war. Und dann, zwei Jahre später, hatte sie dann tatsächlich ein Kind bekommen: Mary K. O mein Gott, dachte ich entsetzt. Ich fühlte mich durch und durch gedemütigt und beschämt.
»Wir haben was vom Chinesen mitgebracht«, sagte Tante Eileen und stand auf.
»Essen ist fertig! «, rief meine Mutter aus dem Esszimmer. Ich hätte alles darum gegeben, nicht hineingehen zu müssen, aber es gab keine Möglichkeit, mich zu drücken. Also schwärmten wir hinein. Weiße Kartonverpackungen und Styroporbehälter waren auf dem Tisch verteilt.
»Hi«, sagte Mom und sah mir forschend ins Gesicht. »Du kommst gerade rechtzeitig.«
»Mhm«, sagte
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