Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Buch der Schatten 2

Das Buch der Schatten 2

Titel: Das Buch der Schatten 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tiernan Cate
Vom Netzwerk:
Hotchkiss leise. »Ich verstehe deinen Wunsch. Ich kann nicht behaupten, mir ginge es nicht genauso, wenn ich an deiner Stelle wäre. Aber ich sage dir, und ich spreche aus jahrelanger Erfahrung, dass es manchmal das Beste ist, die Vergangenheit ruhen zu lassen.«
    Tränen brannten in meinen Augen, auch wenn ich eigentlich nichts anderes erwartet hatte. »Verstehe«, flüsterte ich und hatte alle Mühe, nicht zu weinen.
    »Mein Liebes, die Wege des Herrn sind unergründlich«, sagte der Priester. Nicht zu fassen, dass er mir mit so einem Klischee kam. »Gott hat dich«, fuhr er fort, »aus einem bestimmten Grund zu deinen Eltern geführt, und ich weiß, dass sie dich über alles lieben. Er hat sie für dich ausgesucht und dich für sie. Es wäre klug, seine Entscheidung zu respektieren.«
    Ich saß da und dachte über seine Worte nach: Wie viel Wahrheit steckte darin? Dann wurde mir bewusst, dass noch andere Leute warteten und dass es Zeit wurde zu gehen. »Vielen Dank, Vater«, sagte ich.
    »Bete um Führung, mein Liebes. Ich werde dich in mein Gebet einschließen.«
    »Okay.« Ich huschte aus dem Beichtstuhl, zog meinen
Mantel an und trat durch das große Doppelportal in den strahlenden Novembersonnenschein. Ich musste nachdenken.
     
    Nach zahlreichen grauen Tagen war es schön, durch die Sonne zu spazieren und mit den Füßen das feuchte, braune Laub am Boden aufzuwühlen. Ab und zu schwebte ein goldenes Blatt um mich herum, und mit jedem Blatt, das herabfiel, verstrich eine weitere Sekunde auf der Uhr, die den Herbst in den Winter übergehen ließ.
    Ich ging durch die Innenstadt von Widow’s Vale und sah mir die Schaufenster an. Unsere Stadt war alt, das Rathaus wurde 1692 erbaut. Ab und zu fiel mir wieder auf, wie hübsch es war, wie pittoresk. Eine kühle Brise spielte mit meinem Haar, und ein Hauch vom Hudson River, der die Stadt begrenzt, stieg mir in die Nase.
    Den ganzen Weg nach Hause hatte ich lange und gründlich über das nachgedacht, was Vater Hotchkiss gesagt hatte. Ich sah ein, dass an seinen Worten etwas Wahres dran war, aber das hieß nicht, dass ich es akzeptieren konnte, nicht alles über meine leiblichen Eltern zu erfahren. Ich wusste nicht, was ich machen sollte. Vielleicht würde ich beim nächsten Kreisritual um Rat bitten.
    Gut drei Kilometer zu Fuß zu gehen hatte mich hübsch aufgewärmt und ich warf meine Jacke über einen
Stuhl in der Küche. Ich sah auf die Uhr. Wenn sich meine Familie wie immer am Sonntag beim Essen Zeit ließ, dann dauerte es sicher noch eine Stunde oder länger, bis sie kamen. Es war schön, das Haus eine Weile für mich zu haben.
    Ein Rums über meinem Kopf ließ mich erstarren. Seltsamerweise war mein erster Gedanke, Bree sei oben, womöglich mit Raven, und sie würden mein Zimmer mit einem magischen Spruch belegen oder so was in der Art. Ich weiß nicht, warum ich nicht an Einbrecher dachte oder an ein Eichhörnchen, das sich irgendwie ins Haus verirrt hatte … Ich dachte nur an Bree.
    Dann hörte ich ein Schlurfen und das laute Scharren, als würde ein Möbelstück verrückt. Leise öffnete ich die Tür zur Waschküche und holte mir meinen Baseballschläger. Dann trat ich mir die Schuhe von den Füßen und ging in Strümpfen nach oben.
    Als ich oben war, wusste ich, dass die Geräusche aus Mary K.s Zimmer kamen. Plötzlich hörte ich, wie sie sagte: »Au! Hör auf! Verdammt, Bakker!«
    Ich verharrte, unsicher, was ich tun sollte.
    »Geh runter«, sagte Mary K. wütend.
    »Ach, komm schon, Mary K.«, antwortete Bakker. »Du hast doch gesagt, du liebst mich. Ich dachte, das hieße …«
    »Ich hab dir gesagt, dass ich das nicht will! «, jammerte Mary K.

    Ich riss die Tür auf und erwischte Bakker Blackburn mit meiner Schwester auf ihrem schmalen Bett. Sie strampelte mit den Beinen.
    »Hey!«, sagte ich laut und die beiden fuhren zusammen. Ihre Köpfe schossen zu mir herum und sie starrten mich an. In Mary K.s Augen sah ich Erleichterung. »Du hast sie gehört«, sagte ich laut. »Runter da!«
    »Wir unterhalten uns nur«, sagte Bakker.
    Mary K. stemmte sich mit beiden Händen gegen seine Brust, doch er war stärker. Zorn kochte in mir hoch und ich hob den Schläger.
    Rums! Ich versetzte Bakker einen ordentlichen Schlag auf die Schulter, um seine Aufmerksamkeit zu wecken. So wütend war ich seit meinem letzten Streit mit Bree nicht gewesen.
    »Au!«, schrie Bakker. »Was machst du da? Bist du völlig durchgeknallt?«
    »Geh runter, Bakker!«, sagte Mary K. noch

Weitere Kostenlose Bücher