Das Buch der Schatten - Böse Mächte: Band 6 (German Edition)
fällt mir das Lernen leicht. Natürlich ist die Stärke und die Schwäche von Wicca, dass es immer noch etwas zu lernen gibt.
Ich habe diesen Eintrag gerade noch einmal gelesen, und ich kann es nicht glauben, dass ich über die Gesundheit einer alten Frau quassele, wo mein Leben gestern Abend schon wieder eine neue Richtung eingeschlagen hat. Clyda hat mich endlich einigen Mitgliedern ihres Hexenzirkels vorgestellt, Amyranth. Selbst jetzt, beim Niederschreiben des Namens, überzieht ein Frösteln meine Haut. Ich werde nicht lügen: Sie jagen mir Angst ein– durch ihren Ruf, durch ihre schiere Existenz. Und doch fühle ich mich sehr zu ihnen und ihrer Mission hingezogen. Ich hege nicht den geringsten Zweifel, dass ich dazu bestimmt bin, ihnen anzugehören. Vom Tag meiner Geburt an war ich gezeichnet, ein Mitglied Amyranths zu sein, und das zu leugnen hieße, mich selbst zu leugnen. Oh, ich muss… Clyda ruft mich.
– SB
Als ich Mary K. an der Kirche absetzte, standen nur vier Autos auf dem Parkplatz. Vor dreißig Jahren haben vermutlich mehr Menschen wochentags die Morgenmesse besucht, doch heutzutage ist es eher verwunderlich, dass Vater Hotchkiss sie überhaupt abhält.
» Willst du wirklich reingehen?«, fragte ich Mary K. » Möchtest du nicht lieber einen Kaffee mit mir trinken gehen?«
Meine Schwester schüttelte den Kopf, doch sie machte keinerlei Anstalten, aus dem Auto zu steigen.
» Was ist los mit dir, Mary K.?«, fragte ich. » Du wirkst in letzter Zeit sehr unglücklich. Ist es wegen Bakker?«
Wieder schüttelte sie den Kopf und schaute aus dem Fenster. » Nicht nur Bakker«, sagte sie schließlich. » Alle Jungs. Ich meine, sieh dir dich und Cal an. Und Bree und ihre vielen Lover. Typen sind einfach…«
» Verlierer?«, schlug ich vor. » Blödmänner? Idioten?«
Sie lächelte nicht. » Ich kapiere das einfach nicht«, sagte sie. » Es ist… Ich habe das Gefühl, ich möchte mich nie wieder mit einem Jungen verabreden. Ich möchte nie wieder so schutzlos sein. Und das finde ich schrecklich. Ich will nicht mein ganzes Leben lang allein sein.«
Ich machte den Mund zu, bevor ich etwas Dummes sagen konnte, wie etwa: Du bist erst vierzehn, mach dir keine Sorgen.
» Ich weiß, wie du dich fühlst«, sagte ich stattdessen.
Sie sah mich bekümmert an und ich nickte.
» Manchmal geht es mir auch so. Ich meine, Cal war mein erster Freund, und sieh dir an, was für ein Missgriff er am Ende war. Wie kann ich mir nach so etwas je wieder bei einem Jungen sicher sein?«
» Bei Hunter kannst du dir sicher sein«, erwiderte sie. » Er ist ein guter Typ.«
» Das glaube ich auch. Aber dann denke ich: Bei Cal habe ich auch gedacht, er wäre ein guter Typ.« Ich verzog das Gesicht. » Weißt du, was wirklich krank ist?«
» Was?«
» Ich vermisse Cal. Ich hatte das Gefühl, ich würde ihn kennen, ich würde ihn verstehen. Jetzt weiß ich, dass er mich angelogen hat, er hat mich benutzt und an der Nase herumgeführt. Aber damals hat es sich nicht so angefühlt, deshalb erinnere ich mich auch nicht auf diese Weise daran. Ich fühle mich zu Hunter hingezogen, richtig zu ihm hingezogen, aber ich habe das Gefühl, ich kenne ihn nicht und werde ihn niemals kennen.«
Niedergeschlagen saßen wir in Das Boot. Statt meine Schwester aufzumuntern, hatte ich mich selbst auch noch runtergezogen. » Es tut mir leid«, sagte ich. » Ich wollte dir nicht auch noch meine Probleme aufhalsen.«
» Willst du mit mir in die Messe gehen?«, fragte Mary K. mit einem Anflug von Humor.
» Nein.« Ich lachte kurz auf. » Willst du mit mir zu Practical Magick fahren?«
» Nein. Also, dann gehe ich wohl besser mal rein. Ich gehe nachher zu Fuß nach Hause. Danke fürs Fahren.«
» Jederzeit.«
» Und auch danke fürs Reden.« Sie lächelte mich auf ihre süße Art an. » Du bist eine tolle Schwester.«
» Du auch.« Ich liebte sie sehr. Sie stieg aus und ging die Stufen zur Kirche hoch, und ich legte den ersten Gang ein und bog Richtung Norden ab, um nach Red Kill zu Practical Magick zu fahren.
Eigentlich hatte ich Weihnachtsgeschenke kaufen wollen, doch als ich schließlich im Laden stand, merkte ich, dass ich nicht in der Stimmung dazu war. Ich hab noch Zeit, sagte ich mir. Für Mary K. würde ich die Ohrringe kaufen, dann war meine unmittelbare Familie schon mal versorgt. Blieben nur noch meine Tante Eileen und ihre Freundin Paula, meine Tante Margaret, ihr Mann und ihre Kinder… und Robbie. Alles, was danach kam, war
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