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Das Buch der Schatten: Roman (German Edition)

Das Buch der Schatten: Roman (German Edition)

Titel: Das Buch der Schatten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aaron E Lony
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hetzen. – Der Jüngste Tag, er wird sich ankündigen durch schreiende Babys. Eine Nacht und einen Tag werden sie ununterbrochen schreien. Kein Arzt wird ihnen zuhilfe kommen können. Am Ende dieses Tages werden sie sterben. Trauer, die euch in jenen Momenten blind machen wird. Dann wird es neben euch stehen, das Böse. Achtet auf die Vögel. Weder sehen, noch hören werdet ihr sie können. Doch tot werden sie vom Himmel fallen. Achtet auf den Mond. Mehr und mehr wird er sich verfärben. Bis er rot ist wie das Blut. Euer Blut. Er wird es an sich saugen, eure Körper werden verfallen und verwesen. – Dies ist Gottes Gericht! Dies ist der letzte Augenblick, in dem ihr das Licht Gottes erblicken werdet.“
    Rouvens letzte Silben hallten wider und verstarben gleichzeitig mit den Orgeltönen in einer Stille voller Verwirrtheit und Erschrockenheit. Verständnislos hatten sie alle seinen Worten gelauscht. Nun warteten sie darauf, daß er, wie beim ersten Mal, die Stufen der Galerie herabschreiten würde. Doch nichts war zu hören. Bis auf ein leises Klicken. Kaum wahrnehmbar, dennoch gut vernehmlich. Mr. Larsen sah dies als Anlaß, aufzustehen. Langsam begab er sich zu den Stufen, stieg noch langsamer zu dem Orgelplatz empor. Sämtliche Augen verfolgten ihn mit wachsender Spannung. Keine Minute verging, kam er wieder zurück. Ein Tonbandgerät in der Hand.
    Die schwere Eichentür wurde geöffnet. Eine ältere Dame, gefolgt von einem jüngeren Herrn betraten die Kirche. Erfreut sprang eines der Kinder in den vorderen Reihen auf. Strahlend lief es ihnen entgegen. Stimmen machten sich bemerkbar. Es wurde laut. Von Minute zu Minute. Der schweigsame Bann schien gebrochen zu sein. Der Eingang war noch nicht ins Schloß gefallen, wurde das Tor wieder aufgedrückt. Weitere Eltern betraten den Messesaal. Die meisten Kinder waren schon aufgestanden. Ein wirres Durcheinander entstand. Dumpkin erhob sich ebenfalls von seinem Platz. Im selben Augenblick trat Melanie auf den Mittelgang. Beinah wären sie zusammengestoßen. Erschrocken fuhr Dumpkin zurück. Über Melanies Mund flog ein leichtes Lächeln. Sie ließ Dumpkin nicht die Chance, etwas zu sagen. Gewandt schlängelte sie sich durch die Menge.
    „Dumpkin“, rief Ellinoy seinen Freund. Dumpkin drehte sich um. Ellinoy deutete ihm an, auf ihn zu warten.
    „Ich muß mir unbedingt das Bild ansehen“, flüsterte er ihm zu. „Warten wir, bis die meisten draußen sind.“ Dumpkin wollte eigentlich Melanie folgen, doch wollte er auch seinen Freund nicht im Stich lassen.
    „O . k.“, nickte er ihm zu. Fragend sah er auf Showy, dann auf Champy.
    „Würde ein bißchen auffallen, wenn wir auch –“
    „Ist schon in Ordnung“, erwiderte Dumpkin. „Wir kommen so schnell wie möglich nach. Treffen wir uns in unserem Zimmer.“
    Showy klopfte Dumpkin auf die Schulter. Champy zwinkerte ihm zu und verschwand mit Showy in dem Getümmel. Langsam schlenderten sie dem Altar entgegen. Merkwürdigerweise hielt keiner der Lehrer sie dabei auf. Ellinoy konnte es nicht mehr erwarten, das Gemälde zu Gesicht zu bekommen. Irgendwie hatte er das bedrängende Gefühl, daß es sehr stark mit dem zusammenhing, was Rouven auf das Tonband gesprochen hatte. Jäh blieben sie stehen.
    Sie hatten das Bild noch so in Erinnerung, wie sie es am Anfang betrachtet hatten. Ein Engel, ein Knabe und eine Schlange. Der Engel reichte dem Knaben ein schwarzes Buch entgegen. Der Hintergrund hatte das unendliche Universum dargestellt. Von all dem war nichts mehr zu sehen. Das Bild war beinah gänzlich verschwunden. Nur noch geringe Spuren, die sich auf der Wand abzeichneten. Sie standen da, nur da und starrten auf die wenigen Konturen, die immer weniger zu werden schienen. Plötzlich, längst hatte der letzte schon die Kirche verlassen, vernahmen sie hinter sich ein leises Geräusch. Ein kalter Luftzug wehte ihnen in den Nacken. Das Tuch, mit dem der Altar zugedeckt war, begann sich zu bewegen. Der Luftzug wurde stärker, das Geräusch mit jedem Atemzug lauter. Bestürzt drehten sie sich um. Im selben Moment wurde das Tuch vom Altar gerissen.
    „Weg!“ schrie Ellinoy entsetzt. Gleichzeitig rannte er los. Den Mittelgang entlang auf das Eichentor zu. Dumpkin zögerte einen Augenblick. Einen Augenblick zu lange. Ehe er begriff, was geschah, kam es zum Vorschein. Es gelang ihm nicht mehr, wegzusehen. Starr blickte es ihn an, dieses Gesicht. Von Fasern durchzogen. Zwei dunkle schwarze Löcher. Die Lippen eingefallen, wie

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