Das Buch der Schatten: Roman (German Edition)
Spurenelemente unter dem Mikroskop gefunden, die niemals von einer lebenden Substanz sein können“, antwortete Melby. „Eine Zusammensetzung, die aus bakterieller Fäulnis besteht, die sich immer wieder zu regenerieren scheint. Bei Toten tritt dieser Prozeß kurz nach der Leichenstarre ein.“
„Sie – Sie meinen, wir – wir haben es mit – mit einem – einem Toten zu tun?“
„Ich weiß es nicht“, erwiderte Melby zögernd. „Nehmen Sie sich auf jeden Fall in acht. Ich habe bei der ganzen Sache kein gutes Gefühl.“
Wilson strich sich mit dem Handrücken über die Stirn. „Sie müssen sich irren“, hauchte er. „Es kann nicht sein, daß Goodman recht gehabt hatte.“
„Ich wünschte, es wäre so“, entgegnete Melby. „Bei Gott, ich wünschte, es wäre so.“
Wilson streckte dem Arzt die Hand entgegen. „Ich danke Ihnen, Dr. Melby“, sagte er zu ihm. „Bitte, sagen Sie niemandem etwas von Ihrer Entdeckung. Ich möchte nicht, daß Panik in Mountain-City ausbricht. Sie wissen ja, wie die Menschen hier sind.“
„Mein Wort darauf“, versicherte Melby. „Ich nehme an, Sie werden sich nun auf den Weg in das Internat machen“, bemerkte er darauf.
Wilson nickte. „Ich denke, daß ich dort einmal anfangen werde.“
Svensen war so in den Akten vertieft, daß er Wilsons Herannahen erst bemerkte, als dieser die Wagentür öffnete. Schwer ließ sich der Sheriff in den Sitz fallen.
„In dem Bericht ist von einem Ungeheuer die Rede“, waren Svensens erste Worte. „Ist wohl ein kleiner Scherz von diesem Goodman, oder?“
Wilson blickte den Officer mit zusammengekniffenen Augen an. „Gehen wir davon aus, Goodman hat die Wahrheit gesagt, was würden Sie als allererstes unternehmen?“
Svensen zuckte mit der Schulter. „Ich würde mir das Internat mal etwas näher ansehen. Es ist ja nur vier oder fünf Kilometer von hier entfernt.“
„Gut“, erwiderte Wilson gepreßt. „Dann fahren wir jetzt in das Internat.“
„Eduard Lony, Cloud Wallis, Arth Champ, Jean Hensen“, las Svensen die Namen vor, nachdem sie am Ortsschild vorbeigefahren waren. „Sie hatten sie aufgeschrieben, weil sie zusammen das Internat betreten hatten.“
„Rouven Blandow“, setzte Wilson fort. „Ihn habe ich aufgeschrieben, weil er vermißt wird.“
„Das war doch nicht Ihr Ernst gewesen, das mit dem Ungeheuer“, bemerkte Svensen nach einigen Minuten, als sie von der Straße ab in einen schmalen Fahrweg einfuhren. Wilson gab keine Antwort. Abrupt trat er auf das Bremspedal.
„Spuren“, sagte er nur. Gleichzeitig verließen sie das Fahrzeug. Der Wind war auf dieser Höhe noch kälter. Fröstelnd zog Svensen seinen Mantel enger zusammen.
„Das könnten Reifenspuren von einem Rangerover sein“, meinte Wilson sofort. „Sie sind noch verhältnismäßig frisch. Vielleicht erst zwei, drei Stunden alt.“
Svensen warf einen Blick auf seine Uhr. „Jetzt haben wir halb fünf Uhr“, sagte er. „Ungefähr um zwei Uhr war es, als ich den Rangerover davonfahren sah.“
„Von hier aus sind es ungefähr noch drei Kilometer bis zum Internat“, erwiderte Wilson. „Fahren wir noch ein Stück, den Rest gehen wir dann zu Fuß.“
Der Wald wurde zunehmend dichter. In den vergangenen siebzehn Jahren hatten sich die Äste weit in den Fahrweg hineingewachsen. Ab und zu streiften sie seitlich an dem Fahrzeug. Ungefähr einen Kilometer hatten sie zurückgelegt, als plötzlich vor ihnen eine Brücke auftauchte. Der Graben, der zum Schutz gegen ungebetene Gäste von den Mönchen geschaffen wurde. Als das Kloster dann zu einem Internat umfunktioniert wurde, war eine Holzbrücke über diesen Graben gebaut worden. Dicht davor stoppte Wilson seinen Wagen.
„Sie ist schon sehr alt“, sagte er zu sich selbst.
„Die Spur des Rangerovers führt ebenfalls hinüber“, erwiderte Svensen, der das Gemurmel seines Vorgesetzten gut verstanden hatte.
„Trotzdem“, entgegnete er, sich Svensen zuwendend. „Möchte sie mir etwas genauer ansehen. Sicher ist sicher.“ Wilson stieg aus. Svensen folgte ihm. Er begab sich auf die rechte Seite der Brücke. Wilson begann, an der Konstruktion zu zerren.
„Sie gibt keinen Millimeter nach“, bemerkte darauf Svensen, der sich auf den Boden gekniet hatte. „Ich denke bestimmt, sie wird halten.“
Wilson ließ seinen Blick über die Oberfläche gleiten. Die Balken schienen alle noch in bester Ordnung zu sein. Wortlos begab er sich in den Wagen zurück. Svensen begann indessen, die Brücke
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