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Das Buch der Schatten: Roman (German Edition)

Das Buch der Schatten: Roman (German Edition)

Titel: Das Buch der Schatten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aaron E Lony
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wurde. Einige schweigsame Minuten verstrichen, in denen Rouven seinen Angreifer nur mit dem Willen von sich hielt. Plötzlich machte sich ein lautes Geräusch nicht weit entfernt von ihnen bemerkbar. Erschrocken drehte Eduard sich nach dem alten Mann um. Er war verschwunden. Cloud hatte Mühe, sich von Rouven abzuwenden. Dieser wandte sich in die Richtung des Geräusches. Eduard starrte auf den Fremden, der auf sie zugeschritten kam. Eingehüllt in einen bräunlichen Mantel, den Kragen weit in das Gesicht gezogen, das Haupt durch einen gleichfarbigen Hut verdeckt, war der Fremde nicht zu erkennen. Das rechte Bein schleifte er hinter sich her. Es war steif. In einer Distanz von nur zwei Metern blieb der Fremde vor Rouven stehen.
    Ohne es zu wollen, machte Cloud mehrere Schritte zurück.
    „Jerajisa wartet auf dich! Eremod“, sprach der Fremde. Seine Stimme klang hart, befehlerisch. „Überlaß sie der Erde, ihrem Schicksal. Bifezius ist seinem Wahnsinn erlegen.“ Der Fremde drehte sich um und schritt einfach wieder davon. Rouven machte keine Anstalten, ihm zu folgen. Gefaßt blickte er ihm nur hinterher.
    Ein markerschütternder Schrei ließ die beiden Freunde zusammenfahren. Er kam aus dem Inneren des Internatsgeländes. Nur zaghaft lenkten sie ihre Blicke in dessen Richtung.
    „Mein Gott“, entfuhr es Cloud. Durch den lichten Wald sahen sie, wie Flammen meterhoch in den nächtlichen Himmel züngelten.
    „Die Kirche“, flüsterte Eduard. „Verdammt!“ schoß es ihm darauf blitzartig durch den Kopf. „Das Auto, wir müssen es in Sicherheit bringen.“
    „Rouven“, rief Cloud beinah zu laut, als er sich nach ihm umdrehte. „Er ist weg!“
    Eduard starrte auf die Stelle, an der Rouven noch wenige Sekunden zuvor gestanden hatte. Angestrengt versuchten sie, die Dunkelheit zu durchdringen. Von Rouven war weit und breit nichts zu sehen. Mehrere Momente blickten sie sich gegenseitig in die Augen.
    „Verschwinden wir“, schlug Eduard darauf vor. Cloud nickte nur. Teils mit Erleichterung, teils verzweifelt darüber, nicht das erreicht zu haben, was sie sich eigentlich vorgenommen hatten, begaben sie sich auf das Eingangstor zu.
    „Sieh mal“, entfuhr es Cloud, als sie den Fahrweg betraten. Erregt machte er seinen Freund auf das Eisentor aufmerksam, das den Weg zum Ahnenfriedhof versperrte. Bis zum Anschlag stand es geöffnet. Aber nicht das war es, was Clouds Aufmerksamkeit in Anspruch nahm. Von einem seltsamen bläulichen Schimmer wurde die Öffnung erfüllt. Eduard zögerte keinen Augenblick. Vorsichtig begann er sich dem Eisentor zu nähern. Mit jedem Schritt, dem er diesem seltsamen Licht näher trat, war ihm, als würde er von etwas ergriffen, das sich seiner Wißbegier widersetzen wolle. Cloud folgte seinem Freund in kurzem Abstand. Ihm widerfuhr dasselbe Gefühl. Dieselbe innere Stimme, die ihn förmlich anzubrüllen schien, von ihm verlangte, sich von diesem übernatürlichen Ereignis fernzuhalten. Zu groß war die Neugierde, die selbst sogar die Angst in ihnen verdrängte.
    Eduard stand, wie zu einer Säule erstarrt, vor dem Tor. Das Licht hatte ihn ergriffen, das sich dem gesamten Weg entlangstreckte. Nichts hatte sich in den vergangenen Jahren darin verändert. Die bizarren Bäume, die links und rechts von dem Weg standen, dessen Äste, die sich wehrend wie eine Brücke über dem schimmernden Kies erstreckten. Alles war noch, wie er es in Erinnerung hatte. Inmitten dieses Weges, dieses bläulichen Lichtes, befand sich Rouven. Langsam, erhobenen Hauptes schritt er ihn entlang, schien das Licht zu teilen, daß es sich nach ihm augenblicklich wieder verschmelzen konnte. Mit jedem Schritt, den Rouven hinter sich brachte, schien er um vieles weiter entfernt zu sein. Es galt keine Zeit, kein Augenblick war länger, als der des gegenwärtigen. Mit einem Male begann das Licht seine Intensität zu verlieren. Es verblaßte, wurde kleiner. Die ersten Bäume wurden schon nicht mehr davon beleuchtet. Dunkel, drohend blieben sie zurück. Nacheinander, bis nur noch Rouven von dem Licht ergriffen war. Auch dieses wurde weniger, es löste sich auf, wie auch Rouven, der denselben Weg des Lichtes zu haben schien. Gänzlich lag der Weg in völliger Dunkelheit vor ihnen. Als sei niemals etwas gewesen. Totenstille herrschte, die das eben Erlebte noch unterstrich.
    Waren es Sekunden, Minuten oder gar Stunden? Sie wußten es nicht. Eduard drehte sich einfach um, als würde eben der Vorhang eines Theaters fallen, der den

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