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Das Buch der Schatten: Roman (German Edition)

Das Buch der Schatten: Roman (German Edition)

Titel: Das Buch der Schatten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aaron E Lony
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vernahmen sie Schritte, entfernte Schritte. Ellinoy zuckte zusammen. Wieder sah er dieses Gesicht vor sich. Dumpkin schob vorsichtig ein paar Äste zur Seite.
    „Pater Richmon“, zischte er. Ellinoy trat erleichtert neben ihn. Soeben verschwand der Pater auf der anderen Seite der Kirche.
    „Mist!“ entfuhr es Dumpkin. „Was macht der noch hier?“
    „Ich traue ihm nicht über den Weg. Keinen Zentimeter“, raunte Ellinoy seinem Freund ins Ohr.
    „Ich auch nicht“, erwiderte Dumpkin und zog sein Messer aus der Tasche. Ein leichter Druck, und die Klinge schnellte aus dem Schaft. „Sicher ist sicher“, meinte er. Langsam ließ er die Äste wieder zurück. „Warten wir“, bestimmte er darauf. „Ich will es noch heute nacht!“
    Ellinoy nickte. „Wir! – Nicht Rotschopf!“
    „Ist dir auch schon aufgefallen“, entgegnete Dumpkin, „daß, seitdem Rotschopf hier ist, sich alles verändert hat?“ Nervös spielte Dumpkin mit seinem Messer, indem er die Klinge flach über seinen Handrücken strich.
    „Mit ihm kam er.“ Ellinoy warf einen Blick in die Richtung der Kirche.
    „Rotschopf hat diesen Jeremie auf dem Gewissen. Rotschopf war dabei, als er von dem Turm – verdammt!“ Dumpkin schluckte. Mehrmals. „Der Turm, Rotschopf war auf dem Turm“, stammelte er. „Was hatte er dort zu suchen?“ Seine Lippen bebten. Ellinoy sah Dumpkin mit entgeisterten Blicken an. Blut tropfte auf die Erde. Dumpkin bemerkte nicht, wie er sich selbst den Handrücken aufgeschlitzt hatte. Ellinoy blickte unentwegt auf seine Hand. Dumpkin folgte seinen Blicken. Erst jetzt verspürte er den Schmerz, der rasend zu pochen begann. Ihm stockte der Atem. Mit jedem Pochen wurde der Schmerz stärker. Das Blut quoll förmlich aus der Wunde. Dumpkin hob langsam seine Hand. Das Messer glitt ihm zu Boden. Ellinoy zog sein Taschentuch hervor. Nur einmal hatte er es benützt. Sachte legte er es auf die blutende Wunde.
    „Das fehlte uns noch“, stöhnte Ellinoy. Dumpkin war nicht imstande, ein Wort über die Lippen zu bringen. Fassungslos stierte er auf das Blut, das die Erde befeuchtete.
    „Dein Taschentuch“, raunte Ellinoy. „Hast du eines dabei?“
    Dumpkin nickte. Mühevoll zog er es aus der Hosentasche. Mit diesem machte Ellinoy einen Verband. Langsam kam das Blut zum Stocken.
    Schritte hallten wieder durch die Nacht. Dumpkin horchte auf. Für einen Moment vergaß er den stechenden Schmerz. Ellinoy schob die Äste auf die Seite. Pater Richmon hatte durch den Nebeneingang die Kirche verlassen. Gemächlich schlenderte er über den Hof in Richtung des Lehrerhauses.
    „Richmon ist weg“, leitete Ellinoy seine Beobachtung weiter. Dumpkin war eben im Begriff, sein Springmesser aufzuheben.
    „Ich bin wieder o . k.“, entgegnete Dumpkin. Der Schmerz machte ihm sehr zu schaffen, doch er versuchte so ruhig zu klingen, wie es nur ging. Das Verlangen nach dem Buch war es, das ihn hartnäckig weitertrieb.
    „Gehen wir“, sagte er verbissen. „Ich muß mich davon überzeugen, ob sich das Buch unter der sechsundsechzigsten Stufe befindet.“ Dumpkin schwankte ein wenig, als er hinter dem Gebüsch vortrat. Nach ein paar Metern hatte er sich jedoch wieder gefangen. Ellinoy blieb nichts anderes übrig, als seinem Freund zu folgen. Andauernd blickte er um sich. Jeder kleine Schatten, der durch den hellen Schein des Mondes verursacht wurde, versetzte ihm einen Stich in die Magengegend. Hinter jedem Strauch oder Baum sah er die Gestalt, das Gesicht, vor sich treten.
    Dumpkin hielt direkt auf den Holzverschlag zu, durch den sie die Kirche schon einmal betreten hatten. Vorsichtig, sehr vorsichtig öffnete er die Tür. Nur einen Spalt, so daß sie in den kleinen Raum eindringen konnten. Ellinoy drückte die Tür sorgfältig hinter sich wieder zu. Regungslos blieben sie stehen. Ellinoy war es, als höre er sein Herz pochen. Die Tür zum Altar war nur angelehnt. Dumpkin drückte sie langsam auf. Das flackernde Licht der Kerzen erhellte ihn.
    „Niemand zu sehen“, flüsterte er. Ellinoy knipste seine Taschenlampe an. Jeden Winkel suchte er ab. Das Gesicht verfolgte ihn. Überall schien es zu sein, ihn zu rufen, nach ihm greifen.
    „Hast du was gesagt?“ fragte Dumpkin, der die Tür wieder zuzog.
    „Nein – nein“, erwiderte er verstört. Zögernd setzte er einen Fuß auf die erste Stufe.
    „Wir müssen sie zählen“, sagte Dumpkin. „Unter der sechsundsechzigsten Stufe –“
    „Die letzte ist die sechsundsechzigste“, unterbrach ihn

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