Das Buch der Schatten - Schwarze Seelen: Band 7 (German Edition)

verbunden. Noch nie habe ich die Vision eines anderen gesehen, wenn er wahrsagte.«
    »Ist das ein Problem? «, fragte ich unsicher.
    »Nein «, sagte er. » Es liegt einfach daran, dass dein Wahrsagen so machtvoll ist. « Er zog mich auf die Couch neben sich und schlang die Arme um mich. » Du bist eine Seherin. « Er drückte mir einen Kuss auf beide Augenlider. » Und ich erstarre in Ehrfurcht. Bin fast sogar ein wenig… gedemütigt.«
    »Fast? « Ich konnte nicht anders, ich war ganz aufgeregt, ein magisches Kunststück vollbracht zu haben, das Hunter sprachlos machte.
    »Also, du weißt ja, Demut ist nicht ganz mein Stil «, gestand er mit einem Grinsen.
    »Ist mir schon aufgefallen.«
    »Und Killians auch nicht «, sagte er und wurde wieder ernst. Er stieß die Luft aus und lehnte sich gegen die Rückenlehne der Couch. » Wenigstens wissen wir jetzt, dass er lebt. Er schien auch nicht verletzt zu sein. Aber er sah aus, als hätte er Angst. Der Raum, in dem er war– hast du ein Gefühl dafür bekommen, wo das sein könnte?«
    Ich schüttelte den Kopf. » Nein.«
    »Ich wüsste zu gern, warum die Vision so schnell ausgelöscht wurde und warum sie nicht wiedergekommen ist. Es ist fast so, als wollte jemand verhindern, dass du sie siehst.«
    »Vielleicht Killian selbst «, sagte ich. » Er hat mich angesehen, weißt du noch? Vielleicht hat er gespürt, dass ich nach ihm wahrsage. Glaubst du, er besitzt genug magische Kräfte, um eine Vision zu unterbinden?«
    »An magischen Kräften fehlt es ihm eher nicht, vermute ich «, meinte Hunter seufzend.
    »Es muss eine Möglichkeit geben, ihn zu finden.«
    »Warte mal kurz «, sagte Hunter. » Das Fenster gegenüber von ihm. Hast du die Kirchturmspitze erkannt, die man durchs Fenster sehen konnte?«
    »Oh! «, rief ich. » Das war ein Kirchturm.«
    »Ja. Und auf seinem Gesicht war ein rötliches Licht, deswegen bin ich mir ziemlich sicher, dass das Fenster nach Westen ging. Und, wo auch immer er ist, es muss so weit im Westen sein, dass der Sonnenuntergang nicht von vielen hohen Gebäuden blockiert wird.«
    »Wow. « Ich war beeindruckt von seinen Schlussfolgerungen.
    Er wirkte angespannt und eifrig. » Ich glaube, ein Gebäude, das diese Bedingungen erfüllt, könnte ich finden– weit im Westen der Stadt mit einem Fenster nach Westen, gegenüber einer grauen Steinkirche.«
    »Das klingt nach sehr viel Lauferei.«
    »Vielleicht fällt mir morgen noch etwas ein, um es weiter einzugrenzen. Hör zu, es gibt da noch einen Kontakt, den ich heute Abend gern aufspüren möchte. Ich weiß nicht, wann ich zurückkomme.«
    Ich schaute auf meine Uhr. Es war sechs. » Willst du damit sagen, dass ich nicht auf dich warten soll?«
    Hunter wirkte, als tue es ihm ehrlich leid. » Ich fürchte, ja. « Er zog Jacke und Schal an und küsste mich. » Ich komme so schnell wie möglich wieder.«
    Robbie war der Erste, der im Apartment auftauchte. Nachdem wir uns getrennt hatten, war er ins Village spaziert, wo er in ein Schach-Café in der Nähe des Washington Square Parks gegangen war. » Bin von einem siebzigjährigen Großmeister geschlagen worden «, berichtete er mit einem zufriedenen Grinsen. » Sehr lehrreich.«
    Bree, Raven und Sky kamen ein paar Minuten nach Robbie– irgendwann am Nachmittag hatte Raven sich wohl mit den anderen beiden getroffen. Bree war gereizt und mürrisch, doch Raven und Sky schienen gut miteinander klarzukommen. Wir bestellten was beim Chinesen, und dann gingen Raven und Sky noch weg, um ein paar Goth-Freunde von Raven zu besuchen, während Robbie, Bree und ich uns im Bezahlfernsehen einen Hong-Kong-Action-Streifen ansahen. Ein aufregender Freitagabend in der großen Stadt.
    Wann auch immer Hunter zurückkam, ich bemerkte es nicht, denn da schlief ich bereits tief und fest.
    Am Samstagmorgen wachte ich vor Bree auf. Raven war nicht im Zimmer, und als ich meine Sinne auswarf, spürte ich, dass sie bei Sky im Arbeitszimmer war. Leise zog ich Jeans und einen Pullover an und fand Hunter in der Küche, wo er gerade einen Teller und eine Tasse abwusch.
    » Morgen «, sagte er. » Soll ich dir eine Tasse Tee machen, bevor ich gehe?«
    » Das müsstest du eigentlich besser wissen «, sagte ich und holte mir eine Cola light aus dem Kühlschrank.
    » Igitt «, meinte er. » Also, ich mache mich mal auf den Weg. Das wird wohl ein langer Tag werden, wenn ich die graue Steinkirche finden will und ein Gebäude mit Fenstern, die nach Westen gehen.«
    » Klingt, als könnte