Das Buch der Schatten - Schwarze Seelen: Band 7 (German Edition)
mitgebracht«, verkündete Bree. Als ich in den Rückspiegel schaute, sah ich, dass sie eine große weiße Papiertüte hochhielt. Dabei kriegte sie es hin, verschlafen und wunderschön zugleich auszusehen. Sie und Robbie, mit dem wir seit der Grundschule befreundet waren, hatten vor Kurzem was miteinander angefangen– gewissermaßen. Robbie war schwer verliebt in Bree, doch als er ihr das sagte, war sie » ganz hibbelig« geworden, wie Robbie sich ausgedrückt hatte. Ja, sie traf sich weiter mit ihm. Doch was genau sie für ihn empfand, war mir ein Rätsel. Nicht dass ich eine Expertin in Sachen Beziehung war. Hunter war erst mein zweiter Freund.
» Hast du welche mit Zitrone und Mohn?«, fragte Raven und kramte in der Muffintüte. » Willst du auch einen, Sky?«
» Ja, gern«, antwortete Sky gähnend.
Sky und Raven waren Gegensätze in Person. Sky war schlank, blass und blond, hatte ein Faible für androgyne Kleidung und besaß eine zarte Schönheit, die ihre beträchtliche Kraft verschleierte. Raven, die regierende Goth-Queen von Widow’s Vale, bevorzugte einen » Böses Mädchen«-Kleidungsstil, der sehr wenig der Fantasie überließ. Im Augenblick trug sie ein enges schwarzes Kunstleder-Bustier, das den Flammenkreis, den sie sich um den Bauchnabel hatte tätowieren lassen, freiließ. Ein purpurroter Knopf auf ihrem Nasenflügel blitzte auf, als sie den Kopf drehte. Das Interessante war, dass Raven nach einer langen Liste von männlichen Eroberungen jetzt mit Sky zusammen war. Und Sky war in Raven verliebt. Ein klarer Fall von Gegensätze ziehen sich an.
Hunter nahm ein Cranberry-Muffin von Bree und steckte mir ein Stück in den Mund, während ich mich durch den quälenden Verkehr auf der Brücke schlängelte. » Danke«, murmelte ich mit vollem Mund, und er wischte mir einen Krümel aus dem Mundwinkel. Unsere Blicke begegneten sich und hielten einander fest, und als ich das Begehren in seinem Blick sah, schoss mir das Blut in die Wangen.
» Ähm, Morgan?«, sagte Robbie von hinten. » Die Straße führt da lang.« Er zeigte durch die Windschutzscheibe nach vorn.
Immer noch mit roten Wangen zwang ich meine Aufmerksamkeit wieder auf die Straße und versuchte zu ignorieren, was es mit meinen Nervenenden anstellte, so nah bei Hunter zu sein. Doch ich musste unaufhörlich darüber nachdenken, wie es sein würde, mit ihm in der Wohnung von Brees Vater zu übernachten.
Mr Warren war ein erfolgreicher Anwalt, dessen Mandanten aus der Stadt New York und dem nördlichen Teil des Staates kamen. Seine Wohnung lag in den East Twenties, und auch wenn wir sie nicht für uns hatten, kam es mir doch wild und romantisch vor, mit Hunter in einer Wohnung in New York City zu sein. Ich stellte mir uns im großen Schlafzimmer vor, wie wir bei Nacht den Blick über die Skyline von Manhattan schweifen ließen.
Und dann?, fragte ich mich erschrocken. Hunter bemerkte meine plötzliche Unruhe und nahm die Hand von meinem Oberschenkel. » Was ist?«, fragte er.
» Nichts«, antwortete ich schnell.
» Ganz sicher?«
» Ähm… ich will im Moment nicht darüber reden«, sagte ich.
» Meinetwegen.« Ich spürte, wie Hunter mit Bedacht seine Sinne von mir löste, damit ich in Ruhe meinen eigenen Gedanken nachgehen konnte.
Cal war mein erster Freund gewesen, schön, charismatisch und verführerisch. Nicht nur das, er hatte mich auch in die Magie mit ihrer ganzen Schönheit eingeführt. Er hatte gesagt, wir wären mùirn beatha dàns, Seelengefährten. Und ich hatte ihm glauben wollen. Ich wollte mit jeder Faser meines Seins mit ihm zusammen sein, und doch war ich nicht bereit gewesen, den letzten Schritt zu gehen und mit ihm zu schlafen. Jetzt fragte ich mich, ob ein Teil von mir von Anfang an gewusst hatte, dass Cal mich anlog und manipulierte. Es machte meine Trauer um ihn unendlich kompliziert, denn es durchsetzte sie mit Groll und Wut.
Hunter war anders. Ich liebte ihn, vertraute ihm und fühlte mich restlos und mit jeder Faser zu ihm hingezogen. Warum hatte ich dann also Angst bei dem Gedanken, mit ihm ins Bett zu gehen? Ich schaute in den Rückspiegel und betrachtete meine Freunde. Robbie war genau wie ich noch Jungfrau, doch ich war mir ziemlich sicher, dass er es jetzt, da er mit Bree zusammen war, nicht mehr lange bleiben würde. Er war unglaublich scharf auf sie. Was mit Sky war, wusste ich nicht, doch Bree hatte ihre Jungfräulichkeit in der zehnten Klasse verloren, und Raven… also, bei Raven konnte ich mir gar nicht
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