Das Buch der Sünden
Verfolgung auf.
40.
Gott führte seinen Knecht zum Dämon Ira.
Das Wüten des Berserkers auf dem Marktplatz nicht zu überhören. Den Geräuschen folgend, rannte Odo durch die Gassen, bis an den Rand des Marktes, der um diese Zeit verlassen war. Hinter einer Marktbude ging er in Deckung.
Er beobachtete fasziniert, wie Draupnir einen Stand nach dem anderen zerlegte. Die Wut des Dämons war gewaltig, so wie seine Kraft. Das unbeherrschte Temperament, der Zorn! Der Berserker wütete wie ein blutgieriges Raubtier. Er trat Holzgerüste um, riss Verschläge auf und zerschmetterte alles, was ihm in die Hände kam: Schüsseln, Becher, Werkzeuge und Gussformen. Eine Spur aus zersplittertem Holz und Scherben zeichnete seinen Weg über den Marktplatz.
Draupnir arbeitete sich auf die Bude zu, hinter der Odo sich versteckt hielt. Rasch holte Odo das Messer wieder hervor und überlegte fieberhaft, wie er den Wütenden überwältigen könnte, ohne selbst in dessen Hände zu geraten.Die Messerklinge glänzte im Mondlicht. Die Kehle! Er musste die Kehle durchtrennen.
Ein leises Geräusch ließ Odo herumfahren. Erst jetzt bemerkte er die Gestalt, die keine fünf Schritte von ihm entfernt hinter einem leeren Fass hockte. Es war Mardöll, die vor Angst wie gelähmt zu sein schien. Sie biss in ihre Faust und schluchzte unterdrückt. Ihr Blick war auf Odo gerichtet. Ihre Augen spiegelten blankes Entsetzen. Doch als der Priester die schwarze Kapuze vom Kopf nahm und ihr sein Gesicht zeigte, entspannten sich Mardölls Züge ein wenig.
Unterdessen schlug Draupnir einen weiteren Marktstand zusammen. Berstendes Holz und wütende Schreie hallten in Odos Ohren wider. Der Berserker war höchstens noch fünfzehn Schritte entfernt.
Rasch winkte Odo Mardöll zu sich heran. Sie löste sich aus ihrer Starre und krabbelte zu ihm hinüber. Beruhigend legte er seinen rechten Arm um das zitternde Mädchen. Es schmiegte sich an ihn wie ein Kleinkind, das nach einem Albtraum Geborgenheit sucht.
«Hab keine Angst», flüsterte er.
Mardöll drehte ihm ihr Gesicht zu. Die Schminke um ihre Augen war verwischt, ihr hellblondes Haar zerwühlt. «Er … er will mich töten», brachte sie hervor. «Bring mich fort von hier.»
Odo zog sie fester an sich. «Du kannst mir einen Gefallen tun, Mädchen.»
Sie schaute ihn verunsichert an. «Ich tue alles für dich, alles, was du willst. Aber bring mich …»
Odo zog sich die Kapuze wieder über den Kopf. Dann legte sich seine Linke fest um Mardölls schlanken Hals, und mit der Rechten hielt er ihr den Mund zu. Mardöllschaute erst verwirrt, dann entsetzt. Sie verstand nicht, was mit ihr passierte. Als sie es begriff, versuchte sie, sich zu befreien, aber Odo war stärker. Ihre Augen quollen hervor, als sie versuchte, unter seinen Fingern nach Luft zu schnappen.
Nebenan fiel krachend die Bude in sich zusammen, als Draupnir die Bretter mit bloßen Händen zerfetzte. Er brüllte nach dem Mädchen.
Mardölls aufgerissene Augen waren auf Odo gerichtet. Ihr Blick fragte nach dem Warum. Als er spürte, wie ihr Körper erschlaffte, gab er ihr die Antwort, indem er sie dem Berserker vor die Füße schleuderte. Sie war der Köder.
Draupnir heulte triumphierend auf und stürzte sich auf das benommene Mädchen. Er zog ihren Rock hoch, warf sich auf sie und drang so hart in sie ein, dass ihr Körper unter seinen Stößen erbebte.
Da verließ Odo seine Deckung und näherte sich dem Berserker von hinten. Drei Schritt hinter Draupnir verharrte er. Gleich würde es so weit sein. Draupnirs Muskeln spannten sich. Sein Stöhnen verwandelte sich in ein Grunzen. Odo schoss vor und schnitt dem Berserker die Kehle durch. Aus dem geöffneten Hals ergoss sich ein Blutschwall über Mardöll. Draupnir schaute sich verwirrt um. Er begriff nicht. Was war mit seinem Hals geschehen? Wo kam all das Blut her? Dann hockte er sich neben Mardöll, die erstarrt auf dem Boden lag. Das Blut war überall. Hatte das Weib ihm das angetan? Wutschnaubend packte er ihren Kopf und brach ihr mit einer einzigen Bewegung das Genick.
In dem Moment stieß Odo dem Berserker die Klinge ins Herz. In Draupnirs Augen erschien das Weiße, dann kippte er vornüber und blieb regungslos liegen.
Odo atmete tief ein, dann langsam wieder aus. Der Riese war gefällt. Nun musste der Dämon vernichtet werden. Odo nahm seine ganze Kraft zusammen und schleifte den Berserker in eine abgeschiedene Gasse. Dort entfachte er ein Feuer und legte das Brandeisen hinein.
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