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Das Buch der Sünden

Das Buch der Sünden

Titel: Das Buch der Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel S. Meyer
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das Schwert des Kriegers. Er antwortete in gebrochenem Dänisch, dass es an die dreihundert Männer seien, die den Gott und die Priester schützten.
    «Und gibt es nur diesen einen Eingang bei dem Wachturm?»
    Der Händler nickte. Aber mehr wisse er nicht über die Tempelfeste zu sagen, fügte er schnell hinzu. Niemand außer den Soldaten, den Adligen und den Priestern dürfe die heilige Stätte betreten. Dann beugte er sich über den Tisch und erklärte mit gedämpfter Stimme, dass heute ein ganz besonderer Tag sei. Svantevit, der Gott der Ranen, kehre zurück und mit ihm der Schutz vor bösen Mächten.
    Der Däne verzog sein Gesicht zu einem Grinsen. Er ließ die Münzen auf den Tisch fallen und stieß beim Weggehen mit Helgi zusammen. Helgi, der davon völlig überrascht wurde, rutschte auf dem weichen Boden aus und landete auf seinem Hintern im Schlamm.
    Sofort griff der Däne nach seinem Schwert. Helgi hob beschwichtigend die Hände. Während er sich wieder erhob, grüßte er den Mann auf Dänisch. «Heilsa, frændi!»
    Der Däne bedachte ihn mit einem kurzen Nicken. «Auch ich wünsche dir Glück, Freund!», entgegnete er knapp.
    In diesem Augenblick, als er dem Mann direkt gegenüberstand, erinnerte sich Helgi an ihn. Er war einer von Hovis Soldaten, die in Haithabu die Leiche bewacht hatten, die im Weltenbaum Yggdrasil gehangen hatte.
    Der Krieger musterte Helgi skeptisch. «Du bist Däne? Warum trägst du die Kleidung dieser Leute hier?»
    «Ich   … bin Händler   …»
    «Händler?» Der Däne glaubte ihm offensichtlich nicht.
    Helgi versuchte das Gespräch von sich abzulenken. «Was führt dich auf diese Insel?»
    Jetzt war es an der Reihe des Dänen, ausweichend zu antworten. «Ich bin auf der Durchreise. Wir fahren morgen weiter, nach Wollin in der Odermündung.»
    «Woher stammst du?»
    «Aus Haithabu.» Er deutete rasch mit dem Kopf nach Westen und machte Anstalten zu gehen. «Wir müssen noch Vorbereitungen für die Abreise treffen.»
    Kurz darauf war er im Gedränge verschwunden.
    «Ein Freund von dir?», fragte Damek, als er neben Helgi trat.
    «Ein was? Ach so. Nein, kein Freund, ganz sicher nicht. Aber irgendetwas stimmt nicht mit dem Mann.»
    Damek machte eine wegwerfende Handbewegung. «Er ist Däne – das sagt alles», entgegnete er grinsend. «Lass uns endlich weitergehen. An dem Stand da vorn gibt es Wein.»
     
    Am frühen Abend erreichte Svantevit Putgarde. Bei diesem Ereignis hatte selbst der Himmel ein Einsehen. Hier und da riss die Wolkendecke auf; es nieselte nur noch. Hunderte Menschen versammelten sich links und rechts der Straße, um dem Einzug des Gottes beizuwohnen. Der von Soldaten begleitete Ochsenkarren, auf dessen Ladefläche man die Statue aufrecht stehend mit Seilen fixiert hatte, rumpelte über den glitschigen Untergrund an den Schaulustigen vorbei. Die vier Augenpaare des Götzen blickten streng auf die Menschen herab.
    Überall erhob sich lauter Jubel, und die Soldaten hatten alle Hände voll zu tun, die begeisterte Menge von Svantevit fernzuhalten.
    Damek zupfte sich zufrieden am Schnurrbart. «Jetzt hält Svantevit seine schützende Hand wieder über unserVolk. Schau doch nur, wie stolz und prächtig er aussieht. Das Volk, das unter dem Schutz eines so mächtigen Gottes steht, ist unbesiegbar.»
    Helgi nickte abwesend. Gern hätte er seinem Freund zugestimmt. Aber die Begegnung mit dem Dänen ging ihm nicht aus dem Kopf.
     
    Als die Nacht hereingebrochen war, folgten Helgi und Damek der Einladung des Königs zu einer Feier in seinem Zelt. Damit wollte Ratibor die Herrscher der Siedlungen auf das große Fest einstimmen. Der König empfing seine Gäste auf einem Thron sitzend, den man eigens zu diesem Anlass von der Burg Charenza nach Putgarde gekarrt hatte. Die Wojwoden nahmen an Tischen Platz und tauschten Neuigkeiten aus. Sie ließen sich gegrilltes Hirschfleisch und gebratene Dorschfilets schmecken; dazu wurde reichlich Honigwein ausgeschenkt.
    In allen Gegenden Rujanas hatten die Ranen den Winter über hungern müssen. Die Vorratskammern waren nach der Missernte des Vorjahrs nur spärlich mit Getreide, Pökelfleisch oder Räucherfisch gefüllt. Doch in diesem Jahr sollte alles anders werden. Niemand zweifelte daran, dass Svantevit für die kommende Ernte ein günstigeres Orakel vorhersagen würde. Dementsprechend war die Stimmung unter den Wojwoden ausgelassen wie lange nicht mehr, und es verleitete den einen oder anderen dazu, mehr Wein zu trinken, als für ihn

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