Das Buch der Sünden
akzeptieren.»
Helgi atmete durch. «Auch ich liebe das Volk der Ranen.»
Anatrog stieß einen verächtlichen Laut aus.
Ratibors Blick ließ ihn verstummen. Dann wandte sich der König erneut Helgi zu. «Ich habe zudem gehört, dass Ranislavs Tochter ein Kind von dir erwartet.»
«Oh, ja!» Helgi warf sich in die Brust und richtete sich zu voller Größe auf. Er überragte den König und die anderen Männer deutlich. «Ich hätte Euch meine schwangere Teška gern gezeigt. Aber die Reise hierher ist beschwerlich. Ich hoffe, Ihr versteht, dass ich sie in Ralsvik zurückgelassen habe.»
Ratibor nickte bedächtig. «Dann wünsche ich dir, dass es ein Junge wird. Es wird der Tag kommen, an dem du einen Nachfolger brauchst, Wojwode Helgi.»
Nach diesen Worten drehte der König sich um und stapfte davon. Es dauerte einen Augenblick, bis Helgi die Tragweite seiner Worte begriffen hatte. Ratibor hatte soeben öffentlich seine Entscheidung bekräftigt, einen Fremden zum Wojwoden zu ernennen, und ihm damit sein Vertrauen ausgesprochen!
Außer Anatrog waren alle Männer dem König zurück ins Zeltlager gefolgt. Der Wojwode von Ghynxt aber harrte noch immer vor Helgis Zelt aus und starrte ihn feindselig an.
«Tetĕslav war mein bester Freund», zischte Anatrog. «Du hast ihm genommen, was ihm gehört.» Er klappte seinen Mantel zurück und legte drohend seine Hand an den Schwertgriff.
Helgi hatte sein Schwert im Zelt liegen lassen. Vorsichtigbewegte er sich rückwärts zum Zelteingang, jederzeit zur Flucht bereit. Doch in diesem Moment nahm Anatrog seine Hand vom Schwert und schlug den Mantel zu. Dann machte er kehrt.
Helgi fühlte einen Wassertropfen auf seiner Nase. Der Regen hatte wieder eingesetzt.
2.
Er entdeckte den Toblac an einem der Fischstände, wo er sich ein fingerlanges Stück Räucheraal in den Mund stopfte und sich anschließend genüsslich kauend das Fett von den Lippen wischte. Unter seinem linken Arm klemmte ein Paket.
«Du hast den Stoff also bekommen», sagte Helgi.
Damek nickte. Nachdem er noch ein weiteres, vor Fett triefendes Stück Aal verspeist hatte, schlenderten sie über den Markt, auf dem ungeachtet des immer heftiger werdenden Regens dichtes Gedränge herrschte. Der schlammige Boden zwischen den Ständen war aufgewühlt, und überall sammelte sich braunes Wasser in tiefen Pfützen.
Während Damek sich bei einem Fleischhändler eine Blutwurst gönnte, bemerkte Helgi an dem benachbarten Stand einen Mann, der sein Interesse weckte. Es war ein stämmiger Kerl mit tätowiertem Gesicht, offensichtlich ein Krieger, in dessen Gürtel ein Schwert und ein Beil steckten. Er trug eine Regenkappe auf dem Kopf, das blonde Haar war auf dem Rücken zum Zopf geflochten. Helgi beobachtete, wie der Mann mit dem Waffenhändler um ein Messer feilschte. Je länger er das tat, desto überzeugterwar Helgi, den Krieger schon einmal gesehen zu haben. Aber wo, verdammt nochmal?
Helgi schob sich so unauffällig wie möglich an den Waffenstand heran. Die beiden Männer unterhielten sich auf Dänisch, wobei der Krieger die Sprache beherrschte, der Händler aber vor jedem Wort überlegen musste, während er die Vorzüge ranischer Messer erklärte. Der Däne hingegen pries die Qualität dänischer Eisen, offenbar um den Preis zu drücken.
Damek knuffte Helgi in die Seite. «Jetzt brauche ich noch einen ordentlichen Becher Wein. Hm – das ist das Leben. Da vergisst man das Wetter! Lass uns weitergehen.»
Aber Helgi schüttelte den Kopf, legte einen Finger an seine Lippen und zeigte auf den Krieger. «Dieser Kerl kommt mir bekannt vor.»
Helgi bedeutete Damek mit einer Geste, sich nicht von der Stelle zu rühren und auf ihn zu warten. Dann ging er langsam weiter, bis er neben dem Dänen stand. Helgi tat so, als betrachte er die Klingen. Der Däne wollte dem Händler das Messer gerade zurückgeben, da sie sich über den Preis nicht hatten einigen können, als der Händler sein letztes Angebot noch einmal verbesserte. Der Krieger war einverstanden. Er bezahlte und steckte das Messer so beiläufig zu den anderen Waffen hinter seinem Gürtel, als hätte er schon jetzt jegliches Interesse daran verloren. Stattdessen nahm er weitere Münzen aus seinem Beutel, hielt sie dem Händler auffordernd hin und stellte eine Frage, die Helgi aufhorchen ließ.
«Ich gebe dir diese Silbermünzen, wenn du mir sagst, wie viele Soldaten die Tempelburg bewachen.»
Der Händler zögerte einen Augenblick, warf dann abereinen Blick auf
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