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Das Buch der Sünden

Das Buch der Sünden

Titel: Das Buch der Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel S. Meyer
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sich das Symbol der Christen; es war ein hölzernes Kreuz, eine saubere Schnitzarbeit. Das bedeutete, dass es sich bei dieser Hütte um eine Kirche handelte – um eine Kirche auf heidnischem Boden!
    Da begriff Odo. Der Dämon, schoss es ihm durch denKopf. Er will mich verwirren, mich durch Trugbilder blenden. Doch du täuschst mich nicht noch einmal!
    Das Gezeter des Alten riss Odo aus seinen Gedanken. Die Krieger hatten von dem Mann abgelassen, als die anderen hinzugekommen waren, und beschwerten sich bei Ottar, dass sie den Munki nicht töten durften.
    In diesem Moment erkannte Odo den Alten wieder, und es überraschte ihn nicht wirklich, dass es sich um den Nordmissionar handelte, der dem Dämon schon einmal beigestanden hatte, damals im Hafen von Haithabu. Odo hatte nicht vergessen, dass der Alte einen Bund mit dem Teufel geschlossen und ihm das heilige Buch gestohlen hatte.
    Mit vorgehaltener Hand streckte Ansgar den Dänen ein Kruzifix entgegen, als handele es sich dabei um eine Waffe. Lachend ahmten die Krieger seine hilflose Geste nach.
    «Der Munki will uns nur über seine Leiche die Hütte durchsuchen lassen», beklagte sich einer der Krieger. Mit seinem Schwert deutete er einen beiläufigen Hieb an, um zu demonstrieren, wie einfach es wäre, den Alten zu töten.
    «Ihr kennt meine Befehle», entgegnete Odo.
    Der Missionar war so aufgeregt, dass er Odo noch nicht bemerkt hatte. Odo baute sich vor ihm auf, zeichnete das Kreuzzeichen in die Luft und rief in der Sprache der Franken: «Forsahhistu unholdun? – Entsagst du den Dämonen?»
    Ansgar erstarrte wie vom Blitz getroffen.
    Odos Stimme schwoll an: «Forsahhistu unholdun uuerc indi uuillon? – Entsagst du der Dämonen Werk und Willen?»
    Ansgar machte unwillkürlich einen Schritt zurück in die Hütte, blieb aber in der Tür stehen, das Kruzifix auf Odo gerichtet. Seine Hand zitterte. «Bei Gott – der schwarze Priester   …»
    «Gib die Tür frei», zischte Odo.
    «Niemals!»
    «Was versteckst du da drinnen?»
    «Nichts! Gar nichts! Dies ist ein Haus Gottes. Das müsstet Ihr doch   …»
    «Halt den Mund, alter Mann», fauchte Odo.
    Das Zittern hatte nun Ansgars ganzen Körper ergriffen. Odo schlug ihm das Kruzifix aus der Hand und kam so dicht heran, dass seine Nasenspitze fast Ansgars Stirn berührte.
    «Wo ist das Buch?», flüsterte Odo mit einer Stimme, die kalt wie ein Eisgrab war. «Ich muss es haben! Ich
muss
es haben! Ist es da drinnen? In deiner Kirche? Willst du deshalb niemanden hereinlassen?»
    «Nein   … ich habe dein Buch nicht mehr   …»
    «Und der Herr spricht, du sollst kein falsches Zeugnis reden wider deinen Nächsten. So lautet das Gebot Gottes, und du verstößt dagegen, Sünder. Der Teufel ist zu dir herabgekommen! Geh zur Seite!»
    Aber Ansgar weigerte sich vehement. Mit aller Kraft warf er sich gegen Odo, um ihn aus der Kirche zu drängen. Doch Ansgar war alt und schwach und Odo ein groß gewachsener, stämmiger Mann. Er packte den Alten am Kragen seiner verdreckten Mönchskutte und schleuderte ihn so mühelos in die dunkle Hütte, als sei er ein Sack Federn. Plötzlich waren aus dem Innern Stimmen zu hören – spitze Schreie, Angstschreie.
    Odo ließ sich von einem der Dänen eine Fackel gebenund betrat die Hütte. Sie hatte nur einen einzigen Raum, dessen Einrichtung aus einer Feuerstelle, einem Tisch, einigen Schemeln sowie einer zugedeckten Truhe, die als Altar diente, bestand. Ansgar lag mit weitaufgerissenen Augen am Boden – und dann sah Odo den Grund für die Weigerung des Alten, jemanden hereinzulassen. Gut zwei Dutzend Frauen und Kinder zwängten sich in einer der hinteren Ecken zusammen. Ihre Todesangst war so groß, dass die rauchgeschwängerte, nach verbrannten Kräutern riechende Luft zu vibrieren schien.
    Odo bedachte die Frauen und Kinder mit einem geringschätzigen Blick. Dann ging er zu der Truhe, auf der ein Holzkreuz sowie einige Schüsseln mit Blumen und Kräutern standen. Mit einer Armbewegung fegte er die Sachen zur Seite und klappte die Truhe auf.
    Ein heiseres Stöhnen entrang sich seiner Kehle, als er das Buch entdeckte. Er nahm es vorsichtig aus der Truhe, schlug den schweinsledernen Einband auf und betrachtete die Seiten. Ein Teil der Buchstaben war verwischt, das Pergament an den Rändern durch Feuchtigkeit leicht wellig geworden. Aber die Worte waren noch zu erkennen, genau wie die Zeichnungen. Diese wunderbaren Darstellungen, die zeigten, wie die sieben Dämonen der Sünde ihrer

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