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Das Buch der Sünden

Das Buch der Sünden

Titel: Das Buch der Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel S. Meyer
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gerechten Strafe zugeführt werden mussten. Odo hatte sechs davon ausgelöscht: Gula, Acedia, Avaritia, Luxuria, Ira und Invidia.
    Nur Superbia, der Teufel selbst, war noch nicht vernichtet worden!
    Er klappte das Buch wieder zu, schob es in den Beutel, den er über der Schulter trug, und wandte sich an Ansgar, der sich schützend vor die Frauen und Kinder gestellt hatte.
    «Du kannst hier bleiben», sagte Odo lächelnd, «hier in deiner Kirche, zusammen mit deiner   … Gemeinde. Wir werden euch nichts tun.»
    Ansgar schaute ihn zweifelnd an. Doch Odo überließ den Alten seinem Schicksal und trat wieder vor die Hütte.
    «Sollen wir den Munki rausholen?», fragte einer der Krieger.
    Odo schüttelte den Kopf. «Niemand darf die Hütte verlassen. Der Alte soll eine letzte Nacht mit den Seinen um Vergebung seiner Sünden beten. Wenn der Morgen graut, zündet ihr das Gebäude an.»
    «Mitsamt dem Munki?»
    «Mit allem Ungeziefer, das sich darin verkrochen hat!»

6.
    Die Dänen hatten das Anwesen eingekreist.
    In regelmäßigen Abständen hatten schwerbewaffnete Krieger rings um die schulterhohe Steinmauer Stellung bezogen, so wie Ottar es auf Odos Befehl hin angeordnet hatte. Als Odo, Ottar, Žiliška und die Sklavin vor das Tor mit dem blanken Pferdeschädel traten, stießen sie dort auf zwei Krieger. Auf Odos Frage hin berichteten diese, dass sich seit ihrer Ankunft in dem Gebäude nichts geregt habe.
    «Vielleicht ist das Haus leer», mutmaßte einer der beiden.
    Odo musterte die Männer, die robuste Burschen zu sein schienen. Er fragte sie nach ihren Namen. Der eine hieß Asgaut, der andere Svart.
    «Es sind hervorragende Krieger, kampferprobt und zäh», warf Ottar ein. «So wie du es verlangt hast.»
    Odo nickte. «Dann werden die beiden jetzt herausfinden, ob sich jemand in diesem Haus aufhält.» Er nahm einen Lederbeutel voller Münzen aus seinem Mantel. «Eure Belohnung!»
    Als Asgaut und Svart nach dem Geld greifen wollten, steckte Odo den Beutel wieder ein. «Ihr erhaltet die Münzen, wenn ihr das Haus durchsucht habt.»
    Die Krieger übergaben ihre Lanzen an Ottar, da diese Waffen sie bei einem Nahkampf nur behindern würden. Stattdessen zogen sie ihre Schwerter.
    Bevor er sie durch das Tor schickte, ermahnte Odo sie eindringlich: «Ich muss den Mann lebend haben. Ihr könnt ihn verletzen und kampfunfähig machen, hackt ihm meinetwegen Arme und Beine ab. Aber er
muss
leben!»
    Inzwischen war die Nacht hereingebrochen. Die Umrisse des Langhauses hoben sich wie ein Schattenriss vor dem mondbeschienenen, sternklaren Himmel ab. Als Asgaut und Svart auf den Bohlenweg traten, der zum Eingang des Gebäudes führte, schwebte aus dem Giebel eine Eule in die Nacht davon. Vorsichtig näherten sich die beiden Krieger in geduckter Haltung der geschlossenen Tür. Holz knackte unter ihren Stiefeln, als einige der Bohlen nachgaben. Sie erreichten ohne Zwischenfall das Haus, und Asgaut legte seine Linke an den Türgriff. Das Schwert hielt er fest in der Rechten.
    Die Tür war nicht verriegelt. Als Asgaut daran zog, schwang sie knarrend nach außen auf. Dahinter gähnte dunkel das Innere des Gebäudes. Asgaut lauschte, doch es war kein Geräusch zu hören. Er gab Svart mit einem Kopfnicken das Zeichen, ihm ins Haus zu folgen.
    Da hörte er plötzlich ein Zischen.
    Asgaut warf sich sofort zur Seite, aber es war zu spät, schon durchschlug eine stählerne Pfeilspitze sein Kettenhemd, drang tief in seine Brust ein und durchstieß die Lunge. Asgaut stürzte rücklings zu Boden. Svart, der sich neben dem Eingang in Deckung gebracht hatte, tastete nach Asgauts Stiefel, um seinen Freund aus der Schusslinie zu ziehen.
    Der zweite Pfeil traf Asgauts Unterleib. Svart sah ein, dass er dem sterbenden Asgaut nicht mehr würde helfen können. Er blieb in Deckung und machte eine hilflose Geste in Richtung des Tors, wo die anderen sich hinter der Mauer duckten.
    «Verdammt, ein Bogenschütze», fluchte Ottar. «Der Hurensohn wird die Männer abschießen wie Hasen. Wir müssen das Haus anzünden, um ihn rauszutreiben   …»
    «Nein!», zischte Odo. «Kein Feuer! Ich kann nicht riskieren, dass der Mann dabei getötet wird.»
    Ottar presste die Lippen fest zusammen. An seinem Gesichtsausdruck war abzulesen, dass er Odo für verrückt hielt. Aber er verkniff sich einen Kommentar. Egil hatte es befohlen, also würden sie alles so machen, wie dieser Kuttenträger es haben wollte.
    «Und was schlägst du stattdessen vor?», fragte

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