Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Buch der Sünden

Das Buch der Sünden

Titel: Das Buch der Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel S. Meyer
Vom Netzwerk:
Einar und Helgi wieder allein.
    «Soll das bedeuten, dass du den Auftrag bekommen hast?», rief Helgi. Seine Stimme überschlug sich vor Aufregung.
    Es kam nur sehr selten vor, dass Einar lachte. Aber nun verzog der Alte sein Gesicht zu einem Grinsen – und dann lachte er, bis ihm die Tränen aus den Augen kullerten. Auch Helgi stimmte mit ein, und er hätte seinen Vater am liebsten vor Freude durch die Luft gewirbelt.
    Doch als Einar wieder von einem heftigen Hustenanfall gepackt wurde, erstarb sein Lachen. Sofort eilte Gullweig herbei. Gemeinsam mit Helgi führte sie ihren Mann zu einem Schemel. Es dauerte eine Weile, bis Einar wieder normal atmen konnte. Er wischte sich Schweiß und Tränen aus dem Gesicht. Es war stickig und heiß in der Schmiede.
    Er rang sich ein gequältes Lächeln ab. «Hast du etwa an unserem Können gezweifelt, mein Sohn?»
     
    Am Abend servierte Gullweig ihren Männern ein wahres Festmahl.
    Einar hatte seiner Frau zwei der Silbermünzen gegeben. Damit hatte sie Björn Fiskari auszahlen können und dazu noch Stockfisch sowie einen goldbraunen Räucheraal bekommen. Anschließend hatte Gullweig auf dem Marktfrische Knoblauchzehen, Schmalz, Salz sowie Thymian, Majoran und etwas von dem kostbaren Pfeffer gekauft, den dunkelhäutige Händler von weit her nach Haithabu brachten. Das Ziegenfleisch hatte Gullweig enthäutet und mit den Knoblauchzehen gespickt. Aus Schmalz, Thymian und Majoran rührte sie eine Paste an, die sie auf das Fleisch strich. Während sie das Essen vorbereitete, summte sie vergnügt vor sich hin. Viel zu lange schon hatte sie beim Kochen nicht mehr aus dem Vollen schöpfen können.
    Nun briet das mit Salz und Pfeffer gewürzte Ziegenfleisch über dem offenen Feuer und erfüllte das ganze Haus mit köstlichem Geruch.
    Einar berichtete unterdessen von dem Wettbewerb. Die Schmiede hatten ihre Schwerter mehreren verschiedenen Prüfungen unterziehen müssen, bei denen schließlich die beiden besten Klingen übrig geblieben waren: Einars Schwert und dasjenige, das Gizur geschmiedet hatte. Doch in der allerletzten Prüfung hatte sich Einar durchgesetzt.
    «Und danach habe ich ein bisschen gefeiert», gab er zu. «Aber morgen wird wieder gearbeitet. Gleich nach Sonnenaufgang werden wir uns auf den Weg nach Sliesthorp machen, um Eisen zu kaufen.»
    «Wann wirst du den Lohn für deine Arbeit erhalten?», fragte Gullweig, während sie das durchgebratene Fleisch in Holzschüsseln servierte.
    «Olaf hat mir einen Vorschuss versprochen, sobald wir die erste Hälfte der angeforderten Waffen hergestellt haben. Den Rest erhalte ich im Frühjahr, wenn alles abgeliefert ist.»
    Gierig machten sie sich über das Essen her. Helgi genoss das Fleisch, das trotz des Alters der Ziege angenehmzart war. Es schien eine Ewigkeit her zu sein, seit Gullweig das letzte Mal eine solche Köstlichkeit zubereitet hatte.
    «Wo ist der Haken an der Sache?», fragte Gullweig zwischen zwei Bissen.
    Einar wischte sich mit dem Hemdsärmel das Fett von den Lippen und sagte: «Es gibt keinen. Wenn ich nicht tot umfalle, bevor das letzte Schwert geschmiedet ist, können wir uns im kommenden Frühjahr ein Ferkel kaufen.»
    «…   und eine neue Ziege», warf Helgi ein.
    «Und eine Ziege», bestätigte Einar.
    «Auch ein neues Kleid?», fragte Gullweig.
    Mit einem vielsagenden Blick strich Einar ihr über die von der Hitze des Kochfeuers geröteten Wangen. «Vielleicht auch ein neues Kleid, ja, vielleicht auch das.»
     
    Die Dämmerung kroch über das Noor.
    Helgi saß vor dem geöffneten Werkstattfenster. Das Schnitzmesser in der einen Hand und die Freyjafigur in der anderen wartete er darauf, dass die Sklavin Gizurs Haus verlassen würde.
    Seine Eltern waren gleich nach dem Essen zu Bett gegangen. Lustvolles Stöhnen war aus der Schlafkammer gedrungen, während Helgi an Freyja die letzten Schnitte vorgenommen und hier und da noch eine Kante geglättet hatte. Es war lange her, dass seine Eltern zärtlich miteinander gewesen waren, sehr lange. Bald darauf waren sie eingeschlafen, und Helgi hatte die Holzpuppe fertiggestellt. Er hielt sie gegen das Licht, das durchs Fenster fiel. Mit der Arbeit konnte er zufrieden sein.
    Freyja! Die Göttin der Liebenden. Helgis Eibenholzfigur hatte gleichmäßig geformte Brüste, langes, über dieSchultern wallendes Haar und einen schlanken Körper. Eine vollkommene Schönheit, fand er. So wie Rúna.
    Und dann erschien sie.
    Helgi rückte näher ans Fenster heran. Sein Herz pochte

Weitere Kostenlose Bücher