Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Buch der Sünden

Das Buch der Sünden

Titel: Das Buch der Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel S. Meyer
Vom Netzwerk:
Mutter. In Odins Namen!»

28.
    Als der Morgen graute, packte Helgi einen Kanten Brot, einen gefüllten Wasserschlauch und – man konnte ja nie wissen! – ein Messer in einen Beutel.
    Sliesthorp war etwa sieben Meilen entfernt. Helgi verließ Haithabu zunächst in nördlicher Richtung. Er folgte dem Pfad, der unterhalb der Hochburg entlangführte.
    Die Luft war noch frisch. Es duftete nach den Kräutern und Wiesenblumen, auf denen der Morgentau schimmerte. Über dem Noor erhob sich drohend die Sonne und schickte ihre ersten Strahlen in den blassblauen, wolkenlosen Himmel.
    Er ließ die bewaldete Hochburg hinter sich. Kurz darauf öffnete sich der Blick auf den Fjord. Helgi sah die Hütten, in denen die Munkis lebten. Er hörte hämmernde Geräusche und laute Rufe. Auf einer Baustelle arbeiteten mehrere Dutzend Menschen. Die Munkis bauten neue Häuser.
    Die Männer, die sich Christen nannten, waren ein eigenartiger Menschenschlag. Sie hielten nichts von Raufereien und Trinkgelagen und hüllten sich selbst bei größter Hitze in schwarze Kutten. Anstatt an mehrere Götter, so wie die Dänen, glaubten sie nur an einen einzigen, den sie den Allmächtigen nannten.
    Am Waldrand hielt Helgi inne, um das Treiben auf der Baustelle zu beobachten. Unweit der beiden alten Holzhäuser, die schon zu Helgis Kindheit hier gestanden hatten, errichteten die Munkis zwei weitere Gebäude. Das eine schien ein typisches Langhaus zu werden, von denen es in Haithabu viele gab. Man hatte die Wände bereits hochgezogen. Jetzt wurde das Flechtwerk mit Lehm bestrichen, um es abzudichten.
    Das andere Gebäude war außergewöhnlich. Die Wände bestanden aus Steinen. So etwas hatte es in Haithabu noch nie gegeben. Steine waren als Baumaterial sehr teuer, teurer noch als Eichenholz. Helgi staunte. Das Bauwerk bestandaus einem länglichen Mittelteil. An der Vorderseite war der Eingang, die gegenüberliegende Seite wurde von einem rundlichen Anbau versehen.
    Nun erschien ein großgewachsener Mann, der mit einer schwarzen Kutte bekleidet war, auf der Baustelle und rief die Arbeiter zu sich. Den einen oder anderen davon kannte Helgi vom Sehen. Sie hatten auf den Baustellen in Haithabu gearbeitet.
    Helgi wollte seinen Weg fortsetzen, als er unter den Arbeitern einen jungen Mann sah, den er hier niemals erwartet hätte. Helgi schaute ein zweites Mal hin. Tatsächlich: Es war Ingvar!
    In der einen Hand eine Axt und in der anderen ein Brett, ging er vom Langhaus zum Steingebäude. Dort unterhielt er sich mit einem Mann namens Ulf.
    Helgi wunderte sich, dass ein so bekannter Bauherr für die Munkis arbeitete. Ulf demonstrierte Ingvar, wie er die Axt halten musste, um damit das Brett zu bearbeiten. Dann machte sich Ingvar ans Werk.
    Helgi ging rasch weiter. Er wollte nicht, dass Ingvar ihn bemerkte. Schmerzlich erinnerte sich Helgi an ihre letzte Begegnung im Hurenhaus.
     
    Auf halber Strecke nach Sliesthorp legte er eine Rast ein.
    Er ließ sich auf einem umgekippten Baumstamm nieder, der mit Moos bewachsen war, und aß das Brot, das er mitgenommen hatte.
    Die Sonne stand jetzt hoch am Himmel. Er hätte gern sein Hemd ausgezogen, denn er schwitzte aus allen Poren. Aber der Wald war voller Mücken. Sein Gesicht und seine Hände hatten sie bereits zerstochen. Die freien Hautstellenwaren mit juckenden Quaddeln übersät. Er hatte es bald aufgegeben, sich gegen die Insekten zu wehren, denn auf jede getötete kamen fünf neue Mücken.
    Wenn doch Einar ihm nur bald entgegenkäme! Dann könnte er sich den Rest des Weges nach Sliesthorp sparen. Doch weder von Einar noch von irgendeinem anderen Menschen war etwas zu sehen oder zu hören.
    Helgi überlegte, ob sein Vater vielleicht einen anderen Pfad für den Rückweg gewählt hatte. Es gab zur Eisenhütte auch eine westliche Verbindung. Diese Strecke war zwar länger, führte aber dafür nicht durch sumpfiges und von Mücken bevölkertes Gelände.
    Die Möglichkeit, dass Einar diesen Weg eingeschlagen hatte, erschien Helgi jedoch nicht wahrscheinlich. Einar würde es eilig haben und würde daher die Mücken in Kauf nehmen.
    Hin und wieder hatte Helgi Radspuren entdeckt. Es war aber nicht möglich gewesen festzustellen, ob sie von Einars Handkarren stammten. Räder waren Räder, da sah ein Abdruck aus wie der andere. Zumal sie auf dem ausgetrockneten Weg nur schwer auszumachen waren.
    Helgi beendete seine Rast. Ein Stück weiter gab es eine sumpfige Stelle, durch die der Weg hindurchführte. Er kniete nieder und

Weitere Kostenlose Bücher