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Das Buch der Sünden

Das Buch der Sünden

Titel: Das Buch der Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel S. Meyer
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stöhnen. Es war früher Abend. Die Frau würde Hunger haben, oder ihre Windeln waren voll. Rúna wischte sich die von den Innereien besudelten Hände an einem Tuch ab und ging in die Schlafkammer. Doch die Frau schlief.
    Rúna setzte sich an das Bett und nahm die Hand der Kranken. Die Haut fühlte sich weich an.
    Das letzte Tageslicht sickerte durch die Ritzen unterhalb der Dachschrägen in die Schlafkammer. Bald würde die Sonne untergehen. Ob Helgi ihre Nachricht erhalten hatte?
    Aus der Schmiede drang derbes Männerlachen. Es warungewöhnlich, dass ihr Herr Besuch empfing. Er hatte keine Freunde.
    Sie hatte den Besucher vorhin kurz gesehen, als er in die Werkstatt gekommen war. Er war dick, und sein Bart war zu Zöpfen geflochten. Ihr Herr hatte sie nach Met geschickt. Ein ganzes Fass hatte sie ihnen bringen müssen. Der Besucher schien großen Durst zu haben.
    Sie dachte an den Fisch. Doch als sie wieder in die Küche gehen wollte, wurde die Tür zur Schmiede aufgerissen.
    «Du sitzt hier rum und hältst mit der Alten Händchen?», fauchte Gizur.
    Rúna erhob sich rasch.
    «Hol mehr Met, Weib», rief Gizur ihr hinterher.
    Sie entdeckte in der Vorratskammer ein weiteres Fass und rollte es in die Werkstatt.
    Gizur und sein Besucher hatten glasige Augen. Ihr Herr lallte, seine Bewegungen waren fahrig. Der andere Mann schien sich besser im Griff zu haben.
    Als Rúna den Raum betrat, hob der Zopfbart die Augenbrauen. Er musterte die Sklavin aufmerksam. «Was ist denn das für ein Prachtweib?»
    «Meine Sklavin», erwiderte Gizur. «Ich hab sie im Griff, Olaf.»
    Sie stellte das Fass ab und wollte wieder gehen. Da fasste der Gast plötzlich nach ihrem Arm. Ehe sie sichs versah, hatte der Mann sie zu sich herangezogen und auf seinen Schoß gesetzt.
    «Ganz schön dreckig, die Kleine. Und sie stinkt wie eine Ziege. Ist sie unter ihrem Kleid auch so schmutzig?»
    «Sie wird dir nicht antworten», warf Gizur ein. «Sie redet nicht.»
    «Stumm?» Der Mann, der Olaf hieß, betrachtete ihrenAusschnitt, in dem die Ansätze ihrer Brüste zu erkennen waren. Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen.
    «Wie ist es denn mit einer Stummen?»
    Gizur rutschte unruhig auf seinem Schemel hin und her. «Lass uns die Becher füllen, Olaf. Wir trinken noch einen. Du wolltest mir gerade erzählen, wo es noch Eisen gibt.»
    Der Griff um ihren Arm löste sich. Sofort sprang Rúna auf und trat zwei Schritte zurück.
    Der Zopfbart starrte ihr hinterher. «Deine Sklavin gefällt mir, Schmied. Sie ist dünn und hat große Brüste. Das mag ich. Du solltest sie aber mal waschen.»
    Gizur wedelte mit der Hand, um seiner Sklavin zu verstehen zu geben, dass sie sich entfernen sollte.
    Olaf beugte sich zum Schmied hinüber und sagte verschwörerisch: «Ich könnte bei Hovi ein gutes Wort für dich einlegen, Gizur. Du willst doch noch immer den Auftrag, oder?»
    Der Schmied nickte heftig.
    Olaf grinste. «Sorg dafür, dass das Weib die Schenkel öffnet, wenn ich das nächste Mal zu dir komme. Wenn sie es mir besorgt, soll es dein Schaden nicht sein.»
    Rúna verließ eilig die Schmiede. Kurz darauf hörte sie die Haustür schlagen.
    Sie hatte gerade damit begonnen, die Brachsenfilets zu entgräten, als ihr Herr die Küche betrat. Sein finsterer Blick verriet Wut. Die Sklavin zog unwillkürlich den Kopf ein.
    «Du bist geschoren und dreckig», brüllte er. «Trotzdem drehen sich die Männer nach dir um. Aber du gehörst mir, mir ganz allein! Ich werde dich mit keinem anderen teilen. Ein Ohr sollte ich dir abschneiden oder die Nase.Ich mach dich so hässlich, dass dich keiner mehr anschaut. Und schon gar nicht dieser Olaf. Niemals wird er mir den Auftrag besorgen können. Hovi hat das alles längst entschieden.»
    Er packte sie im Nacken. Sie spürte seinen heißen Atem an ihrem Ohr.
    «Ich lasse nicht zu, dass andere Männer dich begehren. Du glaubst wohl, du wärst etwas Besseres als dein Herr. Nur weil ich diesen verfluchten Buckel habe. Du lachst doch über mich, du Púta! Ja, du machst dich lustig! Alle machen sich lustig über mich, über den Buckligen, den Hässlichen. Den Kryppa! Das Weib, das da drüben im Bett liegt und hoffentlich bald zugrunde geht, hat mich auch verhöhnt. Hinter meinem Rücken hat sie mit den anderen getuschelt. Aber ich hab’s gemerkt. Sie hat mir die Krätze an den Hals gewünscht. Doch – und das merk dir gut! – niemand lacht über Gizur. Wenn die Alte gestorben ist, dann wirst du mein Weib, und du wirst mir

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