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Das Buch der Sünden

Das Buch der Sünden

Titel: Das Buch der Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel S. Meyer
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untersuchte den weichen Boden. Er entdeckte die Spuren von drei Rädern und mehreren Fußabdrücken. Zwei Fußspurenpaare führten nach Norden und eines in die entgegengesetzte Richtung, aus der Helgi kam.
    Helgi überlegte. Die Spuren von drei Karren und drei Männern. Die nach Norden führenden Abdrücke könnten Einar und Gizur gewesen sein. Aber zu wem gehörten die anderen?
    Bis zum Mittag war Helgi zwei Drittel der Strecke marschiert, als der Weg erneut durch sumpfiges Gelände führte. Auch hier gab es Spuren von Karren und Schuhen. Allerdings waren es nun die Abdrücke von vier Rädern, zudem vier Schuhpaare, jeweils zwei hin und zwei zurück.
    Helgi vermutete, dass einer der Karrenschieber zwischen den beiden Stellen einen anderen Weg eingeschlagen hatte. Das war eigenartig, er hatte nirgendwo einen anderen Weg gesehen.
    Er lauschte auf die Waldgeräusche. Wind rauschte in den Baumwipfeln. Mücken surrten um ihn herum. Irgendwo im Wald keckerte eine Krähe. In der Ferne kreischten über dem Fjord die Möwen. Sonst nichts – kein quietschendes Rad, keine Schritte.
     
    Bald darauf erreichte er das mit einem Holzzaun umfriedete Gehöft der Eisenschmelzer.
    Es bestand aus einem schilfgedeckten Langhaus sowie zwei kleineren Nebengebäuden. Im Langhaus lebten Högir, der Herr des Anwesens, seine Familie und die Angestellten sowie einige Sklaven. In den beiden anderen Gebäuden wurde in speziellen Öfen das Eisen verhüttet.
    Als Helgi das Gehöft betrat, rief ihn ein Mann zu sich. Sein Gesicht war von der Hitze gerötet. Er trug eine durch den Kohlenruß schwarz verfärbte Lederschürze.
    «Wenn du Arbeit suchst, kannst du gleich wieder nach Hause gehen», rief er. Es war Högir.
    «Nein, keine Arbeit», erwiderte Helgi, «ich suche den Schmied Einar.»
    «Einar? Da bist du zu spät. Der war gestern hier.»
    «Hat er denn nicht bei euch übernachtet?»
    Högir musterte Helgi von oben bis unten. «Du kommst mir bekannt vor. Ich hab dich doch schon mal gesehen   …»
    «Ja, ich bin Einars Sohn. Mein Name ist Helgi.»
    Högir nickte. «Der Sohn, ach ja. Ich dachte erst, du bist einer dieser Kerle, die auf der Suche nach Arbeit durchs Land ziehen. Gerade vor wenigen Tagen war einer hier. Ich musste ihn wieder wegschicken. Wir haben kaum noch genug zu tun für unsere eigenen Leute. Roheisen ist im Moment sehr knapp. Wer sich bis jetzt nicht mit Vorräten eingedeckt hat, der geht schlechten Zeiten entgegen.»
    «Hast du Einar etwas verkauft?»
    «Er hat sich den ganzen Karren vollgeladen und gut dafür bezahlt.»
    «Und dann ist er gleich wieder gegangen?»
    «Er meinte, dass er den Weg auch im Dunkeln finden würde. Hatte es wohl sehr eilig.»
    Da kam Helgi ein Gedanke. «War gestern Abend noch ein anderer Schmied bei dir?»
    Der Eisenschmelzer dachte nach. «Das kann ich dir nicht sagen. Nachdem Einar wieder losgezogen ist, habe ich mich schlafen gelegt. Aber warte mal   …» Högir deutete zu einer der Hütten. «Vielleicht kann Sven dir weiterhelfen.»
    Högir blähte den Brustkorb und brüllte über den Hof. Ein Junge in Helgis Alter steckte den Kopf aus einer Tür. Högir winkte ihn heran.
    «Du warst gestern Abend der Letzte am Ofen, Sven. Hattest du da noch Besuch?»
    Sven wischte sich den Schweiß aus dem Gesicht. «Ja. Habe den Mann aber wieder wegschicken müssen. Derwollte zwanzig Pfund Eisen.» Der Bursche tippte sich an die Stirn. «Zwanzig Pfund! Zwei Barren hätte ich ihm vielleicht noch verkaufen können   …»
    «Hatte der Mann einen Buckel?», fuhr Helgi dazwischen.
    Sven nickte. «Ein hässlicher alter Troll. Und bösartig. Er hat einen Aufstand gemacht. Wenn der nicht von allein wieder gegangen wäre, hätte ich ihm eins drübergegeben.»
    Helgi wankte zu einem Bretterstapel.
    «Alles in Ordnung mit dir?», fragte Högir und schickte Sven schnell nach einem Becher Bier.
    Doch Helgi winkte ab. «Ich muss weiter.»
    «Du kannst über Nacht bleiben», entgegnete der Eisenschmelzer. «Bei den Arbeitern ist noch ein Lager frei. Und zu essen haben wir auch. Mein Weib schlachtet ein Huhn. Du siehst aus, als könntest du ein Stück Fleisch vertragen.»
    Helgi schüttelte den Kopf.
    «Genauso ein Sturkopf wie der Vater», meinte Högir achselzuckend.
     
    Helgi rannte zu der Stelle zurück, wo der Weg durch den Sumpf führte.
    Vier Räder. Beim genaueren Hinsehen erkannte Helgi jetzt, dass sich eine der Radspuren tiefer in den weichen Boden gedrückt hatte als die anderen. Schritt für Schritt

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