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Das Buch der Toten

Das Buch der Toten

Titel: Das Buch der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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kalifornische Regierung vor drohenden Energieengpässen gewarnt und die Bevölkerung zum Sparen aufgefordert. Entweder kümmerten die Cossacks sich nicht darum, oder irgendjemand machte dort Überstunden.
    Er bog um die Ecke, ging zum Wagen zurück, wendete ihn und parkte so, dass er den Eingang der unterirdischen Parkgarage des Gebäudes gut einsehen konnte. Er musste gegen das wohl bekannte Gefühl ankämpfen: vergeudete Stunden, nutzloses Observieren. Aber Observieren war wie Glücksspiel in Las Vegas: ganz, ganz selten zahlte es sich auch mal aus und was war besser geeignet als Nährboden für eine Sucht?
    Dreiundzwanzig Minuten später hob sich das Metallgitter des Parkhauses, und ein zerbeulter Subaru fuhr heraus. Am Steuer eine junge schwarze Frau, die mit ihrem Handy telefonierte. Sechs Minuten darauf: ein relativ neuer BMW. Junger Weißer mit Stachelfrisur, ebenfalls mit Handy am Ohr. Vollkommen ins Gespräch vertieft, wäre er beinahe mit einem Lieferwagen zusammengeprallt. Die beiden Fahrer tauschten Beleidigungen und Stinkefinger aus. Die Straßen waren sicher heute Abend.
    Milo wartete noch eine halbe Stunde und wollte eben aufgeben, als das Gitter sich erneut öffnete und ein aschgrauer Lincoln Town Car vorsichtig die Nase herausstreckte. Spezialnummernschild: Die Scheiben extrem getönt, weit jenseits dessen, was erlaubt war, und zwar einschließlich des Fahrerfensters, aber sonst alles sehr gepflegt und konservativ. Der Lincoln hielt an der roten Ampel auf dem Wilshire und bog dann nach Westen ab. Der Verkehr war noch so dicht, dass Milo hinter zwei anderen Autos in Deckung gehen konnte, aber flüssig genug, um eine problemlose Verfolgung zu ermöglichen. Perfekt. Wenn es denn etwas brachte.
    Er folgte dem grauen Lincoln eine halbe Meile in westlicher Richtung zum San Vicente Boulevard, dann nordwärts bis Melrose und erneut westwärts auf dem Robertson Boulevard, wo der Wagen auf den Parkplatz eines Restaurants an der südwestlichen Ecke des Blocks fuhr. Eingangstür aus mattiertem Stahl. Dazu passendes Namensschild über der Tür, mit tief eingravierten Buchstaben:
    Sangre de Leon Ein neuer Laden. Das letzte Mal, als Milo hier vorbeigekommen war, hatte ein Lokal mit gemischter indonesischirischer Küche das Eckhaus eingenommen. Davor war es eine Art vietnamesisches Bistro unter Leitung eines bayerischen Starkochs gewesen, frequentiert von Filmstars. Milo nahm an, dass keiner der Gäste je Militärdienst geleistet hatte. Und davor hatte es, soweit er sich erinnern konnte, mindestens ein halbes Dutzend modische Neugründungen gegeben, jeweils mit gründlicher Renovierung, feierlicher Eröffnung und den üblichen PR-Artikelchen im L. A. Magazine und in Buzz. Und nach ein paar Monaten hatten sie alle wieder dichtgemacht.
    Auf der Ecke lag wohl ein Fluch. Und der erstreckte sich anscheinend bis auf die andere Straßenseite an dem unförmigen, einstöckigen Klotz mit der bambusverkleideten Fassade, der früher den Pacific Rim Seafood Palace beherbergt hatte, waren die Fensterläden geschlossen, die Einfahrt mit einer schweren Eisenkette abgesperrt.
    Sangre de Leon. Löwenblut. Sehr appetitanregend. Er hätte kein Geld daraufgesetzt, dass dieser Laden sich länger halten würde als eine durchschnittliche Magenverstimmung.
    Er suchte sich ein schattiges Plätzchen auf der anderen Straßenseite, parkte schräg gegenüber vom Restaurant und schaltete die Scheinwerfer aus. Vor der fensterlosen, grau verputzten Fassade des Lokals standen ein paar Zierpflanzen herum. Ein Trüppchen von Bediensteten in pinkfarbener Livree, allesamt weiblich und attraktiv, lauerte an der Einfahrt zum Parkplatz. Der war nicht allzu großzügig bemessen und mit den sieben dort geparkten Mercedes-Limousinen bereits voll belegt.
    Der Chauffeur des Lincoln, ein großer, kräftiger Rausschmeißertyp, fast so riesig wie Georgie Nemerovs Kopfgeldjäger, sprang heraus und riss die Fondtür auf. Als Erster stieg ein pummeliger Typ aus, Anfang bis Mitte vierzig, mit verquollenem Gesicht und schütterem Lockenhaar. Er sah aus, als hätte man sein Gesicht als Waffeleisen benutzt. Milo erkannte sofort Garvey Cossack. Der Kerl hatte einige Pfunde zugelegt, seit sein Foto zuletzt in der Zeitung erschienen war, aber ansonsten hatte er sich kaum verändert. Nach ihm kam ein etwas größerer, verweichlicht wirkender Typ mit kugelrundem, kahl rasiertem Schädel und einem Frank-Zappa-Schnauzer, der kleine Bruder Bobo, nur ohne die Gelfrisur. Alter

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