Das Buch der Toten
Sack auf dem Jugendkultur-Trip? Glatte Schädelhaut als stolzes Symbol der Rebellion? Wie auch immer, der Typ bewunderte sich offensichtlich gerne im Spiegel.
Garvey Cossack trug ein dunkles Sportjackett mit Schulterpolstern, einen schwarzen Rollkragenpullover und schwarze Slacks. Und dazu weiße Joggingschuhe - wenn das mal kein gelungener Modegag war.
Bobo trug eine zu kleine Bomberjacke aus schwarzem Leder, zu enge schwarze Jeans, ein schwarzes T-Shirt und zu hohe schwarze Stiefel. Dazu eine dunkle Sonnenbrille. Holt einen Krankenwagen, wir haben einen Notfall, eine Überdosis Coolness.
Ein dritter Mann entstieg dem Lincoln. Der riesenhafte Chauffeur ließ ihn seine Tür selbst zuschlagen.
Nummer drei war so angezogen, wie in L. A. früher die Manager herumgelaufen waren. Dunkler Anzug, weißes Hemd, unauffällige Krawatte, normale Schuhe. Er war kleiner als die Cossack-Brüder, und seine schmalen Schultern waren in unterwürfiger Haltung nach vorne gebeugt. Schlaffe, runzlige Gesichtshaut, dabei schien er kaum älter zu sein als die Cossacks. Das Bild des Durchschnittsgeschäftsmannes wurde durch eine Brille mit winzigen ovalen Gläsern und das lange Blondhaar, das wirr über seinen Kragen hing, konterkariert. Obenrum war sein Schädel so gut wie kahl.
Mr. Minibrille blieb zurück, während die Cossacks das Restaurant betraten. Garvey watschelte plattfüßig voran, Bobo stolzierte hinterdrein und wippte dazu mit dem Kopf zu einer Melodie, die nur er hören konnte. Der Chauffeur ging zum Wagen zurück, stieg wieder ein und begann zurückzusetzen, während der Brillenmann an den erwartungsvoll lächelnden, pinkfarbenen Ladys vorbeimarschierte. Der Lincoln bog in den Robertson Boulevard ein, fuhr einen Block weit Richtung Süden und parkte am Straßenrand. Die Lichter erloschen.
Der Brillenmann blieb noch ein paar Sekunden auf dem Parkplatz stehen und sah sich um, aber obwohl er in die Richtung von Milos Taurus schaute, schien er nichts zu sehen, was ihn sonderlich beunruhigte. Nein, dieser Typ war einfach nur randvoll mit nervöser Energie und wusste nicht, wohin damit, er ballte die Hände zu Fäusten, drehte den Kopf nach links und rechts, verzog den Mund. Die winzigen Brillengläser zuckten hin und her und reflektierten das Licht der Straßenlampen wie zwei gläserne Eier.
Der Kerl wirkte auf Milo wie ein betrügerischer Buchhalter am Tag der großen Rechnungsprüfung. Schließlich fuhr er sich mit den Fingern unter den Hemdkragen, kreiste mit den Schultern und machte sich dann auf, die Köstlichkeiten aus Raubkatzenblut zu genießen.
In den nächsten siebenunddreißig Minuten, die Milo auf der Lauer lag, trafen keine weiteren Restaurantgäste ein. Als eine der um ihr Trinkgeld betrogenen Pink Ladys auf ihre Uhr sah, zum Gehsteig vorging und sich eine Zigarette anzündete, stieg er aus und lief über die Straße zu ihr hin.
Das Mädchen war eine kleine rothaarige Augenweide mit unglaublich blauen Augen, die sogar in der Nacht taghell strahlten. Um die zwanzig. Sie sah Milo kommen und rauchte weiter. Die Zigarette war in schwarzes Papier gewickelt und hatte eine goldene Spitze. Shermans? Wurden die überhaupt noch hergestellt?
Als er noch drei Schritte entfernt war, blickte sie auf und lächelte durch die Wolke von blauem Dunst hindurch, die sich in der milden Nachtluft kräuselte. Sie lächelte, weil Milo sein Bestechungsgeld schon gezückt hatte. Zwei Zwanziger, zusammengefaltet zwischen Zeige und Mittelfinger, sollten seinem Märchen vom freien Journalisten auf Recherche mehr Glaubwürdigkeit verleihen. Vierzig Dollar, das war doppelt so viel, wie er dem Pakistani in der Postfachstelle gegeben hatte, doch das Mädchen, auf ihrem Namensschild stand »Val« war ja auch um einiges attraktiver als der Typ. Und, wie sich herausstellte, wesentlich umgänglicher.
Zehn Minuten später saß er wieder in seinem Taurus und fuhr langsam an dem geparkten Lincoln vorbei. Der Berg von einem Chauffeur schnarchte mit offenem Mund. Ein Latino mit rasiertem Schädel. Die rothaarige Schönheit hatte den Brillenträger für ihn identifiziert.
»Ach, das ist Brad. Er arbeitet für Mr. Cossack und seinen Bruder.«
»Mr. Cossack?«
»Mr. Garvey Cossack. Und seinen Bruder.« Die blauen Augen schweiften hinüber zum Restaurant. »Er ist hier Mitinhaber, zusammen mit…« Es folgte eine ganze Reihe von berühmten Namen.
Milo gab sich schwer beeindruckt. »Muss ja schwer was los sein in dem Laden.«
»Ja, anfangs
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