Das Buch der Toten
dadurch ein Rendezvous mit den Meerjungfrauen eingehandelt?
Anderseits, Unfälle ließen sich nicht immer vermeiden. Bowie Ingalls: Mensch gegen Baum.
Pierce Schwinn: Mensch gegen Felsen. Luke Chapman: Mensch gegen Ozean.
Was fehlte da noch, Feuer? Plötzlich schwirrten Bilder von Caroline Cossack und Wilbert Burns durch Milos Kopf. Bei lebendigem Leib verbrannt, die Leichen bis zur Unkenntlichkeit verkohlt; die perfekte Auslöschung der Vergangenheit.
Die King's Men. Ein übler Haufen verwöhnter, vergnügungssüchtiger Söhne reicher Eltern, die alle Spuren ihrer Orgie gründlich beseitigt und sich so zwanzig weitere Jahre in Bequemlichkeit und Luxus gesichert hatten.
Und was für ein Luxus: Ferraris und Chauffeure, Nobelbuden in Holmby, Ausflüge ins Filmgeschäft, private Diners mit Politikern und anderen großen Tieren. Sie waren ungestraft davongekommen. Diese königliche Truppe hätte auc h vor einer Palastrevolution nicht zurückgeschreckt.
Die Cossack-Brüder, Brillenschlange Larner, Coury. Und der Schlaumeier, Nicholas Dale Hansen. Was er wohl so trieb?
Er schlug den Namen im Grundbuch nach. Nichts. Was hatte das zu bedeuten, dass er in dem Haus an der North Roxbury zur Miete wohnte?
Milo suchte sich eine ruhige Ecke im Kellergeschoss des Gebäudes, gut versteckt hinter Stapeln von alten Flurverzeichnissen, vergewisserte sich, dass niemand in der Nähe war, und riskierte einen Anruf bei der Nationalen Verbrecherkartei, indem er die Kennnummer eines Detective I von West Valley namens Korn missbrauchte, den sie ihm vor zwei Jahren einmal zugeordnet hatten, eine richtige Flasche, ebenso unselbstständig wie eingebildet.
Das Risiko zahlte sich nicht aus: Nicholas Dale Hansen hatte keinerlei Vorstrafen.
Nun blieb ihm nichts weiter übrig, als nach Hause zu fahren und mit seinem Laptop zu spielen. Oder es sich etwas einfacher zu machen und Alex zu bitten, es für ihn zu tun. Sein Freund, anfänglich ein eingefleischter Maschinenstürmer, was Computer und Internet betraf, hatte sich im Lauf der Zeit in einen begeisterten Websurfer verwandelt.
Milo machte sich auf den Weg zu dem zwei Häuserblocks entfernten Parkplatz, auf dem er den Taurus abgestellt hatte. Er tauchte in die nachmittäglichen Fußgängerscharen ein, zückte sein Handy und drückte die Tasten, genau wie alle die Lemminge um ihn herum. Wahrscheinlich würde er irgendwann Ohrenkrebs oder so was kriegen, aber solche Gelegenheiten gab es nicht allzu oft. Es tat gut, einmal den ganz normalen Mann auf der Straße zu spielen.
Alex ging nach dem ersten Klingeln dran, und Milo hatte den Eindruck, dass er enttäuscht klang. Hatte er auf einen Anruf von Robin gewartet? Was war aus der Geschichte geworden?
Milo fragte ihn, ob er Lust habe, über Nicholas Hansen zu recherchieren, und Alex erwiderte: »So ein Zufall, dass du gerade den erwähnst.«
»Ach ja«, versetzte Milo. »Ich hatte ganz vergessen, dass ich es mit Nostradamus zu tun habe.«
»Nein, bloß mit einem Typen, der zu viel Zeit hat«, sagte Alex. »Hansen war überhaupt nicht schwer zu lokalisieren. Rate mal, womit der sein Geld verdient?«
»Er hatte schon in der Highschool diesen Manager-Anstrich, also tippe ich mal auf irgendeine anrüchige Finanzkiste.«
»Er ist Künstler. Maler, genauer gesagt. Und zwar ein ziemlich guter, wenn die Bilder, die seine New Yorker Galerie ins Netz gestellt hat, korrekt wiedergegeben sind.«
»Ein Künstler, der ein Haus in Beverly Hills gemietet hat und einen dicken BMW fährt?«
»Ein erfolgreicher Künstler«, sagte Alex. »Seine Bilder kosten zwischen zehn und dreißigtausend Dollar pro Stück.«
»Und er produziert sie am Fließband, oder wie?«
»Sieht nicht danach aus. Ich habe bei der Galerie angerufen und mich als interessierten Sammler ausgegeben, und es ist alles ausverkauft. Sein Stil wird als ›postmoderne Version alter Meister‹ charakterisiert. Hansen mischt seine Farben selbst, stellt seine eigenen Pinsel und Bilderrahmen her; jedes Gemälde besteht aus mehreren Farb und Lasurschichten. Es ist ein sehr zeitraubender Prozess, und die Galeriebesitzerin sagte mir, dass Hansen vielleicht vier oder fünf Bilder pro Jahr fertig stellt. Sie ließ durchblicken, dass es ruhig ein paar mehr sein dürften, wenn es nach ihr ginge.«
»Vier oder fünf pro Jahr würde bei seinen Tarifen maximal hundertfünfzig Riesen bedeuten«, rechnete Milo vor. »Allein die Jahresmiete für ein Haus im preiswerteren Teil von Beverly Hills könnte
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