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Das Buch der Toten

Das Buch der Toten

Titel: Das Buch der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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»Wer hat Sie zu mir geschickt?«
    »Ich habe Ihren Namen aus einer Autozeitschrift«, antwortete ich. »Nach allem, was ich so gelesen habe, kommen aus Ihrer Werkstatt ja jede Menge Rennsieger.«
    »Kommt durchaus mal vor«, sagte er. »Ein neunundsiebziger Seville? Das ist 'n Kastengehäuse. Den haben sie auf dem Chassis vom Chevy II Nova gebaut.«
    »Ich weiß.«
    »Was soll denn damit gemacht werden?«
    »Ich bin mir nicht sicher.«
    Er grinste hämisch. »Kann mir nicht vorstellen, an welchem Wettbewerb Sie mit so einem teilnehmen wollen, außer vielleicht an einer von diesen Aids-Veranstaltungen.«
    »Aids-Veranstaltungen?«
    »Die versuchen es jetzt mit Shows. Um Geld für Aids zu sammeln. Ist neulich so 'ne kleine Schwuchtel hier vorbeigekommen und wollte, dass ich seinen fünfundvierziger BMW aufmotze.«
    »Haben Sie den Auftrag angenommen?«
    Seine hohle Hand wischte die Frage beiseite.
    »Neunundsiebziger Seville«, sagte er, als verkünde er eine Diagnose. »Wird immer ein Kasten bleiben, es sei denn, wir bauen ihn von Grund auf um. Und dann ist da noch der Motor. Der taugt nix.«
    »Mir hat er gute Dienste geleistet. Ich hatte in fünfzehn Jahren nie irgendwelche Probleme damit.«
    »Rost im Motorraum?«
    »Nein. Ich pflege ihn gut.«
    »Aha«, sagte er.
    »Ich habe ihn hier, falls Sie mal einen Blick draufwerfen wollen.«
    Er sah auf seinen Taschenrechner. Tippte Zahlen ein, während ich dastand und wartete. »Wo ist ›hier‹?«
    »Da vorne.«
    Er kicherte. »Da vorne.« Er stand auf. Ich sah, dass er fast eins neunzig maß. Sein massiger Rumpf mit den fleischigen Schultern und der beeindruckenden Wölbung des Bauchs schien viel zu wuchtig für die schmalen Hüften und die langen, dürren Beine, auf denen er ruhte. Seine enge, schwarze, gerade geschnittene Hose ließ die Beine noch schlanker erscheinen und verstärkte so den Effekt. An den Füßen trug er schwarze Krokodillederstìefel mit silbernen Schnallen. Er ging klirrend um den Schreibtisch herum. Marschierte schnurstracks an mir vorbei und nach draußen.
    Als wir vor dem Wagen standen, lachte er.
    »Wissen Sie was, den verschrotten wir, ich gebe Ihnen vierhundert Dollar dafür, und wir sind fertig.«
    Ich lachte zurück. »Wie gesagt, mir hat er gute Dienste geleistet.«
    »Dann lassen Sie, um Himmels willen, die Finger davon, was wollen Sie denn überhaupt damit machen?«
    »Ich hatte daran gedacht, ihn zu einem Cabrio umzubauen.«
    »Klar doch«, meinte er. »Wie hatten Sie sich das denn vorgestellt, einfach das Dach absägen?«
    »Das einzige Auto, mit dem Sie das machen können, ist ein Rolls Silver Cloud«, sagte ich. »Bei allen anderen Chassis reicht die Zugfestigkeit für so was nicht aus. Ich hatte mir gedacht, man könnte das Dach abnehmen, den Rahmen verstärken, ein automatisch verstellbares Verdeck mit Mohair-Futter draufsetzen, neu verchromen und lackieren. Arbeiten Sie noch mit Sprühlack?«
    »Verboten«, erwiderte er. »Hören Sie, wenn Sie ein Cabrio wollen, kaufen Sie sich doch am besten so 'nen kleinen Mazda.«
    »Ich will aber diesen Wagen umgebaut haben.« Er wollte sich abwenden.
    »Ist Ihnen das zu kompliziert?«, fragte ich.
    Er hielt inne, sog die Unterlippe zwischen die Zähne und biss darauf. Die Säcke unter seinen Augen glitten nach oben, bis sie die Iris zur Hälfte verdeckten. Die beiden schweren Jungs, die an dem Stutz arbeiteten, schauten zu uns herüber.
    Coury behielt die Unterlippe zwischen den Zähnen und ließ den Unterkiefer kreisen. »Ja, haargenau«, sagte er. »Zu kompliziert.«
    Er ließ mich stehen und ging zurück zu seiner Werkstatt. Aber auf halbem Weg verharrte er neben dem Stutz und sah mir nach, als ich davonfuhr.

30
    Milo starrte in seine Kaffeetasse und stellte sich vor, die erdfarbene Flüssigkeit sei ein Sumpf, in dem er langsam versank. Wäre es ein normaler Fall gewesen, dann hätte er jetzt Verstärkung angefordert. So sehr er die Besprechungen und das Aufeinanderprallen gegensätzlicher Persönlichk eiten und all den anderen Mist verabscheute, den Teamarbeit zwangsläufig mit sich brachte, es war nun einmal notwendig, wenn man mehr als nur einen Verdächtigen hatte.
    Und für Janie hatten sie schon eine ganze Armee. Sechs, genauer gesagt, wobei Luke Chapman bereits tot war. Und dann die zweite Stufe: Walt Obey und Ed Bazille und Diamanten-Jim.
    Und der Kleister, der alle zusammenhielt: J. G. Broussard.
    Und jetzt noch ein weiterer Unbekannter: der Cop, über den Alex spekuliert

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