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Das Buch der Toten

Das Buch der Toten

Titel: Das Buch der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Steuer und schaffte es beim dritten Versuch, den Motor in Gang zu bringen. Dann setzte er im Schneckentempo zurück und vollführte ein langwieriges Wendemanöver, wobei er sich am Lenkrad einigermaßen in Schweiß arbeiten musste, keine Servolenkung. Ein kleiner Mann mit hochkonzentrierter Miene, die Hände exakt in Zwei-Uhr-Stellung am Steuer, wie sie es einem in der Fahrschule beibringen. Er saß so tief, dass sein Kopf kaum im Seitenfenster zu sehen war.
    Ich duckte mich und wartete, bis er vorbeigefahren war. Die Stoßdämpfer des alten Chevy waren mit der unebenen Teerdecke überfordert, und das Vehikel holperte quietschend und ächzend an mir vorüber. Bert hatte den Blick starr nach vorne gerichtet und bemerkte weder mich noch meinen Wagen. Ich wartete, bis der Chevy nicht mehr zu sehe n war, und sprang dann rasch in meinen Wagen. Mit der Servolenkung war ich natürlich im Vorteil, und ich holte schnell genug auf, um zu sehen, wie der Kombi auf den Highway 33 fuhr und in östlicher Richtung davon tuckerte.
    Ich blieb an der Kreuzung stehen, bis der Chevy nur noch ein Staubkörnchen am Horizont war. Eine Verfolgung wäre auf der leeren Straße zu riskant gewesen. Ich überlegte immer noch, was ich als Nächstes tun sollte, als ein mit Säcken voll Dünger beladener LKW hinter mir abbremste. Zwei Hispanoamerikaner mit Cowboyhüten saßen darin, Erntearbeiter. Ich winkte sie vorbei, und sie überholten mich und bogen nach links ab. Jetzt hatte ich sie zwischen Bert und mir. Ich folgte dem LKW in gebührendem Abstand.
    Ein paar Meilen weiter, an der Kreuzung von 33 und 150, fuhr der LKW weiter Richtung Süden, während Bert mit einem weiteren umständlichen und übervorsichtigen Manöver nach rechts auf den Highway 150 abbog. Ich blieb hinter ihm, vergrößerte aber den Abstand so weit, dass ich den Kombi gerade noch sehen konnte.
    Er fuhr noch zwei Meilen weiter, vorbei an privaten Campingplätzen, einem Wohnwagen-Stellplatz und Schildern, die den Lake Casitas ankündigten. Das Wasserreservoir war auch ein beliebtes Naherholungsgebiet. Vielleicht waren ja in der Papiertüte nur Brotkrumen, und Bert war unterwegs zum Entenfüttern.
    Aber ein gutes Stück vor dem See fuhr er vom Highway herunter, an einer Kreuzung mit einer Mini-Tankstelle und einer Bretterbude, in der Lebensmittel und Angelköder feilgeboten wurden.
    Wieder so eine nicht gekennzeichnete Landstraße; aber hier war wenigstens dann und wann abseits der Straße eine Blockhütte zu sehen. An einem der ersten Grundstücke, die ich passierte, warb ein handgemaltes Schild für selbst gebackene Beerenpasteten und Brennholz. Danach nichts mehr. Das Unterholz wurde dichter, unter einem schattigen Baldachin aus uralten Eichen, Klebsamen und Bergahornen mit so verdrehten Stämmen und Ästen, dass sie sich vor Schmerzen zu winden schienen. Bert holperte mit seinem Kombi etwa zwei Meilen weiter, ohne mich zu bemerken, dann wurde er noch langsamer und bog links ab.
    Ich behielt die Stelle im Auge, wo er verschwunden war, fuhr rechts ran und wartete zwei Minuten, bevor ich ihm folgte.
    Er war in eine mit Kies bedeckte Auffahrt eingebogen, die nach etwa sechzig Metern eine Linkskurve machte und hinter einer wuchernden Agavenhecke verschwand, den gleichen stachligen Pflanzen, die vor Berts Haus wuchsen. Von einem Gebäude war jedoch nichts zu sehen. Ich stellte den Wagen ab und ging wieder zu Fuß weiter, wobei ich hoffte, dass Berts Ziel nicht allzu weit entfernt lag. Um mich nicht durch Geräusche zu verraten, mied ich den Schotterbelag und ging über den Grünstreifen am Wegrand.
    Dreißig Meter weiter oben erblickte ich den Chevy, der quer auf dem ungepflasterten Hof eines kleinen Hauses mit Blechdach und grün gestrichenen Schindeln parkte. Es war größer als eine Blockhütte, mit vielleicht drei Zimmern, einer windschiefen Veranda und einem Ofenrohr als Schornstein. Ich schlich mich näher heran und bezog einen Beobachtungsposten hinter der Agavenhecke, die sich nach der Kurve fortsetzte. Das Häuschen war von Wald umgeben, stand jedoch auf einer trockenen Lichtung, vermutlich eine Feuerschneise. Die Strahlen der tief stehenden Sonne spielten auf dem Metalldach. Nahe der Tür stand ein krumm und schief gewachsener Aprikosenbaum, unansehnlich und zerzaust, aber schwer beladen mit Früchten.
    Ich wartete schon fast eine halbe Stunde, als Bert wieder herauskam.
    Er schob einen Mann in einem Rollstuhl vor sic h her. Mir fiel der Rollstuhl ein, den ich in seinem

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