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Das Buch der Toten

Das Buch der Toten

Titel: Das Buch der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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worden.«
    »Sie haben nie daran gedacht, den Mord der Polizei zu melden?«
    »Ja, sicher«, erwiderte er. »Ein Haufen reicher Kids aus Bel Air und ein schwarzer Junkie und Kleinkrimineller, der behauptet, er hätte gesehen, wie ein weißes Mädchen aufgeschlitzt wurde? Die Bullen haben mich ständig angehalten, nur weil ich ihnen zu schwarz war, haben meinen Lappen und meine Zulassung überprüft, haben mich aussteigen lassen und mich gefilzt, ohne jeden Grund. Sogar mit meinem alten Mercury Cougar, dabei war das eine alte Schrottkiste, genau das Richtige für einen schwarzen Junkie und Kleinkriminellen.«
    »Aber an diesem Abend«, sagte ich, »hatten Sie eine noblere Karosse. Einen ziemlich neuen weißen Cadillac.«
    »Das wissen Sie?«, sagte er. »Sie wissen ja schon ziemlich viel.« Ein neuer Klang hatte sich in seine Stimme geschlichen, ein drohender Unterton. Eine Andeutung dessen, was er früher einmal gewesen war. »Haben Sie mich vielleicht ausspioniert?«
    »Sie sind der erste Augenzeuge, den wir ausfindig machen konnten. Das mit dem Caddy weiß ich, weil wir Melinda Waters aufgespürt haben und sie den Wagen erwähnt hat. Aber sie hatte die Party schon vor dem Mord verlassen.«
    Er drehte bedächtig den Kopf zur Seite, wandte sein Gesicht von mir ab. »Den Caddy hatte ich geliehen. Ich hatte den Mercury so gepflegt, wie man es bei einem Junkie eben erwarten kann, und schließlich hat er den Geist aufgegeben, und ich hab ihn verkauft, um Geld für Drogen zu haben. Am nächsten Tag ist mir dann aufgegangen, dass ich ohne Auto aufgeschmissen bin, typische Junkie Planung. Ich wollte mir dann eine Karre klauen, hab es aber nicht auf die Reihe gekriegt, so stoned war ich. Also hab ich mir für den Abend die Kiste von einem Freund geliehen.«
    »So ein schicker Wagen, das muss ja ein guter Freund gewesen sein«, meinte ich.
    »Ich hatte ein paar von der Sorte. Und fragen Sie mich nicht, wer es war.«
    »War es derselbe Freund, der Ihnen später half, zu fliehen?«
    Die verspiegelten Gläser richteten sich wieder auf mich.
    »Manche Sachen kann ich nicht verraten.«
    »Es wird alles ans Licht kommen«, sagte ich.
    »Vielleicht«, erwiderte er. »Wenn es einfach so rauskommt, bin ich nicht dafür verantwortlich. Aber manche Sachen kann ich einfach nicht verraten.« Er drehte das Gesicht ruckartig in Richtung Haustür.
    »Irgendwas stimmt da nicht«, sagte er. »Aimée kommt, aber das ist nicht ihr normaler Gang.«
    Ich konnte nichts hören. Und dann: ein ganz schwaches Knirschen, Schritte auf dem Kies. Unregelmäßige Schritte, als ob jemand strauchelte. Wäre da nicht die Panik in seinem Gesicht gewesen, es wäre mir mit Sicherheit entgangen.
    Ich ließ ihn im Schlafzimmer zurück und ging nach vorne ins Wohnzimmer, um an einem der kleinen, beschlagenen Fenster den Vorhang zur Seite zu ziehen. Dann blickte ich in das verschwommene, gelbliche Licht der einsetzenden Dämmerung hinaus.
    Gut dreißig Meter vor dem Haus sah ich zwei Männer, die Aimée und Bert über den Schotterweg auf uns zutrieben. Aimée und Bert hatten die Hände erhoben und setzten widerstrebend einen Fuß vor den anderen. Bert sah zu Tode erschrocken aus; Aimées bleiches Gesicht war ausdruckslos. Sie blieb plötzlich stehen, woraufhin ihr Bewacher ihr etwas in die Seite stieß. Sie zuckte zusammen und ging weiter.
    Der Kies knirschte.
    Einer der Männer war groß und muskulös, der andere einen Kopf kleiner und drahtig. Beide waren Latinos, und sie trugen Cowboyhüte. Ich hatte sie vor einer halben Stunde erst gesehen, in dem Düngemittel-Laster, der sich zwischen Berts und meinen Wagen geschoben hatte und später abgebogen war.
    Zu der Zeit hatte ich es für einen Glücksfall gehalten, weil mir der LKW die Deckung lieferte, die ich brauchte, um Bert unbemerkt folgen zu können.
    Bill rief von hinten: »Was ist denn los?«
    Ich lief zu ihm zurück. »Zwei Cowboys haben die beiden in ihrer Gewalt.«
    »Unter dem Bett«, sagte er und ruderte hilflos mit den Armen.
    »Holen Sie's raus. Schnell.«
    Harscher Befehlston, so hörte sich wahrlich kein Junkie an.

41
    Der schlaue Apparat, mit dem man Alex' Bewegungen verfolgen konnte, war am Armaturenbrett von Boscs Saab montiert, eine raffinierte kleine Vorrichtung mit einem leuchtend blauen Bildschirm und einem Drucker. Bosc drückte ein paar Knöpfe, und der Computer erwachte summend und klickend zum Leben.
    Der Mann war wirklich auf der Höhe der Zeit, hatte alles, was er brauchte, stets in

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