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Das Buch der Toten

Das Buch der Toten

Titel: Das Buch der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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jedem Schuss ins Schwarze.
    Ich nahm ihm die Maschinenpistole ab, steckte den silbernen Revolver ein, rannte ein paar Schritte über de n Kies und ging hinter einem Bergahorn in Deckung. Und wartete.
    Nichts.
    Ich rückte langsam vor, ging auf dem Gras, um meine Schritte zu dämpfen, und machte mich auf den Weg in Richtung Straße. Ich fragte mich, wer oder was mich dort wohl erwartete.
    Auch ic h war zu optimistisch gewesen, als ich geglaubt hatte, die Truppe habe nur aus Vargas und dem Kleinen bestanden. Der Job war doch zu bedeutend für zwei primitive Schlägertypen.
    Coury war ein detailversessener Mann gewesen; er hatte sich darauf spezialisiert, teure Vehikel auseinander zu nehmen und sie zu Kunstwerken zusammenzusetzen.
    Ein guter Planer.
    Man schickt das B-Team los, während das A-Team auf der Lauer liegt. Man opfert das B-Team und greift mit dem A-Team von hinten an.
    Ein Hinterhalt, wieder einmal.
    Coury war persönlich angerückt, um Bill zu erledigen. Bill war ein lebender Zeuge; ihn zu eliminieren, war das oberste Ziel. Das Gleiche galt für Aimée. Hatte er sie und Bert zuerst aus dem Weg geräumt? Ich hatte keine Schüsse gehört, als ich Bill weggetragen hatte, aber der Lärm der Brandbomben und später der Donner der Explosion halten mich schließlich fast taub gemacht.
    Ich ging fünf Schritte, hielt inne, wiederholte die Prozedur. Die Abzweigung kam in Sicht.
    Jetzt würde ich bald mehr wissen aber wollte ich es wissen?
    Ich fand nur den Seville, alle vier Reifen platt gestochen, die Motorhaube offen, die Verteilerkappe entfernt. Tiefe Reifenspuren von zwei verschiedenen Fahrzeugen, beide mit starkem Profil, ließen darauf schließen, dass der Pickup und ein anderer Lastwagen von hier weggefahren waren.
    Das nächste Haus war knapp fünfhundert Meter von der Abzweigung entfernt. Ich konnte gerade eben den gelben Schein der Fenster erkennen.
    Ich war blutverschmiert und blutete selbst, die eine Gesichtshälfte war aufgeschürft, und meine verbrannte Hand tat höllisch weh. Bei meinem Anblick würden die Bewohner vermutlich ihre Türen verriegeln und die Polizei rufen.
    Letzteres wäre mir durchaus recht gewesen.
    Ich hatte es fast geschafft, als ich das dumpfe Grollen hörte.
    Ein starker Motor, das Fahrzeug kam vom Highway 150 her auf mich zugerast. So laut und so nahe, dass ich es hätte sehen müssen, aber keine Scheinwerfer.
    Ich lief ins Gebüsch, verkroch mich im Farn und beobachtete, wie der schwarze Chevrolet Suburban vorbeiraste und gut fünfzehn Meter vor der Abzweigung zu Bills und Aimées Grundstück abbremste.
    Der Kleinbus blieb stehen. Rollte noch fünf Meter weiter, blieb wieder stehen.
    Ein Mann stieg aus. Sehr groß und kräftig.
    Dann noch einer, etwas kleiner, aber nicht viel. Er gab eine Art Handzeichen, und die beiden zogen ihre Waffen und eilten auf die Einfahrt zu.
    Saß noch jemand am Steuer? In der Dunkelheit konnte ich durch die getönten Fenster des Suburban absolut nichts erkennen. Jetzt wusste ich, dass es riskant und absolut falsch wäre, zum nächsten Haus zu laufen, die Schüsse, mit denen Coury Bill getötet hatte, hallten noch in meinem Kopf wider. Coury hatte geschossen, aber ich hatte den Engel des Todes gespielt und konnte es nicht verantworten, noch mehr Unschuldige in die tödliche Auseinandersetzung hineinzuziehen.
    Ich kauerte im Gebüsch und wartete. Wollte auf meine Uhr schauen, doch das Glas war zersplittert, die Zeiger abgebrochen.
    Ich zählte die Sekunden. Ich war bei dreitausendzweihundert angelangt, als die zwei kräftigen Männer zurückkamen.
    »Scheiße«, sagte der Kleinere. »Verdammter Mist.« Ich stand auf und sagte: »Milo, erschieß mich nicht.«

45
    Aimée und Bert saßen in der dritten Sitzreihe des Suburban. Aimée hielt Bert am Ärmel gepackt. Berts Augen starrten ins Leere.
    Ich setzte mich zu Milo in die zweite Reihe.
    Am Steuer saß Stevie, der Samoaner, der Kopfgeldjäger, den Georgie Nemerov Yokuzuna nannte. Neben ihm saß Red Yaakov, dessen kurz geschorener Schädel fast das Autodach berührte.
    »Wie habt ihr uns gefunden?«, fragte ich.
    »Sie haben deinem Seville einen Peilsender angehängt, und ich hab den Kerl erwischt, der dahinter steckte.«
    »Eine Spezialanfertigung aus Courys Werkstatt?«
    Er legte mir die Hand auf die Schulter, eine beredte Geste: Ich erklär's dir später.
    Stevie fuhr auf den Highway 150 und hielt kurz vor der 33er-Kreuzung an einer von Bäumen umstandenen Wendebucht, in der drei Fahrzeuge parkten.

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