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Das Buch der Toten

Das Buch der Toten

Titel: Das Buch der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Schwarz des Nachthimmels verschwammen.
    Und dann war dort, wo das kleine Haus gestanden hatte, plötzlich nur noch ein leuchtend roter, alles verschlingender Feuerball, umringt von einem hellgrünen Hof.
    Ein Gestank wie von alten Spirituskochern auf einem Campingplatz. Wahrscheinlich war der Herd in die Luft geflogen. Die Druckwelle warf mich zu Boden. Bill landete auf mir.
    Von Aimée und Bert keine Spur.
    Ich starrte in die Richtung, wo das Haus gewesen war, und fragte mich, ob das Feuer auf den Wald übergreifen würde. Schlecht für die Bäume, aber vielleicht gut für uns, falls jemand die Feuersbrunst bemerkte.
    Aber alles blieb still. Das Feuer sprang nicht über; die Schneise erfüllte ihren Zweck.
    Ich wälzte Bill von mir herunter und stützte mich auf die Ellenbogen. Seine Brille war verrutscht, und er bewegte lautlos die Lippen.
    Ich fragte: »Geht's noch?«
    »Ich, ja. Wo ist…«
    »Kommen Sie, wir müssen weiter.«
    »Wo ist sie?«
    »Sie ist in Sicherheit, Bill. Kommen Sie.«
    »Ich muss…«
    Ich fasste ihn an der Schulter.
    »Lassen Sie mich hier zurück«, sagte er. »Lassen Sie mich einfach liegen, ich kann nicht mehr.«
    Ich wollte ihn hochheben.
    »Bitte«, sagte er.
    Meine verbrannte Hand begann zu pochen. Alles pochte und brannte und schmerzte.
    Eine raue Stimme sagte hinter meinem Rücken: »Endstation, Mr. Cadillac.«

44
    Vance Courys Silberhaar schimmerte im Mondlicht. Es wurde von einem schwarzen Lederstirnband gehalten. Der Moschusduft seines Aftershaves überlagerte sogar den Brandgeruch.
    Er leuchtete mir mit der Taschenlampe ins Gesicht, richtete den Strahl auf Bill und ließ die Hand sinken, sodass die Lampe den Waldboden erhellte. Als die weißen Punkte vor meinen Augen sich verzogen hatten, erkannte ich, was das Rechteck in seiner rechten Hand war. Ich blickte in einen walzenförmigen Lauf, den Lauf einer Maschinenpistole.
    Er sagte: »Aufstehen.« Kühl und sachlich. Er wollte es hinter sich bringen.
    Er trug einen hellen, ölverschmierten Monteursanzug - das passende Outfit für einen Job, bei dem man sich leicht schmutzig machte. An seinem Hals blitzte etwas Helles, wahrscheinlich dasselbe Goldkettchen, das ich schon von der Werkstatt her kannte.
    Ich stand auf. Mein Kopf dröhnte noch von der Explosion.
    »Los.« Er deutete nach rechts, zurück zur Lichtung.
    »Was ist mit ihm?«, fragte ich.
    »Ach ja, er.« Er senkte die Maschinenpistole und durchsiebte den blinden Mann mit einem Feuerstoß, der seinen Körper fast in zwei Hälften zerteilte. Die Fragmente von Bills Leiche zuckten und zappelten noch kurz, dann war alles still.
    Coury sagte: »Noch irgendwelche Fragen?«
    Er trieb mich aus dem Waldstück heraus. Ein Haufen glühende Asche, ein Gewirr von Elektrokabeln, ein Chaos von Steintrümmern und verdrehten Metallstühlen, das war alles, was von dem kleinen grünen Haus übrig geblieben war. Und ein verkohltes Etwas mit verrenkten Gliedern, das mit Klebeband an einen Stuhl gefesselt war.
    »Ich wette, Sie haben schon als Kind gerne mit Streichhölzern gespielt«, sagte ich.
    »Los, weiter.«
    Ich trat auf den Kiespfad hinaus. Hielt den Kopf gerade, ließ aber die Augen nach links und rechts schweifen. Nacho Vargas' Leiche lag immer noch da, wo er zu Boden gestürzt war. Von Aimee oder Bert war nichts zu sehen.
    Eine ekelhaft süße Moschuswolke stieg mir in die Nase, Coury, der dicht hinter mir ging.
    »Wohin gehen wir?«, fragte ich.
    »Weiter!«
    »Weiter wohin?«
    »Halt's Maul!«
    »Wohin gehen wir?« Schweigen.
    Zehn Schritte später machte ich einen weiteren Versuch.
    »Wohin, gehen wir?«
    »Du bist wirklich saublöd«, fuhr er mich an.
    »Meinst du?«, gab ich zurück. Ich griff in die Tasche, zog die silberne Pistole heraus, die ich dem Kleinen abgenommen hatte, und drehte mich blitzschnell um die eigene Achse.
    Er konnte nicht rechtzeitig bremsen und fiel vornüber, sodass wir fast zusammenstießen. Jetzt versuchte er, einen Schritt zurückzuweichen, um die Maschinenpistole in Anschlag bringen zu können, aber sein Bewegungsradius war eingeschränkt. Er strauchelte.
    Coury hatte es versäumt, mich nach Waffen abzusuchen. Der Sohn reicher Eltern mit dem überdimensionierten Selbstwertgefühl, der nie wirklich erwachsen geworden war. Und all die Jahre ungestraft davongekommen war.
    Die kleine silberne Pistole fuhr wie von selbst hoch. Courys Kinnbart sträubte sich, als er überrascht den Mund aufriss.
    Ich zielte auf seine Mandeln, feuerte dreimal und traf mit

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