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Das Buch der Toten

Das Buch der Toten

Titel: Das Buch der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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irgendjemand Milos Spind auf und legte einen Stapel schwuler SM-Pornos hinein.
    Eine Woche darauf wurde ihm Delano Hardy, der einzige schwarze Detective des Reviers, als Partner zugeteilt. Die ersten Wochen ihrer gemeinsamen Einsätze waren ein einziger Krampf schlimmer noch als die Zeit mit Schwinn; die Anspannung war fast unerträglich. Del war ein frommer Baptist, der es sich mit den Oberen verdorben hatte, indem er die Rassenpolitik des Departments kritisiert hatte; für abweichendes Sexualverhalten hatte er allerdings nichts übrig. Das ganze Revier wusste inzwischen über die Sache mit den Pornoheften Bescheid, und Milo begegnete eisigen Blicken, wo immer er hinkam.
    Dann entspannte sich die Lage. Del erwies sich als psycho logisch flexibel, ein gewissenhafter, hochanständiger Kerl mit gutem Gespür und enormem Ehrgeiz. Die zwei begannen endlich als Team zu arbeiten, lösten einen Fall nach dem anderen und bauten eine partnerschaftliche Beziehung auf, die auf Erfolg und der Vermeidung gewisser Themen beruhte. Nach sechs Monaten waren sie so richtig in Fahrt gekommen, kassierten die schweren Jungs reihenweise ein, ohne ins Schwitzen zu geraten. Keiner von beiden wurde zu Grillabenden oder Kneipentouren mit Kollegen eingeladen. Oder zu Orgien mit Groupies.
    Nach Feierabend kehrte Del in sein Reihenhaus am Leimert Park und zu seiner hochanständigen, hochverklemmten Ehefrau zurück, die immer noch nichts von Milo wusste, und Milo schlich sich zurück in seine einsame Single-Wohnung. Abgesehen von dem Fall Ingalls hatte er eine fast hundertprozentige Aufklärungsrate.
    Abgesehen von dem Fall Ingalls…
    Pierce Schwinn sah er nie wieder; Gerüchte besagten, dass er vorzeitig seinen Abschied genommen habe. Ein paar Monate später rief Milo in der Personalabteilung des Parker Center an, log sich durch und konnte in Erfahrung bringen, dass Schwinn ohne einen Vermerk über disziplinarische Maßnahmen in seiner Personalakte aus dem Dienst geschieden war.
    Also hatte es vielleicht gar nichts mit Schwinn zu tun, sondern vielmehr mit Janie Ingalls. Er fasste neuen Mut und rief wieder im Metro-Revier an, um mehr über den Fall herauszubekommen. Wieder rief niemand zurück. Er versuchte es im Archiv, weil es schließlich denkbar war, dass inzwischen jemand den Fall abgeschlossen hatte, und erhielt die Information, dass der Fall nicht als gelöst abgelegt worden war; auch war Melinda Waters nie gefunden worden.
    An einem heißen Julimorgen erwachte er aus einem Traum über Janies Leiche, fuhr nach Hollywood und zu Bowie Ingalls' Behausung in der Edgemont Street. Das pinkfarbene Haus war verschwunden, komplett abgerissen; der Boden ausgehoben für ein unterirdisches Parkhaus, das Grundgerüst für einen wesentlich größeren Wohnblock bereits erkennbar.
    Er fuhr bis zur Gower und dann eine Meile in nördlicher Richtung. Eileen Waters' schäbiges kleines Haus stand noch, doch Waters war nicht mehr da. Zwei schlanke, feminin wirkende junge Männer, beide Antiquitätenhändler, wohnten jetzt dort. Nach wenigen Augenblicken flirteten sie beide bereits hemmungslos mit Milo. Das erschreckte ihn. Er hatte sich alle Mühe gegeben, den Macho-Cop herauszukehren, und trotzdem hatten sie ihn durchschaut…
    Die hübschen Knaben wohnten zur Miete. Das Haus hatte leer gestanden, als sie eingezogen waren, und keiner der beiden hatte einen Schimmer, was aus der Vormieterin geworden war.
    »Eines kann ich Ihnen jedenfalls sagen«, meinte einer der Knaben. »Sie hat geraucht. Das ganze Haus hat danach gestunken.«
    »Richtig eklig«, pflichtete sein Mitbewohner bei. »Wir haben gründlich sauber gemacht und ausgemistet, alles neu eingerichtet, Neo-Biedermeier. Sie würden es nicht wiedererkennen.« Und dann mit verschwörerischem Grinsen:
    »Jetzt erzählen Sie doch mal. Was hat sie eigentlich verbrochen?«

11
    Nachdem Milo seine Geschichte erzählt hatte, ging er in meine Küche. Steuerte den Kühlschrank an, endlich. Ich sah, wie er die Tür des Gefrierfachs aufmachte, wo die Flasche Stolichnaya lag. Den Wodka hatte er selbst Robin und mir geschenkt, obwohl ich selten irgendetwas anderes als Whiskey und Bier anrühre und Robin nur Wein trinkt. Robin…
    Ich sah ihm zu, wie er ein Glas zur Hälfte füllte und einen Schuss Grapefruitsaft dazugab, nur für die Farbe. Er leerte das Glas in einem Zug, goss sich nach und kam an den Esszimmertisch zurück.
    »Das ist alles«, sagte er.
    »Ein schwarzer Detective namens Broussard. Ist das

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