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Das Buch der Toten

Das Buch der Toten

Titel: Das Buch der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Leben vor seiner Zeit mit mir nachgedacht. Ich mochte die Vorstellung nicht, dass er so viel Zeit mit Toten verbracht hat, bitte verstehen Sie mich nicht falsch.«
    »Das ist kein Job für jedermann, Ma'am.«
    »Pierce, nach außen hin war er stark, aber innen drin, da war er ganz empfindsam. Er brauchte die Schönheit.«
    »Sieht aus, als hätte er sie gefunden«, sagte Milo. »Sieht aus, als hätte er das wahre Glück gefunden.«
    Marges Augen wurden feucht. »Das haben Sie nett gesagt. Also, hat mich gefreut, Sie kennen zu lernen. Sie können gut zuhören, alle beide.« Sie lächelte. »Das haben Cops wohl so an sich.«
    Wir folgten ihr zur Tür. Dort fragte Milo sie: »Hat Pierce je Besuch bekommen?«
    »Niemals, Detective, keine Menschenseele. Wir haben die Ranch so gut wie nie verlassen, außer um Lebensmittel zu besorgen, und das war vielleicht einmal im Monat, wenn wir zum Großeinkauf nach Oxnard oder Ventura gefahren sind. Ab und zu sind wir mal in Santa Barbara ins Kino gegangen oder haben uns im Ojai-Theater ein Stück angesehen, aber wir sind nie unter die Leute gegangen. Ehrlich gesagt, wir waren beide ziemliche Eigenbrötler. Abends haben wir bloß hier gesessen und in den Himmel geguckt. Das hat uns völlig genügt.«
    Marge begleitete uns zu unserem Wagen. Sie sah zu den Pferden hin und sagte: »Ein bisschen Geduld noch, Freunde, ich kümmere mich gleich um euch.«
    Milo sagte: »Danke, dass Sie sich für uns Zeit genommen haben, Mrs. Schwinn.«
    »Mrs. Schwinn«, sagte Marge. »Hätte nie geglaubt, dass ich mal Mrs. Irgendwer sein würde, aber ich finde, das klingt nicht schlecht. Ich denke, ich kann für den Rest meines Lebens Mrs. Schwinn bleiben, oder?«
    Als wir eingestiegen waren, beugte sie sich zum Beifahrerfenster herunter. »Sie hätten den Pierce gemocht, den ich gekannt habe, Detective. Er hat keinen Menschen verurteilt.«
    Sie berührte kurz Milos Hand, dann machte sie auf dem Absatz kehrt und eilte zur Koppel hinüber.

14
    Als wir wieder auf dem Highway 33 waren, sagte ich: »Jetzt wissen wir also, woher das Album stammt.«
    »Der Typ lässt sich ein Loch ins Ohr stechen, und plötzlich ist er die Gelassenheit in Person«, meinte Milo.
    »Wir sind hier schließlich in Kalifornien.«
    »›Er hat keinen Menschen verurteilt.‹ Du weißt doch, was sie damit meinte? Schwinn ist zu dem Schluss gekommen, dass meine Homosexualität doch akzeptabel ist. Wow, ich fühl mich ja so was von bestätigt.«
    »Als ihr zwei Kollegen wart, war er also homophob?«
    »Er hat's nicht offen gezeigt, war bloß generell unausstehlich. Aber welcher Mann aus seiner Generation mag schon Schwule? Ich war immer nervös in seiner Gegenwart. Überhaupt in Gegenwart von anderen.«
    »Lustige Zeiten, was?«, meinte ich.
    »Aber hallo, hab mich köstlich amüsiert. Ich ha tte ständig das Gefühl, dass er mir nicht traute. Schließlich hat er die Katze aus dem Sack gelassen und zugegeben, dass es so war, aber den Grund wollte er mir immer noch nicht verraten. Nach allem, was wir jetzt wissen, hätte es auch Verfolgungswahn sein können, ausgelöst durch seinen Drogenkonsum, aber das glaube ich eigentlich nicht.«
    »Ob das Department von seiner Sucht gewusst hat?«
    »Sie haben es nicht erwähnt, als sie mich verhört haben; es ging immer nur um seine Hurerei.«
    »Was ich interessant finde, ist, dass sie ihn mit vollem Ruhegehalt rauskomplimentiert und ihm nicht etwa ein Disziplinarverfahren an den Hals gehängt haben«, sagte ich.
    »Vielleicht dachten sie, wenn sie mit einem kiffenden, hurenden Cop an die Öffentlichkeit gehen, könnten sie noch mehr kiffende und hurende Cops ans Tageslicht befördern. Oder es hatte etwas mit dem Fall Ingalls zu tun.«
    Einige Meilen verstrichen, bevor er wieder etwas sagte. »Der blöde Sack war auf Speed. Nervös und zappelig, dürr wie eine Bohnenstange, kann nicht schlafen und kippt Kaffee und Hustensaft in sich rein wie ein Vampir frisches Blut. Dazu der Verfolgungswahn und die plötzlichen Stimmungsumschwünge, eindeutig Drogenparagraf einhunderteins. Ich hätte es merken müssen.«
    »Du hast dich eben auf den Job konzentriert und nicht auf seine schlechten Angewohnheiten. Wie dem auch sei, abgesehen von seinen persönlichen Gefühlen dir gegenüber, hatte er ja offenbar Respekt vor deinen Fähigkeiten. Deshalb hat er irgendjemanden dazu gebracht, dir das Album zu schicken.«
    »Irgendjemand«, fauchte er. »Er stirbt vor sieben Monaten, und jetzt kommt plötzlich das

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