Das Buch der Toten
Typen, der es auf dem Rücksitz mit Nutten getrieben hat, während er im Dienst war. Mein Glaube an die Wandlungsfähigkeit des Menschen hat seine Grenzen.«
»Wenn es eine andere Frau gab«, sagte ich, »dann wahrscheinlich weit weg von Ojai. Das ist eine Kleinstadt, da ist es sehr schwer, die Diskretion zu wahren. Das könnte die Erklärung für den Poststempel von L. A. sein.«
»Das Schwein.« Er fluchte halblaut vor sich hin. »Ich hab den Kerl nie leiden können, und jetzt schikaniert er mich noch vom Grab aus. Nehmen wir mal an, dass er irgendeine großartige moralische Erleuchtung wegen Janie hatte. Was sagt mir das Album eigentlich? Was soll ich damit anstellen? Scheiß drauf, ich muss dieses Spielchen nicht mitspielen.«
Wir schwiegen, bis wir wieder auf dem Freeway waren. Bei Camarillo fuhr ich auf die Überholspur und beschleunigte auf hundertzwanzig. Er murmelte: »Bleifuß… Der Alte kriegt plötzlich ein Gewissen, und ich muss springen wie ein dressierter Floh.«
»Es zwingt dich ja niemand, irgendwas zu tun«, sagte ich.
»Hast verdammt Recht, ich bin schließlich Amerikaner. Mit dem «Recht auf Leben, Freiheit und das Streben nach Unglück.«
Es war Nachmittag, als wir die Grenze des Bezirks L. A. überquerten. Wir hielten in Tarzana, um uns ein paar Hamburger zu genehmigen, fuhren wieder auf den Ventura Boulevard, bogen an dem Zeitungskiosk am Van Nuys rechts ab, fuhren weiter in Richtung Valley Vista und Beverly Glen. Unterwegs bat ich Milo, mit seinem Handy meinen Telefondienst anzurufen. Robin hatte sich nicht gemeldet.
Als wir an meinem Haus ankamen, war Milo immer noch nicht in gesprächiger Stimmung, aber ich sagte: »Ich muss immer noch über Caroline Cossack nachdenken.«
»Wieso?«
»Ein Mädchen, das einen Hund vergiftet, das ist mehr als nur ein dummer Streich. Über ihre Brüder steht ständig was in der Zeitung, aber über sie findet man keine Zeile. Ihre Mutter hat einen Debütantinnenball gegeben, aber Caroline taucht in der Liste der Debütantinnen nicht auf. Nicht einmal bei der Beerdigung ihrer Mutter wird sie genannt. Wenn du mir nicht die Geschichte von dem vergifteten Hund erzählt hättest, wüsste ich nicht einmal, dass sie existiert. Es ist, als ob die Familie sie ausgespuckt hätte wie eine faule Frucht. Vielleicht aus gutem Grund.«
»Die Nachbarin, diese schrullige alte Ärztin, Schwartzman, die hatte vielleicht eine allzu blühende Fantasie. Sie konnte die Cossacks allesamt nicht ausstehen.«
»Aber ihre ernsthaftesten Verdächtigungen richteten sich gegen Caroline.«
Er machte keinerlei Anstalten, aus dem Wagen auszusteigen. Ich sagte: »Es ist nicht weiter verwunderlich, dass ein Mädchen zu Gift greift. Eine Vergiftung erfordert keine physische Konfrontation, weshalb auch ein überdurchschnittlich hoher Prozentsatz aller Giftmörder Frauen sind. Ich muss dir nicht sagen, dass psychopathische Mörder oft mit Tieren anfangen, aber dabei handelt es sich gewöhnlich um männliche Täter, die auf Blut stehen. Wenn ein junges Mädchen derart gewalttätig handelt, wäre das ein ernsthaftes Warnsignal. Ich frage mich, ob Caroline die ganzen Jahre über eingesperrt war. Vielleicht, weil sie etwas sehr viel Schlimmeres getan hatte, als einen Hund zu vergiften.«
»Oder vielleicht ist sie gestorben.«
»Dann musst du erst mal die Sterbeurkunde auftreiben.«
Er rieb sich mit den Handrücken über die Augen und blickte zu meinem Haus hinauf. »Vergiften ist eine hinterlistige Methode. Was Janie angetan wurde, war offen und unverhohlen, die Art, wie die Leiche weithin sichtbar platziert wurde. Undenkbar, dass ein Mädchen so etwas getan haben könnte.«
»Ich sage ja nicht, dass Caroline Janie eigenhändig getötet hat, aber sie könnte an der Tat beteiligt gewesen sein. Vielleicht hat sie dem Täter ja nur als Köder gedient. Viele Mörder haben junge Frauen als Köder benutzt - Paul Bernardo, Charlie Manson, Gerald Gallegos, Christopher Wilding. Caroline wäre der perfekte Köder für Janie und Melinda gewesen, ein Mädchen in ihrem Alter, auf den ersten Blick völlig harmlos. Und reich. Caroline könnte zugesehen haben, wie jemand anderes die blutige Arbeit machte, oder vielleicht hat sie sich ja auch daran beteiligt, ähnlich wie die Manson-Girls. Möglicherweise war es ja eine Gruppe, so wie bei den Mansons, eine Party, die auf entsetzliche Weise ausartete. Frauen sind affiliativ veranlagt, das gilt auch für Mörderinnen. Gruppensituationen senken ihre
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