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Das Buch der Unruhe des Hilfsbuchhalters Bernardo Soares: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Das Buch der Unruhe des Hilfsbuchhalters Bernardo Soares: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Das Buch der Unruhe des Hilfsbuchhalters Bernardo Soares: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Zenith , Fernando Pessoa
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beiden Arme einer Umarmung, die beiden Ärgernisse fern von mir, die mich bedrängen: das Ärgernis, nur das Wirkliche leben, und das Ärgernis, nur das Mögliche verstehen zu können.
    Auf diese Weise triumphiere ich über die gesamte Wirklichkeit. Auf Sand gebaut, die Burgen meines Triumphes? … Auf welch göttliches Fundament, wenn nicht auf Sand, sind Burgen gebaut?

    Woher wissen Sie, daß mich meine Art des Reisens nicht insgeheim verjüngt?
    Als Kind des Absurden erwecke ich meine frühen Jahre zu neuem Leben und spiele mit den Vorstellungen von Dingen wie mit den Bleisoldaten, die ich als Junge Dinge tun ließ, die jeder Vorstellung von einem Soldaten widersprachen.

    Irrtumstrunken verliere ich mich für Augenblicke an das Gefühl zu leben.

[Nie unternommene Reise?]
    Schiffbruch? Nein, ich habe nie Schiffbruch erlitten. Habe jedoch den Eindruck, daß ich mit all meinen Reisen gestrandet bin und meine geheime Rettung das gelegentliche Eintauchen ins Unbewußte war.
    Unklare Träume, verschwommene Lichter, verworrene Landschaften – nur sie, nichts sonst bleibt mir zurück von all den Reisen in meiner Seele.
    Mir scheint, ich habe Stunden aller Farben gekannt, Lieben aller Reize, Sehnsüchte allen Ausmaßes. Ich habe mein Leben lang das Maß überschritten und habe mir doch nie genügt, nicht einmal in meinen Träumen.
    Glauben Sie mir, ich bin wirklich gereist. Auch wenn scheinbar alles darauf hindeutet, daß ich zwar gereist bin, nicht aber gelebt habe. Von einer Himmelsrichtung zur anderen, von Nord nach Süd … von Ost nach West haben mich der Verdruß über meine Vergangenheit begleitet, der Widerwille gegen meine Gegenwart und die Unruhe über meine Zukunft. Aber ich setze alles daran, ganz in der Gegenwart zu bleiben, und töte in mir Vergangenheit und Zukunft.
    Ich habe die Ufer von Flüssen überschritten, deren Namen ich nicht kannte. An den Kaffeehaustischen fremder Städte entdeckte ich, daß alles für mich etwas Vages, Traumhaftes hatte. Ich habe mich manches Mal gefragt, ob ich nicht vielleicht noch am Tisch unseres alten Hauses saß und traumverloren vor mich hin starrte! Ich kann Ihnen nicht versichern, daß dem nicht so ist, daß ich in diesem Augenblick nicht noch dort bin, daß all dies, einschließlich dieses Gesprächs mit Ihnen, nicht doch Täuschung und Phantasie ist. Wer, mein Herr, sind Sie eigentlich? Und ebenso absurd ist, daß Sie es nicht erklären können …

[Nie unternommene Reise?]
    Nicht an Land gehen heißt keinen Platz an Land haben. Nie ankommen, niemals irgendwo ankommen.

Milchstraße
    … mit geschmeidigen Sätzen giftig geistiger Natur …
    … Rituale verschlissenen Purpurs, geheimnisvoll feierliche Riten aus niemandes Zeit.
    … gefangene Empfindungen, gefühlt in einem nicht körperlichen Körper, doch körperlich und Körper auf seine Art, subtil zwischen vielschichtig und einfach …
    … Seen, über denen eine seidige Ahnung matten Goldes liegt, zart aller Möglichkeit beraubt, sich je zu materialisieren, zweifellos dank ausgesucht ausgeklügelter Feinheiten, eine Lilie in schneeweißen Händen …
    … Bündnisse zwischen Starre und Angst, schwarzgrün, lau anzusehen, müde zwischen den Wächtern des Überdrusses.
    … Perlmutt unnützer Konsequenzen, Alabaster häufiger Kasteiungen – golden, violettrot gesäumt, Sonnenuntergänge als Zeitvertreib, aber keine Boote zu besseren Ufern noch Brücken zu größeren Dämmerungen …
    … nicht einmal am Rand des Gedankens an Teiche, viele Teiche, in der Ferne zwischen Pappeln oder Zypressen vielleicht, gemäß der Silben, mit denen die Stunde traurig ihre Namen nannte …
    … Fenster offen hin zu Kaimauern, unaufhörliches Wellenschlagen gegen Docks, ein verrücktes, verzücktes Gefolge wie ein Durcheinander von Opalen, in dem Amarante und Terebinthen in schlaflosem Verstehen auf die dunklen Mauern des Hören-Könnens schreiben …
    … Fäden seltenen Silbers, Gespinste zerfaserten Purpurs, unnütze Gefühle unter Linden, alte Paare in stillen Buchsbaumalleen, aufschlagende Fächer, vage Gesten, zweifellos erwarten schönere Gärten die sanfte Müdigkeit von Wegen nur und Alleen …
    Bäume in Fünfergruppen, Laubengänge, künstliche Grotten, abgezirkelte Beete, Springbrunnen, all die lebendige Kunst toter Meister, die unzufrieden, im Zwiespalt mit dem Augenschein, auf den engen Straßen jener alten Dörfer der Wahrnehmung eine Vielfalt erträumter Dinge schufen …
    … Marmorklänge in fernen

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