Das Buch der Vampire 01 - Bleicher Morgen
tot.
Victoria öffnete die Droschkentür, dann erstarrte sie und schlug sie schnell wieder zu. Phillip stand draußen auf der Straße und rief nach ihr.
Verdammter Mist!
Verstohlen spähte sie aus dem Fenster und wartete, dass er vorbeigehen würde, damit sie sich rausschleichen und zu ihrer Kutsche zurücklaufen konnte.
Kaum dass er die Droschke dann endlich passiert hatte, schlüpfte sie ins Freie und rannte zurück, aber als sie gerade um die Ecke bog, wurde ihr klar, dass sie Phillip an einem Ort zurückließ, wo jederzeit ein weiterer Vampir auftauchen konnte.
Ihr Nacken blieb zwar warm, trotzdem verharrte sie an der Straßenbiegung, um nach ihm Ausschau zu halten.
Sie atmete auf, als er dann endlich wieder in Sicht kam. Er eilte mit langen Schritten zurück, so als hätte er beschlossen, in einer anderen Richtung nach ihr zu suchen. Sie legte das letzte Stück bis zur Kutsche zurück, wo Tom, der Kutscher, sie erleichtert in Empfang nahm.
»Mylady! Wo waren Sie?«
Sie antwortete nicht, denn in diesem Moment kam Phillip um die Ecke gelaufen und entdeckte sie.
»Victoria! Wo hast du gesteckt? Und was ist das da auf deinem Kleid? Ist das etwa Blut?« Er starrte sie entsetzt an.
»Lass uns in die Kutsche steigen, dann werde ich es dir erzählen.« Es war schon fast elf, und falls sie bereit sein wollte, wenn Max kam, mussten sie sich jetzt auf den Weg machen.
Phillip half ihr in die Kutsche, und Victoria nahm Platz, wobei sie sich rasch eine Geschichte zurechtlegte. »Hast du meine Handtasche gefunden?«
»Nein, sie war nicht in der Loge. Victoria.«
»Meine Güte, hier ist sie ja! Sie war die ganze Zeit unter diesem Kissen!«, rief Victoria aus und zog ihr Abendtäschchen hervor. »Es tut mir so leid, dass ich dich auf eine solch sinnlose Suche geschickt habe.«
»Ja, genau wie letzte Woche, als du glaubtest, du hättest deinen Schal in dem Restaurant, wo wir zu Abend gegessen hatten, vergessen.«
»Ich weiß gar nicht, weshalb ich neuerdings so ein Wirrkopf bin.« Doch Victoria erkannte, dass er sich nicht länger in Geduld üben und ablenken lassen würde, deshalb sagte sie: »Ich wollte dich nicht beunruhigen, Phillip, aber ich entdeckte eine Bekannte meiner Mutter, und da bin ich zu ihr gegangen, um sie zu begrüßen. Ich habe sie und ihren Mann zu ihrer Kutsche begleitet - die nur ein Stück von unserer eigenen entfernt stand -, und sie bat mich, mit hineinzukommen und ihrer Tochter hallo zu sagen. Aber als wir einstiegen, schlug die Tür zu und knallte ihrem Mann auf die Nase, die daraufhin heftig zu bluten anfing. Es war ihm schrecklich peinlich, dass er mein Kleid befleckt hatte. Deshalb konnte ich nicht einfach davoneilen, sondern ich musste noch ein wenig bleiben, um ihn zu überzeugen, dass er sich keine Schuld daran geben sollte. Es tut mir wirklich leid; ich hätte Tom sagen sollen, dass ich weggehe!«
»Nun, ich hoffe, dass du dich in Zukunft nicht mehr einfach davonstiehlst, ohne jemandem Bescheid zu geben. Zum einen ist es nicht sicher - es lauern überall Schurken, die nur auf die Gelegenheit warten, einen ahnungslosen Spaziergänger auszurauben - und zum anderen bist du jetzt nicht nur eine Marquise und damit deinem Stand verpflichtet, sondern für einen
ruchlosen Menschen, der es auf Geld abgesehen hat, sehr wertvoll - und für mich noch viel mehr. Ich will nicht, dass du dich in Gefahr begibst.«
»Du hast Recht, Phillip. Ich werde so etwas nicht wieder tun.« Und das meinte sie auch so. Das nächste Mal würde sie besser planen.
Sie kuschelten sich die restliche Fahrt aneinander, so wie Frischvermählte es zu tun pflegen. Victoria überlegte dabei, wie sie das salvi in Phillip bekäme, und Phillip dachte darüber nach, wie er etwas anderes in Victoria bekäme.
Eine Viertelstunde nach Mitternacht klopfte Victoria leise an Max’ Kutsche.
Die Tür schwang auf, und sie kletterte ohne Hilfe hinein. Zu ihrem Erstaunen machte Max, der entspannt in einer Ecke saß, keine Bemerkung über ihre Verspätung.
Stattdessen pochte er gegen die Decke, um Briyani das Zeichen zur Abfahrt zu geben, und die Kutsche setzte sich in Bewegung.
Victoria saß ihm schweigend gegenüber und versuchte zu verdrängen, auf welch schäbige Weise sie ihren Mann hintergangen hatte.
Sie hatte das salvi , von dem Max ihr versichert hatte, dass es geschmack- und geruchlos sei, in Phillips Scotch geschüttet und ihm das Glas gebracht, nachdem sie sich geliebt hatten.
Danach hatte sie sich neben ihm auf
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