Das Buch der Vampire 01 - Bleicher Morgen
ich eingeschlafen war. Das ist wirklich untypisch für mich. Es muss wohl deine Schuld sein.« Er sagte das humorvoll, mit einem neckenden Lächeln, aber Victoria schien die Bemerkung nicht amüsant zu finden.
Sie trank einen Schluck Tee, schaffte es jedoch offensichtlich nicht, auch nur ein kleines Stück Toast zu sich zu nehmen. Phillip schüttelte den Kopf. Er fühlte sich noch immer benebelt. Vielleicht war sein kleiner Scherz ja nicht so witzig gewesen, wie er gedacht hatte.
»Ist dir kalt?«, fragte er, um es mit einer anderen Taktik zu versuchen. »Ich finde es eigentlich recht warm, aber du trägst eine Pelerine.«
»Ja, ich friere ein wenig«, erwiderte Victoria. Doch ihre Wangen waren rosig, und wenn ihn nicht alles täuschte, war da ein leichter Schimmer auf ihrer Stirn.
»Fühlst du dich nicht wohl?«
»Doch, tatsächlich fühle ich mich großartig.«
Ein Gedanke durchzuckte ihn. Ein wundervoller Gedanke. Doch es war zu früh... erst zwei Wochen. Aber er sprach es trotzdem an. »Vielleicht wäre es möglich, dass du ein Kind erwartest? Ich weiß, dass es erst ein paar Wochen sind, aber...«
Victoria sah von ihrem Frühstück auf, das Gesicht blass und die grün gesprenkelten Augen vor Entsetzen geweitet. »N-nein … ich denke, es wäre wirklich zu früh, Phillip.«
Er lächelte. »Dann müssen wir weiter daran arbeiten.«
»Irgendwie fühle ich mich doch nicht so wohl.« Victoria stand unvermittelt auf. »Ich sollte mich besser ein wenig hinlegen. Gehst du heute in deinen Club?«
»Ich muss mich um ein paar Geschäfte kümmern, aber wenn du nicht wohlauf bist, Victoria, werde ich in der Nähe bleiben.«
»Nein. Nein, Phillip, mach dir keine Sorgen. Ich brauche nur etwas Ruhe. Ich habe letzte Nacht nicht so gut geschlafen wie du.«
Er beobachtete, wie sie aus dem Zimmer hastete, und bemerkte dabei etwas sehr Seltsames: Als sie durch die Tür lief, stieß sie sich den linken Arm am Rahmen. Daran, wie sie ihn keuchend umfasste, erkannte er, dass es mehr war als nur ein geringfügiger Schmerz, der auf ihre Ungeschicklichkeit zurückzuführen war. Da stimmte etwas ganz und gar nicht.
Um Himmels willen! Ein Baby! Phillip wollte ein Baby!
Victoria ließ sich, ohne an ihre Wunde zu denken, auf das Bett in ihrem Schlafzimmer fallen, landete auf der linken Seite und rollte sich, als der Schmerz ihren Arm hinaufschoss, auf die andere.
Sie durfte kein Kind bekommen. Sie konnte auch nicht mehr jedes Mal, wenn sie sich aus dem Haus schleichen musste, um auf Streifzug zu gehen, ihren Ehemann unter Drogen setzen. Genauso wenig wie sie weiterhin Dinge ›vergessen‹ und Phillip losschicken konnte, um sie zu holen. Es ging nicht an, noch länger absurde Geschichten über blutende Nasen zu erfinden, um Blutflecken auf ihren Kleidern zu erklären. Und sie konnte nicht jedes Mal ihre vis bulla herausnehmen, bevor sie sich liebten.
Was sollte sie nur tun?
Die Wahrheit beichten? Aber wenn sie das täte, würde er ihr einfach folgen. Und sich damit wieder in Gefahr bringen.
Oder noch schlimmer: denken, dass sie verrückt war.
Die Tür ging auf, und Victoria schnellte hoch, aber es war nicht Phillip.
»Nun, Mylady, was ist passiert?« Es war Verbena. Ihr orangerotes Haar wippte mit jedem Schritt, als sie zum Bett segelte und sich neben sie setzte. »Macht Ihnen der Arm wieder zu schaffen?«
»Nein, seit du ihn letzte Nacht gesäubert hast, hat er mir kaum mehr wehgetan, außer als ich ihn mir an der Tür gestoßen habe. Es ist wegen des Marquis.«
Verbena nickte. »Ja, ich weiß, worauf Sie hinauswollen. Ich habe schon gemerkt, dass Sie abends Ihre vis bulla rausnehmen müssen. Er hat keine Ahnung, und Sie können es ihm nicht sagen. Was haben Sie mit ihm angestellt, dass er so fest geschlafen hat? Franks sagt, dass er ihn heute Morgen kaum wach bekommen hat.«
Victoria schüttelte den Kopf. Das war eine Last, die sie allein zu tragen hatte und mit niemandem teilen würde. »Es ist besser, wenn ich nicht darüber spreche. Der Marquis wünscht sich übrigens einen Erben.«
»Klar tut er das. Aber Sie können nicht gegen Vampire kämpfen, wenn Sie was Kleines im Bauch haben! Sie müssen dafür sorgen, dass das nicht passiert.«
»Ich kann ihn nicht abweisen!«
»Weshalb sollten Sie das tun? Es gibt andere Wege, um sicherzustellen, dass man kein Baby bekommt, Mylady. Ihre Tante weiß bestimmt, wie Venatoren so etwas verhindern.« Verbena neigte weise den Kopf. »Und ein paar Tricks kenne ich auch,
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