Das Buch der Vampire 02 - Schwärzeste Nacht
seit mehr als acht Monaten keinen Kontakt mehr zu ihm aufnehmen.«
Victorias Kehle fühlte sich trocken an. »Was glauben Sie, was ist passiert?«
Wayren sah Eustacia an, dann wieder Victoria. »Ich weiß es nicht. Aber ich bin überzeugt, dass Lilith irgendwie involviert ist. Ihre Reichweite ist sehr groß, und selbst wenn sie nicht in Italien ist, hat sie dort trotzdem mächtigen Einfluss. Ich bin mir noch nicht einmal sicher, ob Max noch am Leben ist.«
Kapitel 8
Von zerquetschten Zehen, geschwätzigen Kutschern und steigenden Preisen
A lso werden Sie nach Italien reisen, Lady Rockley?«
»Das werde ich in der Tat, Mr. Starcasset«, antwortete Victoria. Eigentlich wäre sie zu diesem Zeitpunkt schon an Bord eines Schiffes gewesen, wäre ihre Abreise von St. Heath’s Row nicht durch den Besuch der Geschwister Starcasset verzögert worden. »Ich hoffe, Sie verzeihen mir; ich habe einfach nicht die Zeit gefunden, bekannt zu machen, dass ich London verlasse. Aber meine Reise nach Venedig ist sehr dringend, denn es geht um das Anwesen meiner Großtante dort.«
»Selbstverständlich. Ich hoffe, dass Sie alles in bester Ordnung vorfinden werden.« George - sie würde nach der Episode in ihrem Schlafzimmer nie wieder als Mr. Starcasset oder, wenn er einmal erbte, als Viscount Claythorne von ihm denken können - schien über ihre plötzliche Abreise schwer bestürzt zu sein.
»Victoria, ich hoffe, die Ereignisse auf Claythorne haben dich nicht erschreckt«, bemerkte Gwendolyn, während sie vom Salon in das Foyer von St. Heath’s Row trat. Der Grimasse nach zu urteilen, die über das Gesicht ihres Bruders huschte, war sie ihm dabei gleichzeitig auf die Zehen getreten. Wahrscheinlich hat er es verdient, dachte Victoria, denn er war reichlich übereifrig gewesen und hatte ständig versucht, die Unterhaltung an
sich zu reißen. »Ich kann mich gar nicht genug für den entsetzlichen Schrecken entschuldigen, den wir alle durchlebt haben, Victoria. Sich vorzustellen, dass so etwas auf Claythorne geschehen konnte!«
»Mach dir darüber keine Gedanken«, sagteVictoria beschwichtigend und legte die Hand auf den Arm ihrer Freundin.
Dank Eustacias funkelndem Goldmedaillon, mit dem sie die Erinnerungen sämtlicher Anwesender auf Claythorne ausgelöscht hatte, wusste Gwendolyn nicht einmal mehr die Hälfte dessen, was sich tatsächlich zugetragen hatte. »Und nun, meine liebe Gwendolyn, lieber G-, äh, Mr. Starcasset, muss ich mich leider verabschieden. Meine Kutsche wartet bereits, und auf dem Schiff, mit dem ich fahren werde, rechnet man jeden Moment mit meiner Ankunft.« Victoria umarmte Gwendolyn zum Abschied, als ihr plötzlich bewusst wurde, dass sie die einzige gleichaltrige Freundin war, die sie hatte. Was nur wieder bewies, wie sehr sich die andere Seite ihrer Welt von der unterschied, in der Gwendolyn lebte.
Genau wie es mit Phillip gewesen war.
Wenn sie Eustacias Pendel bei Phillip benutzt hätte, vielleicht wäre die Geschichte dann anders ausgegangen.
Victoria wurde abrupt aus ihrer kummervollen Tagträumerei gerissen, als George sich über ihre behandschuhten Finger beugte und mit den Lippen darüberstrich.
Er hob das Gesicht, zog ihre Hand nach oben und trat einen Schritt auf sie zu, sodass nur sie seine Worte hören konnte. »Ihre Abreise wird meinen Werbungsabsichten einen ziemlichen Dämpfer versetzen, Lady Rockley.« Er drückte einen Kuss auf die Unterseite ihrer Finger, dann einen zweiten auf die Spitzen. »Gute Reise,Victoria, wenn ich so verwegen sein darf, Sie so zu
nennen... Und falls Sie das Bedürfnis verspüren, würde ich mich über Korrespondenz während Ihrer Abwesenheit freuen.« Er konnte nichts dafür, dass sein glattes, knabenhaftes Aussehen ihn eher wie einen schüchternen Schuljungen als wie einen ernst zu nehmenden Verehrer wirken ließ. Trotzdem musste sie zugeben, dass er trotz des breiten Lächelns und der Bestürzung in seinen Augen recht charmant war. Und ungeachtet der widrigen Umstände fühlte Victoria sich insgeheim geschmeichelt, wieder die Aufmerksamkeit eines Mannes zu genießen. Sie war einsam gewesen.
»Ich danke Ihnen, Sir«, erwiderte sie. »Auch wenn ich für mein Talent im Briefeschreiben nicht gerade berühmt bin, werde ich versuchen, Sie nicht zu enttäuschen. Und sobald ich zurück bin, können wir uns dann über Ihre Idee, mir den Hof zu machen, unterhalten.« Mit einem Lächeln, das, wie sie bemerkte, koketter war, als sie beabsichtigt hatte, entzog sie ihm
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